Wie Modemacher Peter Katz auf die Heilbronner Innenstadt blickt
Peter Katz - der Name stand in Heilbronn für exklusive Designer-Mode und extravagante Modenschauen. Der Modemacher war wegweisend und brachte die großen Designer-Namen nach Heilbronn.

Welchen Eindruck haben Sie von der Heilbronner Fußgängerzone?
Peter Katz: Ich kann an der Fußgängerzone nichts Attraktives finden. Sie signalisiert zu wenig Kultur. Ein paar Geschäfte und Einrichtungen sind ein Lichtblick, sie sind aber nicht deutlich sichtbar und stehen zwischen Läden, die da nicht hingehören. Dadurch wirkt die Fußgängerzone zerstückelt wie ein Puzzle. Es wundert mich nicht, dass sich Qualität nicht niederlässt.
Wie gefällt Ihnen der Kiliansplatz?
Katz: Er ist für mich nicht wiederzuerkennen. Das tut mir richtig weh. Die Kunst gefällt mir. Ich würde mir aber mehr Stimmung und einen Erlebnisbereich wünschen. Mit der Substanz der 60er Jahre hätte man den Platz sehr schön erhalten und gestalten können. Vielleicht ist aber nur ein geringer Prozentsatz der Heilbronner mit dem Platz unzufrieden, und der Rest ist happy.
Was ist Ihr Vorschlag? Wie macht man es besser?
Katz: Fußgängerzonen müssten Erlebniszonen sein, in denen man sich gerne aufhält, flaniert. Man konnte das früher in der Fleiner Straße. Ein schönes Beispiel ist die Fußgängerzone in Ludwigsburg. Die Geschäfte da sind selektiert und passen gut zueinander. Das gefällt mir gut.
Vielleicht ist es ein Kompromiss aus dem Vorhandenen und dem Möglichen.
Katz: Kompromisse im Handel vermitteln Unglaubwürdigkeit. Viele Händler sind bequem geworden. Es braucht Durchgängigkeit im Konzept – vom Einkauf der Waren bis hin zu den Verkäufern. Ein konsequentes Konzept erzeugt Vertrauen in den Händler.
Wen sehen sie in der Verantwortung?
Katz: Bei den Kaufleuten fehlt mir der Sinn für Tradition und Kultur. Da sind die falschen Leute an der Spitze. Es ist auch das Rathaus gefragt. Wenn es dort niemand kann, muss man sich externe Berater holen. Außerdem sollten Hausbesitzer mehr in die Pflicht genommen werden, denn ihnen fehlt das Bewusstsein. Ein-Euro-Läden haben ihre Berechtigung. Aber nicht in einer Fußgängerzone. Mein Eindruck ist, dass sich der Handel an die neue Bevölkerungssituation angepasst hat.
Vielleicht hat Heilbronn nicht die Kundschaft, die für Mode Geld ausgibt.
Katz: Das habe ich schon oft gehört. Warum sollte ein Heilbronner weniger Interesse an Mode haben als ein Münchner, Berliner oder Frankfurter? Es müssen ja nicht Top-Designer sein. Nehmen wir Zara als Beispiel. Das ist Mode zum erschwinglichen Preis.
Viele Modegeschäfte haben aufgegeben oder siedeln sich erst gar nicht an.
Katz: Das ist richtig. Sprechen wir nicht nur von Mode. Das Umfeld ist für viele Kunden unattraktiv geworden. Immer wieder höre ich von Freunden und ehemaligen Kunden den Satz: "Ich gehe nicht mehr in die Innenstadt." Und ich denke, das hat bestimmt seine Gründe.
Sie haben 1979 als Einzelhändler in Heilbronn angefangen. Wie war das damals?
Katz: Für mein erstes Geschäft in der Post-Passage gab mir meine Großmutter 20.000 Mark. Ich hätte aber für Ware und Ausstattung 50.000 Mark gebraucht. Banken wollten mir keinen Kredit geben. Also habe ich auf zwölf Quadratmetern angefangen und den Laden mit geringsten Mitteln eingerichtet. Viel Ware konnte ich nicht einkaufen. Innerhalb von drei Tagen war ich ausverkauft. Mit den Einnahmen bin ich nach Mailand gefahren, um neue Kleider zu kaufen. Mein Credo war Qualität. Das ist bis heute so.
Sie galten damals als exzentrisch.
Katz: Ich bin schon immer andere Wege gegangen. Beispielsweise mit den japanischen minimalistischen Kollektionen von Yohji Yamamoto. Mut zu Neuem birgt das Risiko in sich, dass Menschen das Neue nicht annehmen wollen.
Mut wurde belohnt. Es folgte ein zweites Geschäft.
