Im Tattoostudio Bayside Ink beginnt der Tag mit einem Glückskeks
Gute Laune, aber keine freien Termine: Um im Bayside Ink in Bad Rappenau ein Tattoo zu bekommen, muss man viel Geduld mitbringen. Und nicht zu schmerzempflindlich sein.

Schlechte Laune? Das ist für die Tätowierer im Bayside Ink in Bad Rappenau ein Fremdwort. Einer der Gründe ist mit Sicherheit ein mittlerweile fest etabliertes Ritual: Das Knacken eines Glückskekes kurz nach der Öffnung des Studios um 10 Uhr.
"Du darfst dir aussuchen, ob du Wahrheit oder Pflicht nimmst", erklärt Florian Kirchenbauer und hält seinem heutigen Kunden Frank zwei kleine Kartons direkt vor die Nase. Frank ist eigentlich gekommen, um sich die vier apokalyptischen Reiter auf den Rücken tätowieren zu lassen. Jetzt entscheidet er sich aber erstmal für Pflicht und muss - laut Anweisung auf dem kleinen Zettel im Inneren des Kekses - eine Trennung aussprechen.
Wie im Tattoostudio Bayside Ink ein Motiv entsteht
Als das erledigt ist (eine andere Kundin muss kurzerhand dafür herhalten), überlegen er und Kirchenbauer, wie das Backpiece genau aussehen soll. Gemeinsam schauen sie sich Bilder auf einem Tablet an. "Wenn wir uns einig sind, erstelle ich ein Motiv, das ich ihm dann auf den Rücken zimmer", erzählt der Chef des Bayside Inks lachend. Rund 35 Stunden Arbeit liegen vor ihm, fünf Sitzungen veranschlagt Florian Kirchenbauer.
Viel Verständnis für Schmerzen beim Tätowieren
Zwischenmenschlich müsse es stimmen, erzählt er. Schließlich verbringt man gemeinsam viel Zeit und kommt sich nahe. Dass Frank, der nur noch wenig jungfräuliche Haut hat, hart im Nehmen ist und den Schmerz der Nadeln, die bis zu 7500 Mal pro Minute in die Haut stechen, klaglos erträgt, mache es noch einfacher für ihn. "Ich bin außerdem sehr zärtlich, weil ich selbst wehleidig bin", erzählt Kirchenbauer.
Seit über fünf Jahren gibt es das Bayside Ink in der Raiffeisenstraße. Wer einen Termin bei einem der mittlerweile drei Tätowierer buchen will, muss allerdings geduldig sein. Thorsten Bessler hat im April 2024 wieder Zeit für größere Arbeiten. Wer zum Chef will, muss sich sogar bis zu anderthalb Jahre gedulden. "Aber es lohnt sich, wenn man wartet", ist Frank, der vorgeplant und mehrere Termine geblockt hat, überzeugt.
Auf der Suche nach Druckerpatronen
Während die beiden über die Anzahl der apokalyptischen Reiter diskutieren, kommt Thorsten Bessler in den Raum und wirkt resigniert: "Die Druckerpatrone ist fast leer." Ohne die geht es nicht, denn die Vorlagen werden nur selten direkt auf die Haut gezeichnet, sondern ausgedruckt und mit Hilfe eines speziellen Papiers übertragen. Doch wo sind die Ersatzpatronen?
Ein Dialog über den Bestand entspinnt sich; "Haben wir noch eine?" "Wahrscheinlich nicht." "Deshalb komme ich immer so spät zum Tätowieren", seufzt Florian Kirchenbauer. Dabei begann das Drama schon früher am Tag, denn das Tablet, auf dem die Künstler auch die Vorlage erstellen, benötigte ein Update. Dementsprechend ist Bessler jetzt im zeitlichen Verzug.
Die richtige musikalische Untermalung fehlt noch
Letztendlich funktioniert dann aber doch noch alles. Seine Kundin nimmt Platz auf einem der Stühle, zwei ineinander verschränkte Hände sollen es heute werden. Und auch Florian Kirchenbauer und Frank haben sich auf ein Motiv geeinigt. Jetzt müssen sich alle Beteiligten nur noch für Musik entscheiden, die allen behagt. "So viele Geschmäcker unter einen Hut zu bringen, das ist nicht einfach", sagt der Chef. Und fängt direkt wieder an zu lachen.