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Ob die Mobilitätswende in Heilbronn voranschreitet, weiß man erst 2025

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Die Verkehrsstatistik Modal Split zeigt, wie sich die Menschen in der Region fortbewegen und ob die Mobilitätswende voranschreitet. Heilbronn und Neckarsulm nehmen erstmals an einer wichtigen Studie zu diesem Thema teil - doch die Daten werden erst Ende 2024 vorliegen.

Bus, Bahn und den Radverkehr stärken lautet die Formel, um die Klimaziele im Verkehr zu erreichen. Wie viele Menschen auf Rädern, Schienen oder zu Fuß unterwegs sind, verrät der Modal Split, also die Verteilung des Verkehrs auf unterschiedliche Verkehrsmittel.

Die Stadt Heilbronn hat sich Ziele gesetzt, wie sich der Modal Split bis 2030 verändern soll. So sollen nicht mehr 57 Prozent der Wege mit dem Auto zurückgelegt werden, sondern 46 Prozent. Der ÖPNV-Anteil soll von zehn auf 15 Prozent steigen, der Rad-Anteil von zehn auf 13 Prozent. Zu Fuß sollen statt 18 in Zukunft 20 Prozent der Wege zurückgelegt werden.

 

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2023 werden Menschen in Heilbronn und Neckarsulm zu ihrem Mobilitätsverhalten befragt

Wie sich die Werte aus dem Jahr 2015 in den vergangenen acht Jahren verändert haben, weiß jedoch niemand. Fahren mehr oder weniger Autos durch die Stadt? Wie viele Menschen nutzen den ÖPNV?

Um aktuelle Daten zu erheben, hat sich die Stadt Heilbronn gemeinsam mit Neckarsulm an die TU Dresden gewandt. Die führt seit Jahren die Studie "Mobilität in Städten" durch, darunter in Mannheim, Frankfurt, Leipzig und Berlin. Alle fünf Jahre erscheint sie, 2023 werden erstmals Menschen in Heilbronn und Neckarsulm befragt.

 


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Daten zum Modal Split liegen Ende 2024 vor

"Irgendwann muss man mal anfangen und das ist bei Heilbronn 2023 der Fall", freut sich Stefan Hubrich, der die Studie leitet. Am Ende werden 2500 Heilbronner an verschiedenen Tagen im Jahr berichtet haben, wie und warum sie sich von A nach B bewegen.

Ende 2024 wird Hubrich die Ergebnisse verschicken, danach liegt es in der Hand der Städte, sie zu veröffentlichen. Die Studie ist für beide Seiten ein Gewinn, erklärt Hubrich. "Die Städte brauchen diese Daten. Wir haben die Daten aller Städte und können damit Forschung betreiben."

Corona-Pandemie hat die Daten verzerrt

Dass der Modal Split nur alle fünf Jahre erhoben wird, ist für den Experten kein Makel. "Das ist ein hinreichend großer Zeitraum, in dem bestimmte Veränderungen sichtbar werden." Ausgerechnet in den vergangenen Jahren hat die Corona-Pandemie die Daten jedoch verzerrt. So hatte das Land Baden-Württemberg in einer eigenen Studie festgestellt, dass die Zahl der Bus- und Bahnpendler nach dem ersten Lockdown 2020 deutlich abgesackt war.

"Die öffentlichen Verkehrsmittel haben noch immer damit zu kämpfen, dass es während der Pandemie nicht angesagt war, mit dem ÖPNV zu fahren." Für Hubrich ist das aber eine kurzfristige Veränderung. Langfristig wirkt die Möglichkeit, zu Hause zu arbeiten. "Das ist ein Riesenthema geworden."

 


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Jüngere fahren seltener Auto, Seniorinnen dafür umso öfter

Generell beobachtet der Forscher, dass umweltfreundliche Verkehrsmittel "langsam aber stetig" beliebter werden. "Das ist getragen von der Entwicklung beim Radfahren: Es gibt viele Städte, in denen das sehr viel mehr geworden ist." E-Bikes hätten es ermöglicht, selbst in hügeligen Regionen Radzufahren.

