Nur ein Bundeskanzler hat es nie nach Heilbronn geschafft
Die Region bekommt hohen Besuch: Bundeskanzler Friedrich Merz kommt zum Spatenstich des Innovationspark für Künstliche Intelligenz (Ipai). Ein Blick ins Archiv zeigt: Nur einen von zehn Bundeskanzlern hat es nie nach Heilbronn verschlagen.
Die Region bekommt Besuch des Bundeskanzlers. Am Dienstag wird Friedrich Merz (CDU) beim Spatenstich für den Innovationspark für Künstliche Intelligenz (Ipai) in Heilbronn erwartet. Damit ist Merz der neunte Bundeskanzler, den es in die Region verschlägt, während es einer seiner Vorgänger nie nach Heilbronn geschafft hat. Wir geben einen Überblick über die Kanzler-Besuche der vergangenen Jahrzehnte.
Nur Konrad Adenauer war nie in Heilbronn – aber in Schwäbisch Hall
Konrad Adenauer, erster Kanzler der Bundesrepublik Deutschland, war zumindest nie in Heilbronn. Der CDU-Politiker regierte das Land von 1949 bis 1963.
1961 kommt Konrad Adenauer dann doch noch der Region nahe, als er in Schwäbisch Hall zu Gast ist. Hartmut Müller, Freier Mitarbeiter der Hohenloher Zeitung, fährt damals extra nach Hall, um den Kanzler vom Balkon winken zu sehen. Zwei Jahre später sollte Adenauer zurücktreten.
Ludwig Erhard besichtigt NSU-Werke und spricht in Heilbronn
Auf Adenauer folgt 1963 Ludwig Erhard. Der CDU-Politiker ist der erste Kanzler, den es in die Region verschlägt. 1964 besichtigt Erhard die NSU-Werke in Neckarsulm und spricht am Abend vor 2000 Besuchern in der Heilbronner Harmonie. Der Empfang im Saal ist überschwänglich: „Wir freuen uns, mit Ihnen den populärsten Mann der deutschen Nation begrüßen zu dürfen!“
Im Archiv der Heilbronner Stimme ist ein weiterer Besuch Erhards dokumentiert: Ein Bild zeigt den Altkanzler bei einem Treffen 1972 in Waldenburg gemeinsam mit dem Crailsheimer CDU-Abgeordneten Philipp Jenninger und dem Waldenburger Bürgermeister Franz Gehweiler. „Wie von ihm gewohnt paffte der Dicke aus Bonn seine Zigarre“, erinnert sich HZ-Redakteur Hartmut Müller.
Kurt Georg Kiesinger spricht bei Städtepartnerschaft-Gründung in Heilbronn
Nur eine Aufzeichnung über seinen Heilbronn-Besuch gibt es von Kurt Georg Kiesinger, der die Bundesrepublik von 1966 bis 1969 führte. Zuvor war Kiesinger Ministerpräsident von Baden-Württemberg.
Als solcher besuchte er 1965 die Feier, bei der Heilbronn und das südfranzösische Béziers ihre Städtepartnerschaft bekundeten. Der „SWR“ dokumentiert eine kurze Aufnahme der Feier.
Willy Brandt kämpft mehrmals in Heilbronn und Öhringen um Stimmen
Deutlich öfter ist Willy Brandt in der Region unterwegs. 1961 ist er auf Wahlkampftour in Heilbronn unterwegs und stößt dort auf tausende Zuhörer, ein Jahr später spricht er auf dem Öhringer Marktplatz.
Im März 1969 sorgt Brandt als Außenminister und Kanzlerkandidat in Heilbronn für eine „politische Bombe“, wie die Heilbronner Stimme damals schreibt: Auf dem Marktplatz sagt Brandt über die Beziehungen zu nicht-demokratischen Staaten: „Wenn die Bundesrepublik nur mit demokratischen Regierungen in Verbindung treten würde, könnten wir das Auswärtige Amt auf einen Zettel reduzieren.“ Ein weiteres Mal ist Brandt als Kanzler 1972 in Heilbronn zu Gast.

1976 kommt Brandt, dann schon Altkanzler, zurück nach Öhringen und trägt sich am 12. März ins Goldene Buch der Stadt ein. Anschließend gibt er ein Pressegespräch mit dem Öhringer Bürgermeister Ulrich Fahrenbruch. „Zigarettenrauch nebelte die Tischrunde ein. Brandt und Fahrenbruch qualmten ohne Unterlass“, erinnert sich HZ-Redakteur Hartmut Müller.
Schon als Minister besucht Helmut Schmidt die Region
Helmut Schmidt (SPD) verschlägt es schon vor seiner Zeit als Kanzler in die Region. Als Wahlkämpfer und „Superminister“ für Wirtschaft und Finanzen spricht der Sozialdemokrat 1972 vor 2700 Zuhörern in der Heilbronner Harmonie.
Zwei Jahre später wird Schmidt der erste Kanzler einer sozialliberalen Koalition in Deutschland. Schmidt kehrt zwei Mal zurück, um der Region einen Besuch abzustatten. 1982 entzieht ihm der Bundestag durch ein Misstrauensvotum das Vertrauen.
Langzeit-Kanzler Helmut Kohl besucht die Region vier Mal
Schmidts Nachfolger Helmut Kohl (CDU) verschlägt es während seiner 16 Jahre dauernden Amtszeit von 1982 bis 1998 insgesamt vier Mal ins Unterland. Zum ersten Mal besucht der Pfälzer 1983 das Haus des Handwerks in Heilbronn und trägt sich bei dieser Gelegenheit ins Goldene Buch der Stadt ein.