Katz: Das war damals nicht so einfach, einen Laden zu bekommen. Eine Kundin, eine ältere Dame, glaubte an mich. Sie war die Besitzerin des Hauses, in dem ich später mein Geschäft für exklusive Herrenmode eröffnete. Ich war der Erste in Heilbronn, der minimalistisch einrichtete mit den Materialien Marmor, Glas und Edelstahl. Ich kaufte Top-Kollektionen wie Versace, Prada, oder Giorgio Armani ein. Ich hörte Kommentare wie 'Der Katz, der spinnt' oder 'Der macht bald wieder zu'. Aber es lief gut.
Vier Jahre später kam Mode für Damen hinzu.
Katz: Ich spürte, die Marke ist Peter Katz. Das Vertrauen meiner Kunden war enorm. Ich hatte mehr als 3000 Stammkunden. Sie kamen aus dem Norden, aus dem Süden. Wenn sie unterwegs waren, stoppten sie in Heilbronn, um bei Peter Katz einzukaufen. Bald meldeten sich die Frauen meiner Herrenkunden, sie suchten denselben Stil, dieselbe Moderichtung. Ich eröffnete Peter Katz für exklusive Damenmode. Für die Eröffnungsschau verpflichtete ich die zweite Besetzung des Stuttgarter Staatsballetts. Das war schon sehr besonders, wie alle meine Schauen.
Peter Katz (67) ist in Neckarsulm geboren und in Heilbronn aufgewachsen. Der gelernte Textilkaufmann hat 1979 sein erstes Geschäft in der Heilbronner Post-Passage eröffnet. Zeitweise führte er vier Geschäfte in unmittelbarer Nähe parallel. Seine Arbeiten und Designs für internationale Marken wurden mit Topmodels wie Claudia Schiffer oder Linda Evangelista vom Star-Fotografen Peter Lindbergh in Szene gesetzt und fotografiert. 2003 verlässt er Heilbronn und geht zunächst nach Chemnitz. Von dort wird er nach Sri Lanka abgeworben und wird Chef eines Designerteams mit 36 Mitarbeitern.
Das klingt nobel. Hatten Sie den Eindruck, dass Kunden Berührungsängste hatten?
Katz: Ich wollte nie elitär oder arrogant sein. Das dachten aber manche Leute. Mein Team und ich haben jeden mit demselben Respekt behandelt. Viele junge Menschen waren damals Fans meiner Geschäfte. Ich eröffnete einen Shop für junge Kunden und es entstand Peter Katz exklusive junge Mode in der Kirchbrunnenstraße. Auch das funktionierte. Ich entwickelte eigene Kollektionen und eröffnete einen Verkaufsraum für meine Marke "Allcatsaregrey". Die Kollektionen wurden von internationalen Häusern geordert.
Wie hielten Sie es mit der Kundenpflege?
Katz: Mein Team und ich wussten, was unsere Kunden im Schrank haben. Service ist mehr als ein 'Wie kann ich Ihnen helfen?'. Die Nähe zum Kunden war uns sehr wichtig.
Woher kamen Ihre Ideen?
Katz: Innere Empfindung. Ich habe ein gemietetes Zirkuszelt für eine Modenschau auf der Theresienwiese aufbauen lassen. Mode, Models, Clowns, Illusionisten, Konfetti. Gäste wurden für zwei Stunden in eine andere Welt entführt.
Sie gehörten mit "Hochheimers Mens Shop" zu den Top-Herrenausstattern in den 80ern und 90ern.
Katz: Herr Edgar Hochheimer, bei dem ich in den 70er Jahren anfing und arbeitete, ist und war mein Meister im Bereich Modeeinzelhandel. Wir verstanden uns gut und teilen dasselbe Bewusstsein für Mode und deren Qualität.
Sie leben auf Sri Lanka. Fehlt Ihnen Heilbronn?
Katz: Manchmal habe ich schon Heimweh, ich liebe Heilbronn. Dann denke ich an Weißherbst im Henkele-Glas und Kässpätzle mit Kruste obendrauf. Mindestens ein Mal pro Jahr besuche ich meine alte Heimat. Was mir fehlt, sind die Gespräche mit Kunden. Mit einer Handvoll habe ich nach wie vor Kontakt.
Warum halten Menschen wie Sie Heilbronn nicht die Treue?
Katz: Mein Abschied von Heilbronn war im Jahr 2003. Er war mit einigen unvorhergesehenen Hürden verbunden und ungeahnt vonstattengegangen. Das hatte ich mir damals etwas einfacher vorgestellt. Aber alles ging gut und ich konnte Heilbronn im geordneten Zustand hinter mir lassen.