KSC-Geschäftsführer Michael Becker spricht in Heilbronn über Zahlen und Ziele aus der Fußball-Blase
Bei der Premierenveranstaltung des „Sportstalk@HHN“ gibt Michael Becker von Fußball-Zweitligist Karlsruher SC an der Hochschule Heilbronn Einblicke in den Alltag eines Zweitliga-Geschäftsführers. Stadionkosten und Personalie Bajramovic stoßen auf großes Interesse.

Auf der Fahrt von Karlsruhe nach Heilbronn ist Michael Becker am Donnerstag bewusst, dass er sich „ins Feindesland begibt“. Der Geschäftsführer des Zweitligisten Karlsruher SC lächelt. Er weiß um die Frotzeleien zwischen Baden und Württemberg, ist aber klug genug, die Vorteile herauszufiltern, die sie im kalkulierten Fußball-Business mit sich bringen. Spätestens dann, wenn dem KSC sportlich das gelingt, was der 41-Jährige mittelfristig als klares Ziel ausgibt: in die Bundesliga aufzusteigen und dann wieder auf den VfB zu treffen.
„Sportlich wären wir vorbereitet“, sagt der Mann, der seit 2018 Führungskraft bei jenem Club ist, in dem schon sein Papa Edmund Becker Spieler und Trainer gewesen ist. „Jährlich werden zwei Kader geplant. Aber auch kaufmännisch bereiten wir das Szenario vor.“ Michael Becker sitzt in einem Hörsaal auf dem Bildungscampus – als Premierengast des „Sportstalk@HHN“ von Fabian Brugger, Professor für Wirtschaftsrecht wie im Studiengang Betriebswirtschaft und Unternehmensführung der Hochschule Heilbronn.
Becker sieht Karlsruher SC als kritisch beäugten Mittelständler
Das Gros der knapp 100 Zuhörenden erhofft sich Details aus dem Alltag jenes KSC-Mannes, der die Ausgliederung der Profiabteilung, den Prozess vom Verein zur Kapitalgesellschaft, maßgeblich vollzogen hat. Enttäuscht werden sie nicht. Michael Becker nennt Zahlen. „Das Stadion hat 210 Millionen Euro gekostet, das weiß nur keiner“, sagt er schmunzelnd. „Wir machen knapp 60 Millionen Umsatz, sind eher ein Mittelständler. Der Hauptunterschied aber ist, dass wir in der Öffentlichkeit stehen und jede Entscheidung kommentiert wird“, meint der gebürtige Karlsruher.
Wie die Trennung von Co-Trainer Zlatan Bajramovic am Montag, dem engsten Vertrauter des aus Sulzfeld stammenden Cheftrainers Christian Eichner. Sie hat für viel Unruhe gesorgt. Michael Becker („Wenn ich morgens ins Büro komme, muss ich den gefühlten Fan-Schal ablegen“) nennt dies abgeklärt „eine Entscheidung, die wir strategisch getroffen haben“.
Fans, Medien, Erwartungshaltung: Ohne dickes Fell geht es nicht
Der studierte Wirtschaftsinformatiker weiß, dass sein Part nicht jenem des netten Postboten gleichkommt. „Man braucht in so einer Position ein dickes Fell – und wenn man alles liest, würde man verrückt werden.“ Dennoch hat der Sprecher der Geschäftsführung des etablierten Zweitligisten durchaus registriert, dass die Stimmung innerhalb der KSC-Blase in den vergangenen Tagen gedrückt gewesen ist, „als ob jemand gestorben wäre“.
Lieber spricht Becker daher über den Weg raus aus der Beinahe-Insolvenz, das Wachstum in der Verwaltung auf 110 Mitarbeiter und sein Ziel „in die Top 20 aufzusteigen“. Der KSC will zu den großen Clubs gehören.
Geld ist keine Garantie für Erfolg
An die 50+1 Regel halte sich der Karlsruher SC, dass es Ausnahmen gibt, sieht Michael Becker jedoch als „schädlich“ an. Daher befürwortet er die Forderung des Kartellamtes nach einer stringenteren Durchsetzung. Gleichwohl ist ihm bewusst, dass die Regel auch Nachteile hat: „Investoren stellen ihre Geldkoffer zwar ab, aber zu sagen haben sie nichts“, meint er. Ein großes Manko im internationalen Vergleich.
Doch: Fußball ist emotional. Daher sagt Michael Becker: „Das Schöne am Fußball ist, dass Geld trotzdem keine Garantie ist. Mit Geld kann man einen Tick Wahrscheinlichkeit im Sport erhöhen, aber gerade auf dem Top-Level sind Grenzen da. Am Ende ist es Casino, was im Fußball passiert.“
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