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Flaute am Bau: Würth-Rekordjagd vorerst beendet

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Der Schraubenhändler spürt die konjunkturelle Abkühlung. In manchen Bereichen schlägt sich Würth trotzdem besser als die Konkurrenz. Konzernchef Robert Friedmann ist überzeugt: Beim Umsatz soll das Unternehmen dieses Jahr einen großen Meilenstein erreichen, der letztes Jahr verfehlt wurde.

Blick in die Logistik von Würth: Manches Kundenlager ist allerdings noch gut gefüllt. Die Nachfrage lässt in einigen Bereichen zu wünschen übrig. 
Foto: Andreas Lechner
Blick in die Logistik von Würth: Manches Kundenlager ist allerdings noch gut gefüllt. Die Nachfrage lässt in einigen Bereichen zu wünschen übrig. Foto: Andreas Lechner  Foto: Andreas Lechner

Nach zweistelligen Wachstumsraten strebt der Schraubenhändler Würth immer. In diesem Jahr sind sie allerdings kaum erreichbar. Um 5,9 Prozent stieg der Umsatz im ersten Halbjahr. 21 Milliarden Euro sind nun das Ziel für das Geschäftsjahr 2023. Zudem fällt das Betriebsergebnis schwächer aus als im vergangenen Jahr. Die Künzelsauer können also nicht mit neuen Rekorden in allen Bereichen aufwarten.

Der "jähe Abbruch", der vor allem im privaten Wohnungsbau seit einem dreiviertel Jahr zu spüren ist, kommt nun auch bei Würth an. "Die aktuelle Bautätigkeit resultiert aus Projekten, die vor 12, 18 Monaten genehmigt, geplant und angestoßen wurden", sagt Würth-Konzernchef Robert Friedmann. Immerhin sei der gewerbliche Bau recht stabil.

Würth-Konzernchef: Entscheidend ist der Vergleich zum Wettbewerb

"Entscheidend ist deshalb, wie wir im Vergleich zu unseren Wettbewerbern abschneiden", betont Friedmann. In der Bauwirtschaft sei das momentan schwer abzuschätzen.

In anderen Bereichen zeige sich aber schon, dass sich die Würth-Gruppe besser schlägt als der Markt. Als Beispiel führt Friedmann die Würth Elektronik Eisos in Waldenburg an, die zwischenzeitlich phänomenale Wachstumsraten von bis zu 40 Prozent vorzuweisen hatte, derzeit aber mit einem leichten Umsatzminus zurechtkommen muss. "Wenn man sieht, dass der Chipmarkt um 10 bis 20 Prozent eingebrochen ist, dann hat sich die Eisos im Vergleich gut behauptet."


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Online-Handel wird als Kanal immer wichtiger

Stark zugelegt hat abermals das E-Business. Mit einem Plus von 15 Prozent über die digitalen Vertriebskanäle sei das Wachstum hier mehr als doppelt so groß wie im Gesamtgeschäft, erläutert Friedmann. Der Anteil am Konzernumsatz liegt bereits bei 22 Prozent. Laut Friedmann bewegt sich Würth damit auf einem guten Weg, auch wenn die Online-Anteile je nach Geschäftsbereich stark schwanken.

Im klassischen Handwerkerbedarf sei der E-Commerce erst von einem einstelligen auf einen zweistelligen Anteil gewachsen. Andere Sparten wie der Elektrogroßhandel erzielen bereits rund die Hälfte ihrer Erlöse online. Insgesamt will Friedmann die Investitionen in die Digitalisierung weiter erhöhen.

Neuer Finanzchef Ralf Schaich

Für die nackten Zahlen ist seit etwas mehr als zwei Monaten Ralf Schaich, der neue Finanzchef des Würth-Konzerns, zuständig: 10,5 Milliarden Euro Umsatz, 5,9 Prozent mehr als zu diesem Zeitpunkt vor einem Jahr. Das Betriebsergebnis liegt mit 680 Millionen etwas unter dem Vorjahresvergleichswert (720 Millionen Euro). Seine ersten Wochen im neuen Job sind offenbar unspektakulär verlaufen, wie Schaich im Gespräch mit unserer Redaktion andeutet. "Ich bin ja schon im 20. Jahr in der Würth-Gruppe. So gesehen wusste ich recht gut, was auf mich zukommt", sagt Schaich.

Als Ziel für das Gesamtjahr geben die Würth-Manager 21 Milliarden Euro Umsatz aus, was einem Plus von fünf Prozent entsprechen würde. Die 20-Milliarden-Marke, die im vergangenen Jahr knapp verpasst wurde, würde somit 2023 überschritten. "Das hat schon noch eine Bedeutung, es ist ein Meilenstein, den wir erreichen", sagt Schaich. Dennoch räumt er ein, dass die Freude über diesen Meilenstein im vergangenen Jahr größer gewesen wäre.

Keine Schnellschüsse zu erwarten

Friedmann bleibt vorsichtig. Mit dem Geschäftsverlauf bislang sei er "zufrieden". Die große Frage für ihn ist aber, ob sich die konjunkturelle Abkühlung im zweiten Halbjahr verstärkt. Momentan bauten viele Kunden ihre Lagerbestände ab. Dazu kommt, dass das Geschäft 2022 gerade im zweiten Halbjahr sehr gut gelaufen sei. Einfach zu erreichen ist eine weitere Verbesserung also nicht. Die Familie Würth schaue hier aber in jedem Fall auf die längerfristige Entwicklung über mehrere Jahre. Schnellschüsse sind nicht zu erwarten.


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Und so wird auch weiter eingestellt. 1400 zusätzliche Stellen wurden im ersten Halbjahr besetzt, vor allem im Vertrieb und in der IT. Aktuell beschäftigt der Würth-Konzern 87.000 Mitarbeiter. Robert Friedmann betont, dass es in Zeiten des Fachkräftemangels eine Herausforderung sei, geeignete Mitarbeiter zu finden. Um 3000 soll die Belegschaft im Lauf des Jahres insgesamt wachsen.

Starker Elektrogroßhandel

Einen regelrechten Boom erlebt der Elektrogroßhandel von Würth. Mit einem Umsatzplus von 17,3 Prozent sticht diese Sparte besonders hervor. Dynamisch entwickelt sich beispielsweise Hahn+Kolb in Ludwigsburg. Friedmann zufolge verzeichnete Fega & Schmitt im ersten Halbjahr sogar ein Wachstum von knapp 30 Prozent. Rund die Hälfte dieses Erfolgs sei auf das Geschäft mit Photovoltaik-Komponenten zurückzuführen - vor allem Module aus China sind derzeit stark gefragt. Die Marge sei gering, doch das Volumen umso größer. Eine anfangs "eigentlich zu große" Lagerhalle in Ansbach habe der Tochter Fega + Schmitt nun in die Karten gespielt, weil sie immer lieferfähig blieb.

Die regionalen Unterschiede bei Würth sind groß: Während die deutschen Gesellschaften um fast 10 Prozent zulegten, fiel das Auslandswachstum mit 3,5 Prozent deutlich verhaltener aus. Friedmann zufolge verzeichnen vor allem die Unternehmen in Süd- und Osteuropa eine positive Entwicklung, was auch dort auf den sehr starken Elektrogroßhandel zurückzuführen sei. Der Bereich erweist sich für Würth damit auch international als Wachstumstreiber.

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