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Spielabbruch in Hohenloher Kreisliga – Unterbrechung per "Time out" in Heilbronn

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Die Zahlen zu Spielabbrüchen wegen Gewalt und Diskriminierung stagnieren nach Angaben des Deutschen Fußball-Bunds auf einem hohen Niveau. Auch im Raum Heilbronn und Hohenlohe kommt es zu Vorfällen – auch schon in der noch jungen neuen Saison.

von dpa und Tobias Wieland
Schiedsrichter haben im Bereich des WFV neuerdings die Möglichkeit, die Time-Out-Regel anzuwenden, um die Gemüter zu beruhigen – so geschehen bei der Landesliga-Partie zwischen dem VfR Heilbronn und Pflugfelden.
Schiedsrichter haben im Bereich des WFV neuerdings die Möglichkeit, die Time-Out-Regel anzuwenden, um die Gemüter zu beruhigen – so geschehen bei der Landesliga-Partie zwischen dem VfR Heilbronn und Pflugfelden.  Foto: dpa (groß) / Ralf Seidel (klein)

In der Saison 2022/2023 sind im Amateurfußball 961 Spiele wegen Gewalt und Diskriminierung abgebrochen worden. Das gab der Deutsche Fußball-Bund (DFB) kürzlich bekannt.

Das sei eine nicht zufriedenstellende Zahl, sagte DFB-Vizepräsident Ronny Zimmermann. "Wir müssen unsere Bemühungen verstärken. Wir haben die Tendenz zwar gestoppt, aber die Zahlen stagnieren auf einem hohen Niveau." Es gebe "immer noch zu viele geschädigte Menschen. Das ist ein Bild, mit dem der Fußball nicht leben kann."

In der neuen Saison 2023/2024 gab es in Hohenlohe bereits einen Spielabbruch

Auch im Raum Heilbronn/Hohenlohe kommt es zu Spielabbrüchen, die nicht wetterbedingt sind. In der hohenlohischen Kreisliga B1 hat es nicht lange bis zum ersten Spielabbruch der neuen Spielzeit gedauert – und zwar bei der Partie der SGM Tiefenbach/Goldbach gegen den SV Rieden.


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Wie so häufig weichen die Schilderungen der Beteiligten über den Vorfall voneinander ab. Offenbar betrat ein Anhänger der Gäste das Spielfeld und bedrohte den Schiedsrichter – ob rein verbal oder ob es auch zu einem Stoß kam, schildern Vereinsverantwortliche gegenüber dem Hohenloher Tagblatt unterschiedlich. Fakt ist, die Partie wurde nach rund 50 Minuten Spielzeit nicht mehr fortgesetzt.  

DFB berichtet von Spielabbrüchen auch bei Jugendpartien

Auf den Amateurplätzen kam es nach DFB-Angaben während der vergangenen Saison zu 6224 Vorkommnissen. Das entspricht 0,5 Prozent aller Spiele mit einem abgeschlossenen Spielbericht. 4116 Mal wurde ein Spieler als Beschuldigter genannt. Bei 1191 Partien wurde ein Betreuer beschuldigt und bei 2200 Fällen ein Zuschauer. Allein 126 Mal wurden Begegnungen mit Beteiligungen von F-, E- und D-Jugendlichen vorzeitig beendet, weil es zu Gewalt und Diskriminierung kam. Die Quote aller Abbrüche liegt unverändert bei 0,08 Prozent, obwohl mehr Spiele ausgetragen wurden. 

Im Fußballbezirk Unterland blieb ein Spielabbruch aus der zurückliegenden Saison in Erinnerung – zum Abbruch der Partie SC Böckingen gegen SC Amorbach kam es quasi in letzter Sekunde. "Ich als Schiedsrichter hätte die Partie in der siebten Minute der Nachspielzeit einfach abgepfiffen und gut", sagte ein Böckinger Funktionär damals gegenüber der Stimme. In der Nachspielzeit der engen Partie hatten sich offenbar die Gemüter erhitzt, es kam zu Tumulten und Rudelbildung. 

Neue Time-out-Regel für Schiedsrichter als Möglichkeit zur "Unterbrechung der Eskalationsspirale"

Um Gewaltvorfällen und Diskriminierung auf dem Fußballplatz vorzubeugen, setzt Zimmermann auf präventive Maßnahmen. Neben zahlreichen Projekten wurden in allen 21 Landesverbänden zusätzlich Anlaufstellen eingerichtet. Für seine Schiedsrichter hat der Württembergische Fußballverband (WFV) beziehungsweise der Verbandsschiedsrichter-Ausschuss zudem eine Möglichkeit zur Deeskalation geschaffen: die Time-out-Regel (bis einschließlich Verbandsliga).

Mit ihr hat der Schiedsrichter eine neue Möglichkeit, die Lage zu beruhigen und das Spiel für mehrere Minuten zu unterbrechen. Es handelt sich um eine „Unterbrechung der Eskalationsspirale“, wie es der Unterländer Schiedsrichter Obmann Marco Gegner formulierte. 

Aggressive Grundstimmung beim Spiel des VfR Heilbronn in Pfedelbach

Die neue Regel kam bei der Landesliga-Partie des VfR Heilbronn gegen Pflugfelden bereits zum Einsatz. "Die Thematik ist nicht unwichtig", sagt VfR-Vorstand Onur Celik. "Wir haben leidenschaftlichere, emotionalere Fans als andere Vereine." Was die neue Time-out-Regel betrifft, führe die auch zu einer "Dünnhäutigkeit". Man dürfe nicht alles auf die Waagschale legen, was aufs Spielfeld gerufen wird.

"Aber wir werden diese Problematik angehen und alle sensibilisieren, damit der Verein dadurch nicht in Verruf gerät", sagt Celik. "Andererseits sollten alle die Kirche ein Stück weit im Dorf lassen. Ich kann nicht mitgehen, dass man den VfR mit seinen Fans als Problem darstellt, nur weil die lauter sind und ihr Herz auf der Zunge tragen. Ich will nicht wissen, wie viele Spiele jede Woche in den Profiligen abgebrochen werden müssten, wenn auf jedes Wort so viel Gewicht gelegt würde."

Bereits in der Woche zuvor war es bei der Partie des VfR in Pfedelbach emotional zur Sache gegangen. Es soll eine aggressive Grundstimmung gegenüber den Unparteiischen geherrscht haben. Der Schiedsrichter verfasste anschließend einen Sonderbericht, auch der VfR gab eine Stellungnahme ab. Wie der Verein am Samstagmorgen auf seiner Facebookseite mitteilt, "konnte kein Verschulden der Fans und insbesondere der Funktionäre vom VfR Heilbronn nachgewiesen werden". Das Verfahren vor dem WFV-Sportgericht werde ohne Strafe eingestellt. "Somit sollten sich alle wieder für wichtigere Themen konzentrieren und das ist das Runde auf dem Grün", endet der VfR-Beitrag. 

 

 
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