Einkaufen in Heilbronn? Kunden finden zum Teil deutliche Worte
Die Heilbronner Innenstadt hat bei Menschen aus der Region nicht das allerbeste Image. Die Neckarmeile, sagen sie, die sei schön. Damit hat es sich für viele auch schon. Wohin es sie stattdessen zieht?

Menschen aus der Region nennen zwei Hauptgründe, die ihnen das Einkaufen in Heilbronn vermiesen. „Das Parken ist eine Katastrophe“, sagt Elena Sterger. Die 54-Jährige lebt zwar in Heilbronn, dort einkaufen? „Sehr, sehr selten.“ Wenn man nur drei Minuten irgendwo parke, komme sofort der Ordnungsdienst und man kassiere ein Knöllchen. Ins selbe Horn bläst Beate Oppenländer aus Löwenstein. „Das Parken ist Mist“, sagt die 58-Jährige. Sie kommt auch gleich zum zweiten Punkt, der Heilbronn in ihren Augen unattraktiv für Kunden macht: das Angebot.
Kundinnen schätzen kleine Fachgeschäfte
„In Heilbronn gibt es viele Dönerläden“, sagt Oppenländer. Geht der eine raus, komme der nächste rein. Alteingesessene, inhabergeführte Geschäfte gebe es keine mehr. „Die Innenstadt hat verloren.“ Zum Einkaufen zieht es sie nach Öhringen, nicht nur ins Ö-Center, sondern auch in die Geschäfte im Stadtzentrum.
Die Stadt im Hohenlohekreis lockt Sylvia Bickel aus Ellhofen. „Dort gibt es auch kleine, spezielle Läden“, sagt die 60-Jährige. Kunden sollten diese unterstützen, meint Bickel. Wann sie das letzte Mal in Heilbronn zum Einkaufen gewesen ist? Die Ellhofenerin überlegt. In der Stadtgalerie sei sie dieses Jahr zum Beispiel noch überhaupt nicht gewesen. In Heilbronn finde sie nicht immer das, was sie suche.
Gastronomie ist für Innenstädte wichtig
Wie müssen Innenstädte sein, damit sie Kunden anziehen? „Innenstadt-Attraktivität bedeutet für Besucherinnen und Besucher heute, einen Ort zu haben, an dem nicht allein Handel und Konsum im Fokus stehen, sondern Vielfalt und Multifunktionalität“, teilt Lara Kersken, Sprecherin des Instituts für Handelsforschung (IFH) in Köln, in einer E-Mail mit. Es bestehe der Bedarf, aus den vorher stark handelsmonopolitischen Zentren Orte der Begegnung und des Verweilens zu schaffen. Da sei Gastronomie wichtig, aber auch nicht der alleinige Treiber. Kultur, Kreativwirtschaft, Bildung und neue Wirtschaftszweige gehörten in eine Innenstadt der Zukunft. Dem IFH zufolge nimmt die Zahl der Besuche in allen Standorten ab – unabhängig von Covid-19. Entsprechend wichtig sei nicht nur die Vielfalt, sondern auch das Verzahnen von verschiedenen Besuchsmotiven, weil dann die Besucher länger verweilen.
Die Rolle der Stadtbahn

„Die Heilbronner Stadträte verschlafen immer noch die Entwicklung“, sagt Steffen Kulicke aus Lauffen. In der Hölderlinstadt findet der 54-Jährige alles, was er braucht, sagt er. Nur wenn er Kleidung kaufe, fahre er schon mal zu C&A nach Heilbronn. „Aber die Parkhäuser sind zu den Stoßzeiten sehr voll“, macht er die Erfahrung. Außerdem biete das Breuningerland in Ludwigsburg mehr Auswahl.
„Ins Auto, zum Modehaus Röther, und wieder raus aus Heilbronn.“ Auf diese Kurzformel bringt ein 50 Jahre alter Brackenheimer das Einkaufen von Kleidung in Heilbronn. Seinen Namen möchte er nicht öffentlich machen. Onlineshopping ist nicht seine Sache. „Ich kaufe im Handel.“ Er sei aber nicht der Typ, der gerne bummeln geht.
Heilbronn sei halt nicht die Schönste aller Städte, meint Kulicke. Die Stadtbahn werde von Pendlern stark genutzt, bringe aber nicht wie einst erhofft, Menschen zum Einkaufen nach Heilbronn. Wenn schon die große Shopping-Tour anstehe, „dann doch lieber Karlsruhe“.
Städte sollen emotionalisieren
Dass Menschen nicht zum Einkaufen in die Stadt fahren, hat nach Angaben des Instituts für Handelsforschung unterschiedliche Gründe. So habe die Digitalisierung dazu geführt, dass Bequemlichkeit im Fokus stehe, sagt IFH-Sprecherin Lara Kersken. Besuche von Städten allein aus Gründen der Versorgung seien mit dem Onlinehandel nicht mehr nötig. „Information, Inspiration, Interaktion und lokale Identität gilt es dann individuell anzugehen.“ Gelinge es so zu emotionalisieren, gelinge es auch, wieder vermehrt Menschen in die Stadt zu bekommen. Stadtintern liegt der Schlüssel zum Erfolg deshalb in der örtlichen Kooperation lokaler Akteure – und zwar nicht nur der kommerziellen.