Kanzler Scholz verliert Vertrauensfrage – Weg zu Neuwahlen frei
Die Abstimmung über die Vertrauensfrage fällt eindeutig aus. Damit entzieht der Bundestag Kanzler Olaf Scholz das Vertrauen. Nun fehlen nur noch zwei Schritte bis zur Neuwahl.
Der Bundestag hat Kanzler Olaf Scholz das Vertrauen entzogen und damit den Weg zu einer Neuwahl am 23. Februar bereitet. Bei der Abstimmung über die Vertrauensfrage votierten 207 Abgeordnete für Scholz, 394 gegen ihn und 116 enthielten sich, wie Bundestagspräsidentin Bärbel Bas bekanntgab. Der Kanzler verfehlte damit wie beabsichtigt die notwendige Mehrheit von mindestens 367 Stimmen deutlich.
Abstimmung über Vertrauensfrage: So haben die Fraktionen abgestimmt
Es waren Stimmen aus der AfD für Scholz erwartet worden. Am Abend zeigt sich: drei AfD-Abgeordnete und drei Fraktionslose haben ihre Stimme für Kanzler Olaf Scholz (SPD) abgegeben. Unter Letzteren war der aus der FDP ausgetretene Verkehrs- und Justizminister Volker Wissing. Außerdem gab es bei der AfD eine Enthaltung. Die anderen Fraktionen stimmten geschlossen ab, wie die vom Bundestag veröffentlichten Abstimmungslisten zeigen.
Bei der SPD votierten alle 201 an der Abstimmung teilnehmenden Abgeordneten für Scholz, bei der CDU/CSU alle 196 gegen ihn. Alle 115 anwesenden Grünen-Abgeordneten enthielten sich. Alle 88 FDP-Abgeordneten stimmten gegen Scholz, hier fehlten zwei Parlamentarier. Linke und BSW stimmten ebenfalls einmütig gegen den Sozialdemokraten. Dagegen sprachen von der AfD Christina Baum, Edgar Naujok und Jürgen Pohl dem Kanzler das Vertrauen aus, der frühere Parteichef Alexander Gauland enthielt sich der Stimme.
Scholz beantragt Auflösung des Bundestages – das kann Bundespräsident Steinmeier jetzt tun
Nach dem Nein des Bundestags zu seiner Vertrauensfrage hat Kanzler Olaf Scholz (SPD) bei Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Schloss Bellevue die Auflösung des Parlaments vorgeschlagen. Das erfuhr die Deutsche Presse-Agentur aus Regierungskreisen. Steinmeier hat nun 21 Tage Zeit zu entscheiden, ob er zustimmt und eine Neuwahl des Parlaments innerhalb von 60 Tagen ansetzt.
Da es im Bundestag eine große Einigkeit darüber gibt, dass die ursprünglich für den 28. September 2025 geplante Bundestagswahl vorgezogen werden soll, gilt die Zustimmung Steinmeiers als sicher. Er hat auch schon signalisiert, dass er mit dem angestrebten Termin 23. Februar einverstanden ist.
Debatte vor Vertrauensfrage: Redner stimmen sich auf Wahlkampf ein
Die Debatte vor der Abstimmung war schon voll und ganz vom Wahlkampf bestimmt. Scholz nutzte seine Rede für eine harte Attacke gegen die FDP. Die "wochenlange Sabotage" der Liberalen unter Parteichef Christian Lindner habe nicht nur der Ampel-Regierung, sondern auch der Demokratie insgesamt geschadet, sagte er. "In eine Regierung einzutreten, dafür braucht es die nötige sittliche Reife."
Mit der Vertrauensfrage selbst beschäftigte Scholz sich in seiner knapp 30-minütigen Rede nur kurz. Es gehe darum, dass die Bürgerinnen und Bürger den politischen Kurs Deutschlands neu vorgeben könnten. "Die Vertrauensfrage richte ich deshalb heute an die Wählerinnen und Wähler." Den größten Teil seiner knapp halbstündigen Rede nutzte Scholz dann auch dafür zu erläutern, mit welchem Programm er die Wähler überzeugen will, für die SPD zu stimmen.
Friedrich Merz ergreift für Lindner Partei – Kanzler sei "zum Fremdschämen"
Unions-Fraktionschef Friedrich Merz nannte die Attacke auf Lindner in seiner Erwiderung eine "blanke Unverschämtheit". Im Gegenzug warf der Oppositionsführer Scholz vor, das Land in einer der größten Wirtschaftskrisen der Nachkriegsgeschichte zu hinterlassen und auf EU-Ebene versagt zu haben. "Sie blamieren Deutschland", sagte er. Es sei "zum Fremdschämen", wie der Kanzler sich in der Europäischen Union bewege.
Scholz wurde von seiner Frau Britta Ernst in den Bundestag begleitet. Die Vertrauensfrage ist für ihn die einzige Möglichkeit, selbst eine vorgezogene Bundestagswahl herbeizuführen. Er hatte diesen Schritt bereits am 6. November unmittelbar nach dem Rausschmiss von FDP-Finanzminister Lindner und dem Aus seiner Ampel-Koalition angekündigt. Seitdem führt er eine von SPD und Grünen getragene Regierung, die im Bundestag keine Mehrheit mehr hat. Ohne Unterstützung aus der Opposition kann sie nichts mehr durchsetzen.