Zahlen aus der Region belegen: Wohnungsbau bricht ein
Nach dem Boom in der Baubranche der vergangenen Jahre lässt der Wohnungsbau in Baden-Württemberg jetzt spürbar nach. Das belegen Zahlen des Statistischen Landesamtes. In den Neubaugebieten in der Region Heilbronn und im Hohenlohekreis werden aktuell kaum neue Baustellen begonnen.

Der Wohnungsbau in Baden-Württemberg lässt spürbar nach. Das belegen Zahlen vom Statistischen Landesamt. So wurden in diesem Mai 15 Prozent weniger Wohnungen genehmigt als im vergleichbaren Vorjahresmonat.
Der Trend zeigt sich – sehr drastisch – auch in Hohenlohe: Waren im Mai 2022 beim Landratsamt Hohenlohekreis 16 Anträge zum Bau eines Einfamilienhauses eingereicht, waren es im Mai 2023 nur noch fünf Planunterlagen. Eingebrochen ist auch der Wohnungsbau im Mehrfamilienhaussektor: Wurden im Mai 2022 noch 33 Wohneinheiten in fünf Gebäuden genehmigt, sind es in diesem Jahr nur noch drei Wohneinheiten mit einem Antrag.
Tendenz bestätigt sich auch in Öhringen
Gleiches Bild einige Kilometer entfernt in der Großen Kreisstadt Öhringen: "Ich kann diesen Trend nur bestätigen", erklärt Bauamtsleiter Kai Langenecker. Dramatisch sei vor allem der Vergleich der ersten fünf Monate von 2022 zu dem gleichen Zeitraum 2023.
Besonders auffällig war die letzten Sitzungen im Bretzfelder Gemeinderat: Nachdem die letzten Jahre unzählige Neubau-Gesuche behandelt werden mussten, waren es in der letzten Sitzung ausschließlich - viele - Anträge für Umbauten. Eine Kehrtwende ist nicht in Sicht: Es würden derzeit nahezu keine kommunalen Grundstücke mehr verkauft, bedauern Gemeinderäte.
Einzelne Stadtteile in Künzelsau wachsen weiter
Auch in der Kreisstadt Künzelsau haben sich die Baugesuche im Vergleich Mai 2023 und dem Vorjahresmonat halbiert von acht auf vier. Doch trotz der Zahlen sagt Bürgermeister Stefan Neumann: "Eine Bauzurückhaltung ist nicht zu bemerken." Es seien keine Grundstücke zurückgegeben worden.
Vor allem in den Orten wie Gaisbach, Amrichshausen und Kocherstetten sei nach wie vor die Nachfrage da. "Das Gebiet Haselhöhe II in Gaisbach wird als das erste klimapositive Baugebiet in unserer Stadt entwickelt", sagt Neumann. Gaisbach, auch Standort der Würth-Gruppe, wird sich in den kommenden Jahren verdoppeln.
Rückläufiger Immobilienmarkt in der Stadt Heilbronn
Das nachlassende Interesse am Erwerb von Wohnungen und Häusern macht sich auch in der Stadt Heilbronn bemerkbar. Erstmal seit Jahren ist der Immobilienmarkt wieder rückläufig. Noch nie haben seit Beginn der Erfassung der Kaufverträge im Jahr 1987 so wenige Häuser und Wohnungen ihren Besitzer gewechselt wie im vergangenen Jahr. Für 2022 registrierte die Stadtverwaltung lediglich 1295 Kaufverträge. Das ist ein Rückgang um rund 16 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
Beim Bau von Wohnungen schlägt sich dieser Trend in Heilbronn nicht so stark nieder. Hier verzeichnet die Stadt im ersten Quartal 2023 lediglich einen Rückgang von vier Wohnungen im Vergleich zum Vorjahrszeitraum. 2022 wurden in den ersten drei Monaten 201 Wohnungen zum Bau freigegeben, davon 189 im reinen Wohnungsbau und zwölf, die für einen Umbau genehmigt wurden. Im ersten Quartal 2023 wurden in Heilbronn 197 Wohnungsbaugenehmigungen erteilt, darunter befinden sich 52, die umgebaut werden.
Private Bauherren zögern
Ein deutlicher Rückgang von 53 Prozent ist dagegen bei den Ein- und Zweifamilienhäusern zu verzeichnen. Die Bauherren in diesem Sektor sind meist privat Bauherren. "Im Verlauf des Jahres dürfte sich eine deutlich abwartende Tendenz in der Entwicklung der Genehmigungszahlen abzeichnen", so Suse Bucher-Pinell, Pressesprecherin der Stadt Heilbronn.
Bei den Wohnungen im Bereich der Mehrfamilien- und Geschosswohnungsbauten verzeichnet die Stadt einen Rückgang der zum Bau genehmigten Wohnungen von rund 23 Prozent.
Neuer Stadtteilhat Sonderstellung
Mit dem neuen Stadtteil Neckarbogen und dem Wohnbauprojekt Hochgelegen nimmt die Stadt Heilbronn im Wohnbausektor aber eine Sonderstellung ein. Die Stadtsiedlung und ihre Tochter-Gesellschaft Regiewert sowie das Siedlungswerk bauen derzeit mehr als 500 Wohnungen in Nachbarschaft zur SLK-Klinik am Gesundbrunnen in der Saarlandstraße. Gleichzeitig entstehen derzeit 18 neue Wohn- und Geschäftshäuser neben den bereits bestehenden zehn Wohn- und Geschäftshäusern. 390 Wohnungen bieten dann Platz für rund 600 Menschen. Bis Ende des Jahrezehnts soll der Neckarbogen Wohnraum für rund 3500 Menschen bieten.
Der nachlassende Bauboom macht sich beim Kreditgeschäft der Banken bemerkbar: Bernd Kaufmann, Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Hohenlohekreis, berichtet von rückläufigen Baufinanzierungszusagen. Die seien seit dem zweiten Halbjahr 2022 deutlich gesunken. Und das sowohl bei privaten Bauherren wie auch bei Bauträgern. Von einem hohen Ausgangsniveau nach Jahren mit kräftigen Zuwachsraten, so Kaufmann, seien Rückgänge von bis zu 50 Prozent zu beobachten. Gerade jungen Familien falle es schwerer, die gestiegenen Baukosten bei gleichzeitig gestiegenen Zinsen finanzieren zu können. Und den Bauträgern mangelt es an Kaufinteressenten angesichts der gestiegenen Baukosten.