Illegale Migration
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Zurückweisungen von Asylbewerbern: Diese Regeln gelten jetzt an den Grenzen

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Die Frage, wer an den deutschen Landgrenzen bei der unerlaubten Einreise zurückgewiesen wird, beschäftigt Politiker der Union seit zehn Jahren intensiv. Jetzt soll sich etwas ändern.

Von red/dpa

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Das Thema Migration spaltet Deutschland seit Jahren. Bundeskanzler Friedrich Merz kündigte während seiner Kandidatur eine Kehrtwende an und versprach etwa im Stimme-Interview, illegale Migration nach Deutschland stoppen zu wollen. 

Jetzt hat der neue Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) erklärt, wie es künftig an den Landgrenzen laufen soll. Was wird sich in Zukunft an Deutschlands Grenzen ändern? Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick.

Maßnahmen gegen illegale Migration: Gibt es jetzt flächendeckende Grenzkontrollen?

Flächendeckende Grenzkontrollen zur Eindämmung der illegalen Migration nach Deutschland wird es nicht geben. Allerdings werden in den kommenden Wochen mehr Bundespolizisten dort stehen und Kontrollen vornehmen, berichtet die Deutsche Presse-Agentur (dpa).

Die Maßnahmen beziehen sich dabei nicht nur an den Autobahnen. Die Bundespolizei kontrolliere laut der dpa teils auch an anderen Orten. Die Zahl der Polizisten soll schrittweise erhöht werden.

Kontrollen an Grenzen: Kommen Asylbewerber noch auf dem Landweg nach Deutschland?

Laut Innenminister Dobrindt soll nicht jeder Asylbewerber, den die Bundespolizei an der Grenze antrifft, zurückgewiesen werden. Allerdings soll allein die Tatsache, dass jemand ein Asylgesuch äußert, künftig nicht mehr automatisch eine Zurückweisung verhindern. Das war zehn Jahre lang der Fall.

Man strebe eine Balance zwischen „Humanität und Ordnung“ an, sagt der Minister. Schwangere und Kinder werde man beispielsweise nicht zurückweisen, berichtet die dpa.

Begrenzung der illegalen Migration: Was wollte Friedrich Merz vor der Wahl?

Vor der Wahl hatte CDU-Chef Friedrich Merz angekündigt, als Kanzler am ersten Tag im Amt das Innenministerium anzuweisen, alle Grenzen dauerhaft zu kontrollieren und alle illegalen Einreisen zurückzuweisen. Das gelte auch für Menschen mit Schutzanspruch. Eine Zusammenarbeit mit der AfD schloss Merz im Stimme-Gespräch kategorisch aus.

Merz sagte: „Es wird ein faktisches Einreiseverbot in die Bundesrepublik Deutschland für alle geben, die nicht über gültige Einreisedokumente verfügen oder die von der europäischen Freizügigkeit Gebrauch machen.“ Die EU-Asylregeln seien dysfunktional. „Deutschland muss daher von seinem Recht auf Vorrang des nationalen Rechts Gebrauch machen“, erklärte Merz. 

Im Schengen-Raum können Grenzkontrollen befristet angeordnet werden. Die frühere Innenministerin Nancy Faeser (SPD) hatte dies schrittweise für alle Landgrenzen getan.

Illegale Migration: Was steht im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD?

Die schwarz-rote Koalition aus Union und SPD hat im Koalitionsvertrag festgeschrieben, welche Regeln künftig in Bezug auf illegale Migration gelten sollen. „Wir werden in Abstimmung mit unseren europäischen Nachbarn Zurückweisungen an den gemeinsamen Grenzen auch bei Asylgesuchen vornehmen“, heißt es darin.

Im vergangenen Jahr hatten 229.751 Menschen erstmals in Deutschland einen Asylantrag gestellt. Das waren rund 100.000 Asylerstanträge weniger als 2023. Die Zahlen aber blieben konstant hoch. Zuletzt hatten auch die regionalen Kommunen auf ein entschlossenes Handeln in der Migrationspolitik gedrängt.

Begrenzung illegaler Migration: Sind Grenz-Zurückweisungen neu?

Neu sind Zurückweisungen an den deutschen Grenzen nicht. Voraussetzungen hierfür sind stationäre Grenzkontrollen. Schon bisher werden Menschen mit Wiedereinreisesperre – etwa nach einer Abschiebung – zurückgewiesen, wenn sie kontrolliert werden. Das gilt auch für Menschen ohne Visum, die kein Asylgesuch äußern, berichtet die dpa.

Clara Bünger, Innenpolitikerin der Linken, ist überzeugt, dass auch in den vergangenen Monaten schon vielfach Asylsuchende zurückgewiesen wurden. „Ich habe heute an der deutsch-polnischen Grenze mit mehreren Personen gesprochen, die Asyl beantragen wollten und dennoch von der Bundespolizei zurückgewiesen wurden“, berichtete die Bundestagsabgeordnete.

Seit der Anordnung von stationären Kontrollen an allen Landgrenzen im vergangenen September wurden laut Bundespolizeipräsident Dieter Romann rund 34.000 unerlaubte Einreisen festgestellt, berichtet die dpa. In etwa 23.000 dieser Fälle seien Menschen zurückgewiesen oder zurückgeschoben worden.

