Joe Biden im US-Wahlkampf: Welche Rolle spielt Ehefrau Jill?
Joe Biden (81) macht trotz des Debatten-Desasters keine Anstalten, sich aus dem US-Wahlkampf zurückzuziehen. Eine Schlüsselrolle hinter den Kulissen spielen seine Familie, allen voran First Lady Jill.

Das Treffen auf Camp David für Familienfotos mit der Starfotografin Annie Leibovitz stand bereits fest, als von der Präsidentschaftsdebatte noch keine Rede war. Dennoch drängte sich der Eindruck auf, der Clan habe sich zu einem Krisengipfel getroffen. Gekommen waren neben Ehefrau Jill, Tochter Ashley und der kürzlich verurteilte Sohn Hunter, Bidens Schwester Valerie sowie die Enkel des Präsidentenpaares.
Anschließend verlautete aus dem Umfeld des 81-Jährigen, seine Familie habe ihn ermutigt, im Rennen um das Weiße Haus zu bleiben. Vor allem Ehefrau Jill habe ihn gedrängt, nicht das Handtuch zu werfen. Das passt in das Narrativ, das seit Langem in den rechten Medien kultiviert wird. Der konservative Polemiker Matt Drudge fasst es auf seinem Online-Dienst mit der griffigen Schlagzeile zusammen: „Grausam - Jill klammert an der Macht“.
US-Wahlkampf: Joe Bidens Frau Jill spielt eine große Rolle
Fraglos ist die seit 47 Jahren mit Joe verheiratete Lehrerin die größte Cheerleaderin des Präsidenten. Sie war eine der wenigen Stimmen, die nach dem Debatten-Desaster vergangenen Donnerstag den Glauben an die Fähigkeit ihres Mannes nicht verloren hatte, Donald Trump im November zu schlagen. „Du hast alle Fragen beantwortet, Du hast alle Fakten gewusst“, lobte sie ihn vor Anhängern bei einer Debattenparty wie einen Schulbuben, der bei einer mündlichen Prüfung ein Blackout hatte.
Die Kommunikationsdirektorin der First Lady, Elizabeth Alexander, bestätigt die Entschlossenheit des Präsidentenpaares, auch diese Krise durchzustehen. Die beiden seien in ihrem Leben durch dick und dünn gegangen. „Er will gewinnen und sie will das auch.“
Panik bei den Demokraten nach Biden-Debakel im US-Wahlkampf
Obwohl ein Chor aus Biden-Loyalisten in den Sonntags-Talkshows versuchte, die Bedeutung der katastrophalen Performance herunterzuspielen, herrscht bei den Demokraten unverkennbare Panik. Mäandernde Sätze ohne Sinn, unwidersprochene Lügen über den 6. Januar und die angeblich gestohlenen Wahlen und verpasste Chancen bei Themen wie der Abtreibung zu punkten, ließen den mit schwacher krächzenden Stimme auf dem CNN-Podium stehenden Amtsinhaber überfordert wirken.
Angesehene Kolumnisten mit Sympathie für Biden wie Tom Friedman, David Ignatius, Nicholas Kristof oder Ezra Klein - um nur einige zu nennen - gaben ihre vornehme Zurückhaltung auf und schrieben Klartext. Es sei eine Tragödie, wenn der Mann, der mit dem Anspruch antrete, die Demokratie zu retten, diese aufs Spiel setze. „Um seinem Land zu dienen, sollte Präsident Biden aus dem Rennen aussteigen“, fasst die New York Times den Tenor zusammen.
Anderer Gegner für Trump? US-Bürger halten Biden für ungeeignet für Amt
Nach der Debatte sagten 45 Prozent aller Demokraten in einer Umfrage des Senders CBS, sie wünschten sich einen anderen Bannerträger, der Trump herausfordert. Unter allen Wählern halten nur noch etwas mehr als einer von vier (27 Prozent) den ältesten Präsidenten in der Geschichte der USA mental und kognitiv fit genug für eine zweite Amtszeit.
Qualifizierte Alternativen gäbe es reichlich. Angefangen bei dem kalifornischen Gouverneur Gavin Newsom, seiner charismatischen Kollegin aus dem Swing State Michigan, Gretchen Whitmer, dem rhetorisch starken Gouverneur von Illinois, J.B. Pritzker, Verkehrsminister Pete Buttigieg oder der zögerlichen Wunderwaffe Michel Obama.
Obama und Co.: Bidens Umfeld stellt sich im US-Wahlkampf hinter ihn
Kamala Harris, die noch schwächere Umfragewerte hat als der Präsident, stößt auf Widerstand in der Partei. Dass Barack Obama sich hinter seinen ehemaligen Vize stellte, ist Teil der Strategie, Biden einen Rückzug in Würde zu ermöglichen. Kenner aus seinem Umfeld betonen gegenüber der New York Times, die Chancen dafür stünden „4 oder 5 zu 1“.
Biden-Freund und Großsponsor John Morgan meint, dazu werde es nur kommen, wenn die First Lady Joe davon überzeugt. „Jill hat das letzte und wichtigste Wort“, bestätigt er ihren Einfluss auf den Präsidenten. Bisher sieht wenig danach aus, dass sie an Rückzug denkt. Im Gegenteil erinnerte Jill vor Großspendern in New York am Wochenende an Bidens Image als Stehaufmännchen der amerikanischen Politik. „Wenn Joe umgehauen wird, steht Joe wieder auf und genau das tun wir heute.“

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