Regionale Bankenfusion krachend gescheitert
Die Vertreterversammlung erteilt der Führungsspitze der Raiffeisenbank Hohenloher Land eine deutliche Abfuhr: Zwei Drittel sind gegen den Zusammenschluss mit der VR Bank Heilbronn Schwäbisch Hall. Der Verschmelzungsvertrag wurde intensiv verhandelt und ist nun hinfällig.

Als Herbert Göker das Ergebnis um 22.51 Uhr verkündet, senken sich in den ersten Reihen viele Köpfe. Die Aufsichtsräte und Vorstände der Raiffeisenbank Hohenloher Land sitzen dort, einige starren ins Leere. Sie hatten einstimmig für eine Fusion mit der VR Bank Heilbronn Schwäbisch Hall geworben. Auch deren Spitzenpersonal, das gleichfalls einmütig dahintersteht, wirkt konsterniert.

Bis zuletzt waren die meisten guter Hoffnung, dass die Vertreterversammlung der Raiba Hohenloher Land den Entwurf des Verschmelzungsvertrags gutheißen würden, der über Monate intensiv ausgehandelt wurde. Doch daraus wird nichts. Mindestens 75 Prozent hätten dafür stimmen müssen.
Am Ende sind es nur 32,63 Prozent. 67,27 Prozent oder eine Zwei-Drittel-Mehrheit dagegen: Das ist ein Paukenschlag. Noch nie hat die Spitze einer Genossenschaftsbank in der Region eine solche Abfuhr von ihren Eigentümern erhalten.
"Das ist eine Klatsche"
Herbert Göker ist Chef des Aufsichtsrats der Raiba Hohenloher Land. Und er ist seit mehr als 40 Jahren in diesem Gremium. Aber so etwas hat er noch nicht erlebt. "Das ist eine Klatsche", gibt er nach dieser historischen Entscheidung im Gespräch mit der Stimme unumwunden zu. "Wenn wir knapp mit 73 oder 74 Prozent verloren hätten", wäre das ja noch zu verschmerzen gewesen. "Aber so ist es eine absolute Ohrfeige."
Er sei "sehr enttäuscht und sehr überrascht", denn: Aufsichtsrat und Vorstand hätten nach den fünf Vertreterforen in diesem Frühjahr ein "sehr, sehr gutes Gefühl gehabt". Zwar habe es auch einige "kritische Fragen" gegeben, "aber gar keine Gegenstimme, die das partout abgelehnt hätte".
Auch Armin Rapp, Aufsichtsratsvorsitzender der VR Bank Heilbronn Schwäbisch Hall, kann nicht verstehen, wie es am späten Mittwochabend in der Neuensteiner Stadthalle so weit kommen konnte. "Ich habe schon damit gerechnet, dass es knapp wird, aber dass es auf jeden Fall reicht", erklärt er der Stimme am Bühnenrand. In allen Gesprächen, die er mit den Verantwortlichen geführt habe, sei ihm ein ganz anderer Eindruck vermittelt worden als das, was am Ende herausgekommen sei. Das müsse nun aufgearbeitet werden, denn: "Warum ist die Stimmung Ende März bei den fünf Vertreterforen so viel anders gewesen als auf dieser einen Vertreterversammlung? Damals und jetzt waren es ja rund 200 Vertreter."
Mängel in der Kommunikation?
Eberhard Spies, Vorstandsvorsitzender der VR Bank Heilbronn Schwäbisch Hall, hat eine etwas andere Wahrnehmung dessen, was von Frühjahr bis heute bei der Raiba Hohenloher Land gelaufen ist, um den Vertretern die Vorzüge der Fusion zu vermitteln und sie mehrheitlich davon zu überzeugen.
"Ich habe das Gefühl, dass es dem Aufsichtsrat und Vorstand nicht im erforderlichen Maße gelungen ist, die Eigentümer und Mitarbeiter auf ihre Seite zu bringen", sagt er der Stimme. In der Kommunikation nach innen sei nach der Ankündigung der Fusionsabsicht Anfang November 2021 "sehr viel abzuarbeiten" gewesen.
Erste Erklärungsversuche
Zwei Dinge seien nicht durchgedrungen: dass die finanziellen Altlasten der Volksbank Heilbronn seit der Fusion mit der VR Bank Schwäbisch Hall-Crailsheim komplett beseitigt seien; dass die Raiba Hohenloher Land im Geschäftsjahr 2021 zwar ein gutes Ergebnis vorgelegt habe, die Eigenkapitalbasis aber weiterhin viel zu schwach sei, um am Kreditmarkt weiter zweistellig wachsen zu können; und dass deshalb und aus Gründen der weiter zunehmenden Regulatorik eine Fusion mittelfristig unabwendbar sei.

