Das Geheimnis des Hohenloher Holundersekts
Bernulf Schlauch stellt einen einzigartigen Holundersekt her - aus Blüten, die er in ganz Hohenlohe sammelt. Erst war er mit der Herstellung mäßig erfolgreich. Das ist heute anders.

"Wir sind, als ich klein war, immer viel gewandert, und meine Mutter hat uns immer alle Heilpflanzen und Kräuter am Wegesrand erklärt. Das ist bei mir hängen geblieben", sagt Bernulf Schlauch.
Schon früh hat der Langenburger, der im Teilort Bächlingen am Fuße der Jagst groß geworden ist, daher mit Holunderblüten experimentiert, zunächst mit sehr bescheidenem Erfolg. "Am Anfang sind mir die Flaschen häufig um die Ohren geflogen. Ich habe 25 Jahre gebraucht, bis ich das Rezept drauf hatte", sagt Schlauch lachend. Die Flaschen, das war Holundersekt, den der Bächlinger versuchte herzustellen. Er orientierte sich dabei an den alten Hohenloher Bauern, die schon im 19. Jahrhundert Holunderblüten angesetzt hatten, um daraus Schaumwein zu machen. Sie scheiterten jedoch immer beim Versuch, das Getränk haltbar zu machen. "Der Zeitpunkt des Abfüllens ist ganz wichtig und ich nehme die dicksten Champagnerflaschen, die es gibt", verrät Bernulf Schlauch eines seiner Geheimnisse für die Produktion.
Beim Pflücken der Blüten kommt es auf den Zeitpunkt an
Auch beim Pflücken der Dolden kommt es auf den Zeitpunkt an. "Es gibt Tage, an denen die Blüten nicht riechen, da gehe ich nicht raus", sagt der 68-Jährige. Wenn die Dolden aber ihren wunderbaren Duft entfalten, ist Schlauch zur Stelle und sammelt die weißen Blüten in ganz Hohenlohe ein. Mindestens 5000 am Tag. "Die brauche ich für 500 Liter Holundersekt", sagt Schlauch. Sie werden noch am gleichen Tag frisch mit Wasser, Zucker und Zitronensäure angesetzt, für die nötige Gärung sorgen wilde Hefen, die, wie Schlauch sagt: "die Winzer fürchten wie der Teufel das Weihwasser", weil sie kaum zu kontrollieren sind. "Ich bin der Einzige, der so etwas macht, muss aber bei dem Risiko auch mal einige Flaschen wegkippen", bekennt der Bächlinger.

Vergoren wird der besondere Saft drei Monate in der Flasche, dann beginnt Schlauch die Flaschen zu rütteln, ehe er sie auf den Kopf stellt, damit sich Hefe und Trübstoffe im Flaschenhals absetzen. Auf minus 22 Grad in der Sektkellerei heruntergekühlt, wird der Korken schließlich entfernt - mitsamt der Trübstoffe. "So bleiben die Aromen erhalten", verspricht der 68-Jährige. Im Gegenzug macht sich der Alkohol rar. Nur gut zwei Prozent hat das spritzige Getränk, das eiskalt getrunken werden muss.
In Heilbronn verkauft sich vor allem die Holunderlimonade
Wer ganz auf den Alkohol verzichten will, wählt Holdrio, eine Holunderlimonade. "Das ist der große Renner, vor allem in Heilbronn", freut sich Schlauch. Sie ist wie der Holundersekt bei Feinkost Pfeffer und in den Unterländer Edeka-Filialen erhältlich. Auch Sekt mit Rosenblüten, Akazienblüten und aus der Pflanze Mädesüß, die an Bachläufen steht, stellt Bernulf Schlauch her. Alle Pflanzen hätten auch eine heilende Wirkung. "Mädesüß war das Aspirin der alten Kelten, Holunder die Hausapotheke der Bauern", versichert der Hohenloher, der auch Regionsbetreuer von Slow Food ist, einer weltweiten Bewegung, die sich für genussvolles, bewusstes und regionales Essen einsetzt.
Neben den genannten Anbietern und der bäuerlichen Erzeugergemeinschaft vermarktet Schlauch seine Produkte vor allem direkt auf Festen, Märkten und bei Veranstaltungen, die er seit Monaten schmerzlich vermisst. Nicht nur wegen des zurückgehenden Umsatzes, sondern auch, weil dem Hohenloher Urgestein der Kontakt mit den Menschen fehlt, wenn er seinen Sekt ausschenkt und erklärt, wie er hergestellt wird.
Sekt darf er die edlen Getränke allerdings auch nicht offiziell nennen, weil der Name Trauben vorbehalten ist. Deshalb hat er seine Produkte Holunderzauber, Akazienzauber, Rosenzauber und Mädesüß getauft. "Die Sektsteuer muss ich aber trotzdem bezahlen", sagt der Hohenloher lächelnd.

