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Kampf dem vermeintlichen Makel

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Wie stark beeinflussen Videokonferenzen die Wahrnehmung des eigenen Gesichts? Wohl nicht unerheblich, wenn man sich Statistiken anschaut. Seit Beginn der Pandemie haben mehr Menschen Eingriffe vornehmen lassen.

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Die Nachwirkungen von Ober- und Unterlidstraffungen können dank Homeoffice und Lockdown gut vor der Außenwelt versteckt werden. Foto: dpa
Die Nachwirkungen von Ober- und Unterlidstraffungen können dank Homeoffice und Lockdown gut vor der Außenwelt versteckt werden. Foto: dpa  Foto: Jens Schierenbeck (dpa-Themendienst/dpa)

Seit Monaten ist der Arbeitsalltag für viele Menschen ein gänzlich anderer als vor der Pandemie. Die meiste Zeit sitzen sie vor ihren Laptops, haben wenig Kontakt zur Außenwelt und müssen die eigenen vier Wände nur noch verlassen, um einkaufen zu gehen. Was nach paradiesischen Zuständen klingt, kann mit einem bösen Erwachen enden. Nämlich dann, wenn man sein eigenes Gesicht übergroß auf dem Bildschirm sieht.

Jede Falte, jede Hautunreinheit, jedes Äderchen – der vermeintliche Makel springt direkt ins Auge. Und wenn man dann doch mal unter Menschen geht, ist das oft nur mit Maske möglich. Die lenkt die Aufmerksamkeit auf die Augen- und Stirnpartie.

Wenn die Creme nicht mehr hilft

Für viele Menschen ist jetzt die Zeit gekommen, nachzuhelfen. Wenn Cremes keinen sichtbaren Effekt mehr haben, suchen sie Experten auf. Eine von ihnen ist Gudrun Flechsig, Fachärztin für Plastische, Ästhetische und Rekonstruktive Chirurgie. Sie ist in Heilbronn und der Toskana tätig und hat eine einfache wie logische Erklärung für die gestiegene Nachfrage nach ästhetischen Behandlungen: „Die Kamera vergrößert Hautunreinheiten und Flecken im Gesicht, der Teint wirkt insgesamt bleich und fleckig“, sagt sie.


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Auch Augenschatten werden verstärkt, ebenso Schwellungen und Falten im Augenbereich. Außerdem wirkten die Konturen bei eingebauter Kamera schlaffer. Die Nachfrage nach Gesichtsbehandlungen sei bei ihr um 30 Prozent gestiegen. „Der Boom bei Körperbehandlungen ging dagegen zurück“, sagt Gudrun Flechsig. Das liege auch an den wenigen Möglichkeiten, Urlaub am Strand zu machen.

Spitzenreiter bei den Eingriffen ist Botox, das vor allem im Stirn- und Augenbereich eingesetzt wird. 24.000 Behandlungen gab es im vergangenen Jahr in Deutschland. Foto: dpa
Spitzenreiter bei den Eingriffen ist Botox, das vor allem im Stirn- und Augenbereich eingesetzt wird. 24.000 Behandlungen gab es im vergangenen Jahr in Deutschland. Foto: dpa  Foto: Peer Grimm (ZB)

Dass die Pandemie etwas mit der Verschiebung zu tun hat, bestätigt auch die Vereinigung der deutschen ästhetisch-plastischen Chirurgen (VDÄPC). „Als neue Motivationsfaktoren für eine solche Behandlung nennen die Patienten 2020 Maskenpflicht, Homeoffice und Videokonferenzen“, heißt es in einer Pressemitteilung. Spitzenreiter sind Faltenunterspritzungen mit Botulinumtoxin, im allgemeinen Sprachgebrauch als Botox bekannt, mit über 24.000 Eingriffen.

Die Nachfrage nach Fettabsaugungen ist im vergangenen Jahr hingegen um 17 Prozent gesunken. Das bestätigt auch Gudrun Flechsig. „In der Regel werden Verbesserungen an Gesicht und Hals gewünscht“, erklärt die Ärztin.

Männer bevorzugen Hyaloronsäure

Gestiegen ist das Interesse von Männern an Hyaluronsäure, die zur Faltenbekämpfung eingesetzt wird. Fast 25 Prozent höher ist die Nachfrage 2020 in Deutschland im Vergleich zum Vorjahr gewesen. „Die kontinuierliche Entwicklung der Fillerbehandlungen bei Männern zeigt, dass auch sie in steigendem Maße auf optische Details achten,“ erläutert Dr. Steffen Handstein, Präsident der VDÄPC. 2020 nennen laut VDÄPC-Statistik 15,6 Prozent der Patienten die Maskenpflicht, 14,5 Prozent das Homeoffice und 3,9 Prozent die Videokonferenzen als Faktoren für einen Eingriff.


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Gudrun Flechsig hat auch einen Unterschied in den Vorlieben zwischen Italien und Deutschland bemerkt. „Die Nachfrage nach Ober- und Unterlidstraffungen haben in der Toskana zugenommen, da die Nachwirkungen im Homeoffice bequem in Kauf genommen werden“, sagt sie. Außerdem spiele auch der lange Lockdown eine Rolle, der Ausgehen am Abend unmöglich gemacht habe.

Augen statt Lippen im Fokus

Doch es muss nicht immer eine Spritze oder eine Operation sein, um das Gesicht attraktiver zu machen. Auch Make-Up kann, richtig eingesetzt, helfen. Die Maskenpflicht hat besonders den Verkauf von Lippenstift einbrechen lassen. Im Umkehrschluss werden die Augen stärker betont. Sie stehen besonders im Fokus, da man sie trotz der Mund-Nasen-Bedeckung sieht. Legt man sich trotzdem unters Messer, gibt Stefan Handstein zu bedenken, dass es jedes Mal auch ein medizinischer Eingriff sei, der als solcher mit größter Sorgfalt bedacht und geplant werden sollte. Handstein betont: „Vor einem ästhetischen Eingriff sollte die fachliche Beratung und Aufklärung bei einem Facharzt für Plastische und Ästhetische Chirurgie erfolgen.“

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