Gesamte AfD bald gesichert rechtsextrem? Was die Einstufung bedeutet
Der Bundesverfassungsschutz will die AfD offenbar als gesichert rechtsextrem einstufen. Das Gutachten soll so gut wie fertig sein, wird aber wohl noch zurückgehalten. Hier die wichtigsten Fragen und Antworten zum Thema.

Nach einem Bericht der "Süddeutschen Zeitung" (SZ) arbeitet der Verfassungsschutz daran, die AfD bundesweit als "gesichert extremistische Bestrebung" einzustufen. Wir haben Fragen und Antworten dazu gesammelt.
Was ist bisher bekannt?
Die "SZ" bezieht sich in ihrer Berichterstattung auf interne E-Mails und Dokumente des Bundesamts für Verfassungsschutz. Das entsprechende Gutachten soll demnach so gut wie fertig sein. Inhaltlich habe es in der Behörde kaum Diskussionen gegeben. Durch ihre bisherigen verfassungsfeindlichen Bestrebungen sei die Grundlage vorhanden, die AfD nun in die höchste Beobachtungsstufe einzuordnen. Dass das noch nicht passiert ist, hat offenbar taktische Gründe: Der Inlandsgeheimdienst will noch ein Gerichtsurteil des Oberverwaltungsgerichts Münster abwarten.
Warum wartet man darauf?
Das OVG Münster entscheidet Mitte März, ob die AfD vom Bundesverfassungsschutz 2021 als rechtsextremer Verdachtsfall eingestuft werden durfte. In erster Instanz hatte die Partei verloren. Weil sie die Richter für befangen hielt, aber auch damit gescheitert ist, zieht sich das Verfahren hin. Die Verhandlung soll am 12. und 13. März stattfinden. Die Verfassungsschützer erhoffen sich durch ihr Abwarten, offenen Fragen der Richter begegnen zu können.
Was bedeuten die Einstufungen?
Der Verfassungsschutz wird aktiv, wenn sich eine Person oder Partei gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung richtet, also gegen die im Grundgesetz verankerten Werte. Die Behörde arbeitet mit drei Stufen. Stufe eins ist der Prüffall. Das sind erste interne Recherchen, bei denen die Mitarbeiter öffentliche Quellen zusammentragen: Medienberichte, Äußerungen, Parteiprogramme. Die zweite Stufe ist der Verdachtsfall. Ab hier spricht man von einer "Beobachtung durch den Verfassungsschutz" und das Vorgehen wird öffentlich. Im Falle der AfD darf die Behörde Mitglieder verdeckt überwachen, Telefonate, E-Mails und Chats abhören sowie V-Leute einschleusen. Würde die AfD für "gesichert extremistisch" erklärt, ist das die dritte Stufe.
Was folgt daraus?
Diese Einstufung hat keine unmittelbaren Konsequenzen. Es gibt dann aber aus Sicht der Behörde keinen Zweifel mehr, dass die AfD sich aktiv für die Beseitigung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung einsetzt oder gegen den Fortbestand der Bundesrepublik. Der Verfassungsschutz ist keine Strafverfolgungsbehörde. Er leitet seine Informationen nur an die Bundesregierung, Landesregierungen, Staatsanwaltschaften und die Polizei weiter. Sie müssen aktiv werden und können dann etwa einfacher ein Disziplinarverfahren gegen Beamte starten, die in der AfD sind.
Warum ist die Einstufung wichtig?
Die Einstufung der AfD als rechtsextrem gilt als Voraussetzung, bevor ein Verbotsverfahren überhaupt in Betracht kommt. Das geht aus Anfragen unserer Redaktion an die Landesregierungen der Bundesländer hervor. So erklärt etwa die saarländische Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD) auf Anfrage: Ein solches Verfahren müsse auf "stichfesten Erkenntnissen und Beweisen der Verfassungsschützer von Bund und Ländern" beruhen. Eine Sprecherin der Staatskanzlei in Stuttgart verweist ebenfalls auf die Entscheidung in Münster. Auch Bundesratspräsidentin Manuela Schwesig hatte auf Forderungen nach einem AfD-Verbot gesagt: "Wir nehmen das Anliegen wirklich sehr ernst. Zunächst müssen wir aber das wichtige Urteil des OVG Münster abwarten, ob die AfD bundesweit als Verdachtsfall eingestuft werden kann."
Wo gilt die AfD bereits als gesichert rechtsextrem?
In Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt besteht laut den dortigen Verfassungsschutzämtern kein Zweifel, dass die AfD-Landesverbände rechtsextrem sind. In Brandenburg, Niedersachsen, Bremen, Hessen, Bayern und Baden-Württemberg werden die AfD-Verbände als Verdachtsfall geführt. Die Jugendorganisation "Junge Alternative" (JA) wird vom Bundesverfassungsschutz in Gänze als gesichert rechtsextrem behandelt. Das Verwaltungsgericht in Köln bestätigte das und wies eine Klage der Partei ab. Die Begründung: Die JA vertrete einen "völkisch-abstammungsmäßigen Volksbegriff". Migranten würden "pauschal verdächtigt und herabgewürdigt" und allgemein als Schmarotzer und kriminell bezeichnet. Die Organisation richte sich gegen die Demokratie, indem sie die Bundesrepublik mit dem NS- oder DDR-Regime gleichsetze.