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Notstand bei Hebammen in der Region Heilbronn-Hohenlohe ist groß

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Viele Schwangere und Frauen, die entbunden haben, bleiben in der Region ohne feste Betreuung - in und außerhalb von Geburtskliniken gibt es zu wenig Hebammen. Das hängt auch mit den Arbeitsbedingungen zusammen. Doch die schönen Seiten des Berufs gleichen vieles aus.

Eine Hebamme tastet in ihrer Praxis den Bauch einer schwangeren Frau ab. (Archivbild)
Eine Hebamme tastet in ihrer Praxis den Bauch einer schwangeren Frau ab. (Archivbild)  Foto: Annette Riedl/dpa

Wer in der Region Heilbronn-Hohenlohe eine Hebamme sucht, sollte am besten sofort nach einem positiven Schwangerschaftstest mit der Suche beginnen, weiß Susanne Häberle. Sie ist Hebamme und koordiniert die Anlaufstelle zur geburtshilflichen Versorgung des Hauses der Familie in Heilbronn.

Aber auch wer früh dran ist, findet nicht immer eine Betreuung zum Beispiel für die Zeit im Wochenbett zu Hause. Es sei nicht selten, dass Frauen in den ersten drei Schwangerschaftsmonaten bis zu 30 Hebammen kontaktierten, ohne Erfolg. Deshalb ist im Haus der Familie "die Hebammensuche das Topthema", sagt Susanne Häberle.

Hebamme muss 30 bis 40 Frauen im Monat ablehnen

Für Frauen, die keine Hebamme finden, gibt es offene Sprechstunden. Diese beschreibt Sabrina Froede-Ganz, Zweite Vorsitzende des Hebammenverbands Heilbronn-Hohenlohe, zwar als echten Gewinn. "Sie ersetzen aber niemals die aufsuchende Betreuung." Jeder Frau eine solche anzubieten, sei bei dem großen Mangel an Hebammen aber unmöglich.


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Allein sie müsse im Monat sicher 30 bis 40 Frauen ablehnen, sagt die 36-Jährige. Sie betreue rund fünf Frauen im Monat und biete zudem Kurse an. Das sei von Hebamme zu Hebamme sehr unterschiedlich.

In der Stadt sei die Situation noch angespannter als auf dem Land. 80 aktive Mitglieder im Hebammenverband seien es in der Region Heilbronn-Hohenlohe, sagt Froede-Ganz. Blickt man da auf die Geburtenzahlen allein bei SLK, die bis 31. Oktober dieses Jahres bei 2705 lagen, wird die Diskrepanz deutlich - auch wenn das Einzugsgebiet der SLK-Kliniken groß ist.


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Der Mangel an Hebammen schlägt sich auch im Kreißsaal bei SLK nieder. Derzeit arbeiten dort rund 50 Hebammen, die meisten in Teilzeit, sagt Leiterin Jördis König. "Um eine Eins-zu-eins-Betreuung zu garantieren, müssten es um einige mehr sein." Geburten wären aber auch mit mehr Personal nicht planbar, fügt Nikolaus de Gregorio, Direktor der Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe, hinzu. "An manchen Tagen sind es zwei an anderen 18." Jördis König versichert: "Es kommt aber kein Kind ohne Hebamme auf die Welt." Das sei auch gesetzlich so festgelegt.

Schwangere müssen in seltenen Fällen bei SLK abgelehnt werden

Dass die Kapazitäten erschöpft sind, komme vor, "allerdings sehr, sehr selten", sagt Pressesprecher Mathias Burkhardt. Sollte es zum Beispiel durch Krankheitsausfälle in Verbindung mit einer hohen Zahl an Geburten zu Engpässen kommen, verweise man Schwangere an andere Kliniken. SLK kümmere sich um die Vermittlung.

Der Fachkräftemangel im Kreißsaal führe dazu, dass der Stresspegel oft hoch ist. Jördis König sagt dazu "Arbeitsverdichtung." Da könne es schwer werden, dem eigenen Anspruch gerecht zu werden. "Jede Hebamme möchte die Frauen individuell betreuen." Je mehr Gebärende es jedoch seien, desto weniger Zeit habe man für die einzelne.

Das führe zu Unzufriedenheit und sei einer der Gründe, warum sich Hebammen nicht selten für die Freiberuflichkeit entscheiden. Aber auch Dienste in der Nacht und am Wochenende seien gerade für junge Absolventinnen ein Ausschlusskriterium, bedauert Nikolaus de Gregorio. Ein großes Problem sei, dass die Strukturen an Kliniken seit Jahren gleichgeblieben sind, die Zahl der Geburten aber stark gestiegen sei.


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Ihren Beruf machen Jördis König und Sabrina Froede-Ganz trotz allem gern. "Eine Geburt ist noch immer etwas Besonderes", betont König, die seit 1998 Hebamme ist. Froede-Ganz schätzt die Vielfältigkeit und die verantwortungsvolle Aufgabe.

Sie berichtet, dass viele auch noch die Ausbildung zur Hebamme, die inzwischen ein Studium ist, machen würden. Einige entschieden sich aufgrund der hohen Belastung aber dagegen, den Beruf auszuüben. Damit sich das ändert, müssten Bezahlung und Arbeitsbedingungen verbessert werden. Entlastung würde auch bringen, wenn an zentraler Stelle verfügbare Hebammen erfasst und vermittelt würden. So eine Stelle gebe es etwa bei der Stadt Stuttgart.

Streichung aus dem Pflegebudget würde weiteren Verlust von Fachkräften bedeuten

Viel diskutiert wurde zuletzt der Plan von Gesundheitsminister Karl Lauterbach, Hebammen aus dem Pflegebudget zu nehmen. Inzwischen ist das nach Protesten wohl vom Tisch, sagte Lauterbach in einem Interview. Für Krankenhäuser mit Mutter-Kind-Station wäre das fatal - auch wenn der Kreißsaal nicht betroffen wäre, betont Nikolaus de Gregorio von SLK. Die Zusammenarbeit von Hebammen und Pflegekräften sei sinnvoll.

Sollten die Hebammen auf Station, bei SLK sind es sechs, aus dem Pflegebudget fallen, erreiche man nicht, dass sie in den Kreißsaal wechselten. Sie würden wohl eher ganz aufhören.

 

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