In die richtige Richtung geht es auch bei den Jüngeren: "Junge Menschen fahren deutlich weniger Auto und besitzen seltener eigene Autos." Das werde allerdings durch Seniorinnen mit Führerschein ausgeglichen. "Diese Gruppe ist früher oft zu Fuß gegangen oder hat Bus und Bahn genommen und fährt jetzt mehr Auto."

Auto bleibt selbst für kurze Strecken in der Stadt nicht stehen

Generell bleibt das Auto für viele Menschen Fortbewegungsmittel der Wahl. Das zeigt das Beispiel Mannheim: Dort legten die Menschen 90 Prozent aller Wege bis einen Kilometer zu Fuß oder mit dem Rad zurück. Ist die Strecke zwischen ein und drei Kilometer lang, geht nur noch die Hälfte zu Fuß oder radelt, ein Drittel nutzt das Auto. Ab drei Kilometer dominiert das Auto.

"Es stimmt, dass sehr viele Menschen auch für kurze Wege das Auto nutzen, weil es eben vor der Tür steht", betont Hubrich. Ein Beispiel sei die "Kinderlogistik", wie er es nennt, also das Bringen und Abholen der Kinder zur Schule oder zum Sport. Zwar sei das Auto in großen Städten auf dem Rückzug. "In mittelgroßen Städten spielt das Auto nach wie vor eine große Rolle."

 


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Angepeilte Verschiebungen im Modal Split sind bedeutend, betont Jens Boysen

Heilbronn will inzwischen bis 2035 klimaneutral werden. Die CO2-Emissionen müssen dafür auf Null, der Verkehr ist für ein Viertel davon verantwortlich. Für Jens Boysen, Referent des Oberbürgermeisters, sind die Daten, die gerade zum Modal Split erhoben werden, wichtig. "Wir brauchen regelmäßig Zahlen, um zu sehen, ob wir in die richtige Richtung gehen."

Eigene Untersuchungen der Stadt hat es seit 2015 nicht gegeben, 2019 wurde beschlossen, sich 2023 in die Dresdner Studie einzuklinken. Wie weit Heilbronn bei den Verkehrzielen für 2030 ist, ist also noch unklar.

Dabei sind die ambitioniert, wie Boysen betont: Wenn statt zehn künftig 15 Prozent aller Wege mit Bus und Bahn zurückgelegt werden sollen, sei das eine Steigerung um 50 Prozent. Beim Autoverkehr bedeute die angepeilte Reduktion, dass der Verkehr um 20 Prozent sinken muss. Doch selbst das reiche nicht: "Wir müssen auf jeden Fall nachlegen." Jedes zweite Auto müsse mit nachhaltigem Antrieb fahren, statt jedes dritte.

Größerer Anteil bei ÖPNV und Rad sind wahrscheinlich

Boysen erwartet, dass sich seit 2015 einiges getan hat. "Ich kann mir gut vorstellen, dass der Anteil des Radverkehrs gestiegen ist." Die Stadt habe dafür gearbeitet, etwa mit den Radrouten und Fahrradstraßen. Beim ÖPNV erwartet Boysen ebenfalls einen Anstieg, den er an der Stadtbahn Nord und besseren Verbindungen nach Stuttgart festmacht.

Ob der Autoverkehr gesunken ist, wagt Boysen nicht abzuschätzen. "Ich glaube, dass die Leute bewusster mit dem Auto fahren." Es sei "eine der größten Herausforderungen", die Menschen für eine Fahrt in die Innenstadt zum Umstieg aufs Fahrrad zu bewegen.

Neckarsulm will mit den Daten seine Verkehrsplanung neu ausrichten, sagt Sprecher Andreas Bracht. "Nach der Abkehr vom umstrittenen Bau des B27-Anschlusses Binswanger Straße werden jetzt verträglichere Lösungen gesucht, um die Innenstadt vom Durchgangsverkehr zu entlasten." Ziel sei, den Autoverkehr "so weit wie möglich" zu reduzieren sowie ÖPNV, Rad- und Fußverkehr auszubauen.

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