Wieder Risse im Kernkraftwerk Neckarwestheim entdeckt
Die letzte Revision im GKN abgeschlossen. Und die Mehrheit der Deutschen ist mittlerweile für längere Laufzeiten der letzten drei Atomkraftwerke. Der Betreiber EnBW hat dazu eine klare Meinung.

Bei der turnusgemäß letzten Revision sind im Kernkraftwerk Neckarwestheim (GKN) weitere Risse in den Heizrohren von Dampferzeugern gefunden worden. Das teilte das Landes-Umweltministerium am Freitag mit. Das GKN soll zum Jahresende vom Netz genommen werden. Allerdings nimmt die Debatte um eine Laufzeitenverlängerung der deutschen Atommeiler zu.
35 "lineare Wanddickenschwächungen"
Das Ministerium schreibt in seiner Mitteilung von "linearen Wanddickenschwächungen" an insgesamt 35 Heizrohren. "Die Anzahl der Befunde ist höher als im Vorjahr mit 17 Befunden, bewegt sich im Vergleich zu 2018 und 2019 erwartungsgemäß auf einem weiter niedrigen Niveau", heißt es weiter. Der Betreiber habe alle betroffenen Heizrohre dicht verschlossen und sie damit außer Betrieb genommen. Im GKN sei es bisher noch nie zu einem wanddurchdringenden Riss gekommen, betont das Ministerium. Mit solch einem Fall sei auch im folgenden Betrieb bis voraussichtlich Ende 2022 nicht zu rechnen.
Atomkraftgegner fordern sofortige Stilllegung
Für Atomkraftgegner sind die erneuten Funde jedoch Anlass zu massiver Kritik. Das Revisionsergebnis zeige, dass alle Maßnahmen der EnBW zum Bremsen der Korrosion versagen. "Verstopfen der Rohre und ein wenig Verändern der Wasserchemie im Sekundärkreislauf reichen nicht, um einen regelkonformen Zustand der Anlage herbeizuführen", sagt Franz Wagner, Sprecher des Bundes der Bürgerinitiativen Mittlerer Neckar (BBMN). "Dieses Höchstrisiko-AKW ist irreparabel gealtert und muss sofort und endgültig stillgelegt werden."
Nur Grünen-Anhänger mehrheitlich gegen längere AKW-Laufzeiten
Unterdessen spricht sich nach einer aktuellen Umfrage inzwischen die Mehrheit der Deutschen für längere Laufzeiten der letzten drei Atomkraftwerke aus. Das geht aus dem ARD-Deutschlandtrend hervor, den das Institut Infratest Dimap Mitte Juni erhoben hat. Den aus den Reihen von Union und FDP vorgeschlagenen Weiterbetrieb von Atomkraftwerken über das Jahresende hinaus unterstützen 61 Prozent, 32 Prozent fänden dies falsch. Dabei gibt es unter den Altersgruppen nur geringfügige Abweichungen vom Gesamtergebnis. Dabei unterstützen vor allem Anhänger von Union (77 Prozent), FDP (84 Prozent) und AfD (88 Prozent) längere AKW-Laufzeiten. Aber auch unter den SPD-Anhängern überwiegt der Zuspruch (54 Prozent). Die Anhänger der Grünen dagegen lehnen dies ab (57 Prozent).
EnBW verweist aufs Atomgesetz
Der GKN-Betreiber EnBW hält sich zum Thema Laufzeiten-Verlängerung jedoch zurück. "Wir haben derzeit keinen Grund, unsere Haltung zu ändern", sagt EnBW-Sprecher Lutz Schildmann. "Es gibt ein Atomgesetz, dass da Klarheit schafft. Daran sind wir gebunden. Über weiteres spekulieren wir nicht." In jenem Atomgesetz ist derzeit die Stilllegung der letzten drei Blöcke, darunter GKN II, zum Jahresende 2022 vorgesehen. Anfang März habe die Bundesregierung trotz des Krieges in der Ukraine entschieden, derzeit keine Änderungen an diesem gesetzlichen Rahmen vorzunehmen.
Ob und wie rasch im Falle einer Revision des Atomgesetzes die nötigen Brennelemente beschafft werden können, wollte der EnBW-Sprecher nicht kommentieren. Bei der soeben beendeten Revision wurden jedenfalls keine neuen Brennstoffe eingesetzt. Wann der Reaktor wieder ans Netz geht, war am Freitag noch offen.
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