Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz: Sein Markenzeichen war der Bierdeckel
Mit 69 Jahren könnte der Sauerländer CDU-Politiker Friedrich Merz das Ziel erreichen, um das er seit Jahrzehnten kämpft: Er könnte bei der Bundestagswahl 2025 Kanzler werden.
Als Sympathieträger gilt Friedrich Merz, Kanzlerkandidat der Unionsparteien CDU und CSU, beileibe nicht. Zu oft ist er ins Fettnäpfchen getreten, etwa als er, der Millionär mit Privatflugzeug, 2018 auf eine Frage der "Bild" sagte, er zähle sich zur gehobenen Mittelschicht in Deutschland.
Bisweilen reicht auch der Merz'sche Gesichtsausdruck beim Zuhören in einer Talkshow, um einen Sturm der Empörung in Sozialen Medien auszulösen. Belehrend und besserwisserisch verhalte er sich vor allem gegenüber jungen Frauen, lautete in den frühen 2020er-Jahren eine häufig geäußerte Kritik.
"Kleine Paschas": Friedrich Merz eckt mit plakativen Aussagen an
Legendär sind auch noch frühere Aussagen wie eine von 2001. Damals gab Merz, der zu dieser Zeit Unionsfraktionschef war, der "Bunten" ein Interview. Er wird gefragt: „Deutschlands Hauptstadt wird von einem Schwulen regiert. Finden Sie das auch so gut wie Bürgermeister Klaus Wowereit?“ Merz antwortete: „Solange er sich mir nicht nähert, ist mir das egal.“ Auch politisch versteigt er sich gern zu fragwürdigen Äußerungen, etwa 2023 als er bei "Markus Lanz" behauptete, Lehrerinnen hätten häufig Probleme, von Schülern mit Migrationshintergrund akzeptiert zu werden und in dem Zusammenhang von "kleinen Paschas" sprach.
An der Formulierung hielt er trotz heftiger Kritik fest. Schon als das Wort Populismus noch kaum bekannt war, hatte Merz einfache, plakative Vorschläge für komplexe Probleme parat. So schlug der Wirtschaftsexperte 2003 vor, dass die Steuererklärung künftig so vereinfacht werden müsste, dass sie auf einen Bierdeckel passt. Er hatte sich bei diesem Modell verrechnet, wie er später einräumte.
Scharfe Attacken von Friedrich Merz auf Kanzler Scholz
Trotzdem sind solche berüchtigten Zitate seltener geworden. Stattdessen hat sich der 1955 in Brilon im Sauerland geborene Politiker mit einigen staatstragenden Reden, zum Beispiel zur Außenpolitik und der Rolle Deutschlands in der Welt, einiges an Respekt verdient. So meldete er sich ein ums andere Mal in der Debatte um Taurus-Lieferungen zu Wort und forderte ein entschlosseneres Handeln der Bundesregierung und von Kanzler Olaf Scholz bei der Unterstützung der Ukraine.

Legendär auch seine harte Attacke gegen Scholz in der Generaldebatte des Bundestags. "Bitte ersparen Sie sich und uns in Zukunft Ihre Aufrufe zur Zusammenarbeit", sagte er da an Scholz gerichtet. Das sei nämlich nichts als Rhetorik. Das saß.
Die Union liegt stabil bei Werten über 30 Prozent

Ob es am etwas geschickter agierenden Kanzlerkandidaten der Union liegt oder am desaströsen Bild, das die Ampel und ihr schwacher Kanzler zuletzt abgaben, fest steht: Die Konservativen liegen in den Umfragen seit Monaten stabil bei über 30 Prozent. Auch aus Bayern kommen keine Querschüsse mehr, seit Markus Söder im September öffentlich erklärt hatte, er sei "fein" mit der Entscheidung und unterstütze Merz ausdrücklich bei dessen Kandidatur. Stattdessen hat dieser sich zuverlässig auf die Grünen und seinen Lieblingsfeind Robert Habeck eingeschossen.
Merz dagegen äußerte sich seit Bruch der Ampel-Koalition auffallend freundlich über Robert Habeck, bezeichnete ihn als "angenehmen Gesprächspartner", nachdem er ihn vor Wochen noch abfällig als "Kinderbuchautoren" tituliert hatte. Dieser Umschwung im Ton ist wohl kalkuliert. Die CDU könnte nach den Wahlen am 23. Februar auf die Grünen als Koalitionspartner angewiesen sein.
Lebensziel Kanzlerschaft scheint zum Greifen nah

Mit den vorgezogenen Neuwahlen könnte Merz, quasi im letzten Anlauf, endlich dorthin kommen, wo er schon seit Jahrzehnten hinwill. Ein ums andere Mal scheiterte er jedoch, zunächst an Angela Merkel. Schon im Jahr 2000 habe der CDU/CSU-Fraktionschef Kanzlerkandidat werden wollen, berichten politische Beobachter, stattdessen stieg er in seiner Partei immer weiter ab, bis er schließlich ganz aus der Politik ausschied und 2016 bei der Investmentfirma Blackrock anheuerte.
2018, nachdem Angela Merkel ihren Rückzug als Parteivorsitzende angekündigt hatte, kehrte Merz dann in die Politik zurück - und verlor den Machtkampf um den Posten in der Union gegen die Merkel-Vertraute Annegret Kramp-Karrenbauer. Unions-Kanzlerkandidat wurde 2021 dann nicht Friedrich Merz, sondern sein Kontrahent Armin Laschet. Nun scheint es, als könne Merz mit 69 Jahren endlich sein Lebensziel, die Kanzlerschaft, erreichen.
Hält die Brandmauer zu den Rechtsextremen?
Die vielleicht größte Herausforderung für den Konservativen wird es sein, seine Partei abzugrenzen gegen Koalitionsbestrebungen mit den Rechtsextremen der AfD. Die "Brandmauer" nach ganz rechts steht zwar als verbale Beteuerung. Allerdings gibt es vor allem in den Ost-Bundesländern vielerorts eine große Nähe zwischen CDU und AfD, inhaltlich wie personell.