Klar könne man die Frage stellen: Warum jetzt schon wieder eine Fusion, wo die letzte erst 2019 besiegelt wurde? Aber: "Für beide Seiten war die Konstellation jetzt so günstig, das wird es so nicht mehr geben." Vor allem hinsichtlich des Gewichts, dass die Raiba als weitaus kleinere Bank strukturell und operativ erhalten hätte.
Warum wurde geheim abgestimmt?
Spies versteht auch nicht, warum der Beschluss in geheimer Abstimmung erfolgt ist. Sein Vorstandskollege Andreas Siebert von der Raiba erklärt: "Wir haben uns bewusst dazu entschieden, weil 80 Prozent geheim besser sind als 90 Prozent offen." Dafür, wohl gemerkt. Nun sind es nur 32,63 Prozent. Eine krasse Fehleinschätzung, die noch zu prüfen sei: "Ich habe erwartet, dass es knapp wird. Aber dieser Ausgang hat mich doch sehr überrascht."
Das sind die Stimmen der kritischen Vertreter
Als die Uhr 22.07 Uhr schlägt und die Fragerunde nach der Präsentation des Verschmelzungsvertrags ihren Lauf nimmt, wird mit jeder Minute deutlicher, dass an diesem denkwürdigen Abend etwas in der Luft liegt. Roland Megerle aus Neuenstein ist der erste Vertreter, der sich zu Wort meldet und kritisiert: "Unsere Bilanz kann sich doch sehen lassen. Warum müssen wir dann schon wieder fusionieren?", spielt er auf den guten Geschäftsbericht 2021 und die letzte Verschmelzung 2019 an.
Und er legt nach: "Und wann kommt nach dieser dann die nächste Fusion?" Darauf antwortet Aufsichtsratschef Herbert Göker: "In den nächsten fünf bis acht Jahren müssen wir über keine Fusion mehr reden." Er sei seit 40 Jahren aktiv im Bankgeschäft, "das wäre meine vierte Fusion". Ergo: "Eine in zehn Jahren."
Rüdiger Volk aus Oberkessach, der 21 Jahre in der Volksbank Kirnau tätig war, fragt: "Wo soll diese Bündelung der Kräfte hinführen: vielleicht in Richtung nur noch einer DZ-Bank als AG und keiner Genossenschaft mehr?" Im Geno-Verbund gebe es genügend Spezialisten, die das übernehmen könnten, was für die Raiba zu groß sei: "Wir haben eine hervorragende Genossenschaft, und sie reicht aus, um die Herausforderungen der Zukunft zu meistern."
Herbert Nägele aus Ingelfingen hat "Probleme", sich mit einer solch größeren Bank zu identifizieren. "Wir sind bodenständig. Irgendwo fehlt mir die Emotion, das gutzuheißen." Edgar Reibel aus Schöntal kritisiert: "Bisher wurde noch nicht eindeutig dargestellt, warum die Raiba nicht mit der Volksbank Hohenlohe oder Krautheim fusionieren kann."