Maßnahmen gegen illegale Migration: Reicht das Personal für dauerhafte Grenzkontrollen?

Es gibt unterschiedliche Meinungen dazu, ob das Personal für dauerhafte Grenzkontrollen in Deutschland ausreicht. Einerseits binden noch mehr Kontrollen auch noch mehr Beamte, die direkt an den Grenzen eingesetzt werden, erklärt die dpa. Andererseits nehme eine Zurückweisung weniger Zeit in Anspruch als die Datenerfassung und Begleitung zur Erstaufnahmeeinrichtung durch die Bundespolizei, wenn jemand vorerst in Deutschland bleiben kann.

Befürworter der neuen Regeln hoffen, dass diese abschreckend wirken, sodass die Zahl der Menschen, die unerlaubt einreisen, sinkt. Dobrindt sagte, „dass ich weiß, dass das für die Polizistinnen und Polizisten eine zusätzliche Aufgabe bedeutet“. Er versprach aber, dass es auf der anderen Seite Entlastung geben werde.

Es gibt bereits eine EU-Asylreform – greift die nicht?

Im Mai 2024 einigten sich die EU-Staaten nach jahrelangen Verhandlungen auf eine gemeinsame Asylreform – bis sie greift, dauert es aber. Die nationalen Umsetzungspläne wurden Ende 2024 vorgelegt, die neuen Regeln sollen spätestens bis Juni 2026 gelten.

Einige Politiker und Experten hoffen, dass dann weniger Menschen mit geringen Erfolgsaussichten nach Deutschland kommen. Strengere Verfahren an den Außengrenzen könnten abschrecken und für eine bessere Verteilung innerhalb Europas sorgen.

Was könnten Asyl-Zurückweisungen an den Grenzen politisch in der EU auslösen?

Dazu gibt es zwei unterschiedliche Einschätzungen: Manche warnen, ein deutscher Alleingang beim Zurückweisen von Schutzsuchenden könne das Vertrauen zwischen den EU-Staaten untergraben. Ein solcher Schritt – insbesondere, wenn er sich auf eine juristisch angreifbare Grundlage stützt – könnte andere Mitgliedsländer dazu bewegen, ihre Kooperation im Asylsystem einzustellen. Im schlimmsten Fall könnte die mühselig erzielte Einigung auf eine gemeinsame europäische Asylpolitik ins Rutschen geraten.

Andere Experten halten das für unwahrscheinlich. Ihrer Einschätzung nach gibt es in zahlreichen EU-Ländern ein wachsendes Interesse an einer strikteren Migrationskontrolle – auch auf politischer Ebene. Die Sorge, dass großzügige Asylstandards einzelner Staaten eine Sogwirkung entfalten könnten, wird schon länger geäußert.

Statt auf Konfrontation zu setzen, könnten viele Regierungen daher sogar geneigt sein, eine härtere Linie mitzutragen, wenn sie mittelfristig zu einer stärkeren Begrenzung irregulärer Migration beiträgt. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) ist sich sicher: „Da wird es überhaupt kein Problem geben.“

Asyl-Zurückweisungen an Grenzen: Geht das alles rechtlich überhaupt?

Die rechtliche Lage bei Zurückweisungen an der Grenze ist derzeit nicht eindeutig. Einige Experten lesen geltendes EU-Recht so, dass Zurückweisungen grundsätzlich nicht erlaubt sind. Dies hängt auch damit zusammen, dass Grenzkontrollen praktisch nicht exakt auf der Grenzlinie erfolgen, sondern oft etwas dahinter.

Zudem ist eigentlich vorgesehen, dass zumindest ein kurzes Verfahren mit Befragung und erkennungsdienstlicher Behandlung durchgeführt werden muss, um festzustellen, welcher Mitgliedstaat für das Asylverfahren zuständig ist.

Allerdings eröffnet das EU-Recht unter bestimmten Bedingungen die Möglichkeit, von diesen Regeln abzuweichen. So erlaubt Artikel 72 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) Ausnahmen, wenn die öffentliche Ordnung oder nationale Sicherheit bedroht ist – eine sogenannte Notlagenklausel.

Ob eine solche Notlage tatsächlich vorliegt und ob eine Berufung auf diese Klausel im konkreten Fall rechtmäßig wäre, ist allerdings offen. Die Entscheidung darüber läge letztlich beim Europäischen Gerichtshof (EuGH), der bisher sehr restriktiv mit solchen Ausnahmeregelungen umgeht.

Bricht Merz mit der Flüchtlingspolitik von Ex-Kanzlerin Angela Merkel?

In gewisser Weise bricht Bundeskanzler Friedrich Merz mit der Flüchtlingspolitik von Angela Merkel. Denn im September 2015 hatte die damalige Kanzlerin (CDU) entschieden, dass Schutzsuchende, die in Ungarn festsaßen, aus humanitären Gründen nach Deutschland weiterreisen dürften.

In der Folge stieg die Zahl der Asylbewerber – besonders aus Syrien – deutlich an. Eine Zurückweisung dieser Menschen an der deutschen Grenze wurde damals im Bundesinnenministerium zwar diskutiert, aber nicht umgesetzt.

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