EBM-Papst beendet Geschäft in Russland
Trotz Rekordumsatz ist dem Mulfinger Ventilatorenhersteller ein Großteil des Ergebnisses weggebrochen. In diesem Jahr bremst die Lieferkette. Von den Chipherstellern in Deutschland erwartet Konzernchef Geißdörfer Entgegenkommen.

Der Ventilatorenhersteller EBM-Papst konnte die hohen Preissteigerungen im vergangenen Jahr nicht an seine Kunden weitergeben. Entsprechend schlecht sieht es beim Ergebnis aus, zu dem die Mulfinger keine genauen Angaben machen. "Wir würden aber gerne mehr Steuern zahlen", sagte Geschäftsführer Klaus Geißdörfer mit Blick auf den Heimatstandort Mulfingen, dem in diesem Jahr rund acht Millionen Euro an Gewerbesteuern im Haushalt fehlen. Inzwischen laufen die Geschäfte besser. Der Umsatz erreichte im vergangenen Jahr allerdings einen neuen Rekordwert.
In der Zwickmühle
Groß ist die Unsicherheit. "Wir sprechen jetzt von der Omnikrise", sagt Geißdörfer. Sie reicht von Corona über Lieferengpässe und Preissteigerungen bis zum Krieg in der Ukraine. In dem Zusammenhang gab der EBM-Papst-Chef bekannt, dass mit dem Verkauf der zwei russischen Gesellschaften an das dortige Management die Aktivitäten in Russland beendet sind. Immerhin sei so eine Lösung für die rund 50 Mitarbeiter gefunden, die zunehmend in Gefahr geraten waren, weil die Nichtbelieferung von Kunden in Russland mit harten Strafen belegt wird.
Ob das für den Verkauf geforderte Geld je ankommt, kann Produktionsgeschäftsführer Thomas Wagner nicht einschätzen. "Derzeit lässt sich kein Geld transferieren." Aber die Leute dort könnten jetzt verkaufen, was am Lager ist. "Dann werden sie sich wohl chinesische Lieferanten suchen."
Das Geschäft mit der Ukraine wird dagegen wieder vorsichtig hochgefahren. Allerdings sind auch hier die Unsicherheiten groß.
Das Investitionsprogramm bleibt herausfordernd
140 Millionen Euro wurden im vergangenen Jahr verbaut und in neue Maschinen und Anlagen gesteckt. Dieses Jahr sollen es in Summe 155 Millionen sein. Der Ausbau in Xi'an ist fertiggestellt, um 8000 auf 33.000 Quadratmeter wuchs dort die Werksfläche. Noch im Bau befindet sich der Neubau in Schanghai, der allerdings angemietet wird. In den USA eröffnet das neue Werk in Johnson City in diesem Sommer.
In Mulfingen läuft die anspruchsvolle Aufstockung für die Elektronikentwicklung, die 16 Millionen Euro kostet. Ausgaben für Forschung und Entwicklung liegen abermals bei rund 130 Millionen Euro, eine Quote von 5,5 Prozent des Umsatzes.
Die Aufträge sind da - die Teile nicht
Wie stark die Preise gestiegen sind, macht Finanzchef Hans Peter Fuchs anhand einiger Beispiele deutlich. Von 2000 auf 12.000 Euro etwa sind die Containerkosten gestiegen. Doch Aufträge sind da. Im vergangenen Jahr stieg der Eingang um 1,4 Milliarden Euro. Der Vertriebsumsatz hinkte dem hinterher. Und diese Entwicklung scheint sich nun noch zu verstärken.
"Wir schaffen es jetzt, die Preise weiterzugeben. Und wir könnten viel mehr absetzen, aber es fehlen die Bauteile", so Geißdörfer. Elektronik und vor allem Halbleiterchips sind weiterhin schwer zu bekommen.
Geißdörfer bemängelt, dass selbst deutsche Hersteller teils überallhin verkaufen, während die deutschen Kunden leer ausgehen. "Das kann nicht so bleiben. Die Amerikaner und Chinesen versorgen erst einmal die Kunden im eigenen Land." Nun steht ein Krisengespräch mit einem großen deutschen Halbleiterhersteller an. Von denen erwartet Geißdörfer Entgegenkommen.
Nebenwirkungen der steigenden Energiepreise

Eine positive Auswirkung haben die steigenden Gas- und Ölpreise: Die Nachfrage nach Wärmepumpen boomt, und damit auch nach den darin verbauten Ventilatoren. "Wir sind da in vielen Fällen Markt- und Technologieführer", sagt Geißdörfer. Und EBM-Papst arbeite daran, dass sie noch leiser und noch effizienter würden. Bei der Heiztechnik böten sich Chancen, weil Gasgebläse künftig auch vermehrt Wasserstoff bewegen müssen.
Der Ausfall durch Covid-Infektionen betrug bei dem leicht auf 14.800 Mitarbeiter gewachsenen Familienunternehmen 300 Personenjahre. Das Risiko durch Corona bleibt. Beruhigt sich die Lage, strebt EBM-Papst weiterhin zweistellige Wachstumsraten an.
Automotive-Sparte schwächelt
Der Umsatz der Mulfinger stieg im vergangenen Jahr um fast zehn Prozent auf 2,3 Milliarden Euro. Zweistellig nach oben ging es in der Sparte Industrielle Lufttechnik, die mit 1,5 Milliarden das Hauptgeschäft ausmacht. Heiztechnik und Hausgeräte legten sogar noch stärker zu. Im Bereich Automotive blieb das Plus unter vier Prozent, Aufträge gingen verloren.
Besonders betroffen davon ist der Standort Herbolzheim, der nun allerdings in die Produktion großer Ventilatoren einsteigt. Der eigentlich vorgesehene Abbau von 170 Stellen konnte auf 70 reduziert werden. Wie es langfristig mit der Automotive-Sparte weitergeht, sei noch nicht entschieden, erklärte Produktionsgeschäftsführer Thomas Wagner. "Wir haben jetzt einmal ein Konzept für die nächsten zwei bis drei Jahre."
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