1988 ist Kohl im Landtagswahlkampf als Redner in der Heilbronner Harmonie zu Gast. Sein Auftritt wird von Protesten begleitet, wie sich ein CDU-Mitglied in einem Internet-Kommentar erinnert. Kohl habe die Protestierenden „abgewatscht“ und auf die Abrüstungspolitik der Bundesregierung verwiesen, die sich auch in Heilbronn zeige: „Heilbronn war 1983 der erste Standort in Deutschland für die Stationierung der Pershing-II-Raketen, und in Heilbronn beginnt nun am 1. September 1988 bundesweit die Demontage.“
Bei seinem letzten Besuch in Heilbronn landete Helmut Kohl 1996 mit dem Hubschrauber auf der Theresienwiese. Anschließend ging es für den Kanzler der Einheit in die Harmonie, wo er vor 3000 Zuschauern sprach.
Express-Besuch in Heilbronn von Gerhard Schröder
„Keine Kundgebung, kein Wahlkampf – und dennoch der Kanzler in Heilbronn“, so beschreibt die Heilbronner Stimme treffend einen Besuch von Gerhard Schröder in der Region. Der Sozialdemokrat und Bundeskanzler von 1998 bis 2005 ist im Februar 2004 lediglich drei Stunden zu Besuch, auf Einladung der Agentur für Arbeit in Heilbronn.
Schröder landet mit dem Helikopter auf der Theresienwiese und bahnt sich den Weg in die Heilbronner Harmonie zu einem Empfang, den er um 14 Uhr wieder verlässt.
Angela Merkel kommt meist zum Wahlkampf vorbei
In 16 Jahren als Bundeskanzlerin hat es Angela Merkel (CDU) mehrere Male nach Heilbronn geschafft. Zum ersten Mal kommt die Christdemokratin 2010 zu Besuch und nimmt im Intersport-Messezentrum in den Böllinger Höfen an einer von sieben Regionalkonferenzen ihrer Partei teil.
2013 wirbt Merkel beim CDU-Landesverband Baden-Württemberg um Stimmen für die Bundestagswahl. Wie unsere Redaktion dokumentiert, hält sie eine 40-minütige Mutmacherrede: „Keine herausragende, aber eine solide, die die Delegierten im Saal mitreißt. Die Parteibasis soll wissen, wie wichtig gerade das gute Abschneiden der Südwest-CDU ist.“

Gleich zwei Mal stattet die erste Kanzlerin der Bundesrepublik der Region einen Besuch 2017 ab. Im Januar wohnt Merkel der CDU-Klausur im Kloster Schöntal bei – die Stippvisite soll nur etwa drei Stunden dauern.
Ganz anders im August, als die CDU-Politikerin auf dem Kiliansplatz spricht: Rund 7000 Menschen drängen sich dicht an dicht und empfangen Merkel mit Plakaten und Transparenten. Die Kanzlerin hält eine „kämpferische, aber in weiten Teilen allgemein gehaltene Rede“, wie unsere Redaktion festhält und zieht nach einer Dreiviertelstunde weiter.
Zum letzten Mal ist Angela Merkel 2019 in der Region zu Gast, als sie in Sinsheim mit Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) die Klimaarena eröffnet.

Olaf Scholz stellt sich mehrmals bei Stimme-Wahlchecks
Nach der Bundestagswahl 2021 heißen die Sieger SPD und Olaf Scholz. Der Hanseat wird zum neunten Kanzler der Bundesrepublik ernannt und bildet erstmals eine Ampel-Koalition mit Grünen und FDP.
Bereits zuvor ist Scholz als Finanzminister und Wahlkämpfer in Heilbronn beim Wahlcheck der Heilbronner Stimme zu Gast. 2017, 2019 und 2023 stellt er sich unter der Pyramide der Kreissparkasse Heilbronn den Fragen von Chefredakteur Uwe Ralf Heer.

2023 machen Scholz’ Aussagen in Heilbronn bundesweite Schlagzeilen, als er für ein radikales Umdenken beim Wohnungsbau wirbt. „Wir brauchen wahrscheinlich 20 neue Stadtteile in den meistgefragten Städten und Regionen – so wie in den Siebzigerjahren“, sagt der Kanzler und betont, dass auch das Bauen auf der grünen Wiese wieder notwendig sei.
Sein jüngster und letzter Besuch in der Region führt Scholz im Oktober 2024 nach Künzelsau, wo er die Festrede zum 75-jährigen Arbeitsjubiläum von Reinhold Würth hält.
Friedrich Merz beim Ipai-Spatenstich zu Gast in der Region
Nach dem Bruch der Ampel-Koalition im vergangenen Jahr musste im Frühjahr 2025 neu gewählt werden. Seitdem heißt der Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) und eine große Koalition regiert wieder das Land.
Als amtierender Bundeskanzler war Friedrich Merz bisher nicht in der Region zu Gast, der Besuch beim Spatenstich für den Ipai ist sein Debut als Amtsinhaber.

Zuvor ist Friedrich Merz mehrere Male als Wahlkämpfer im Unterland unterwegs. 2021 zum Beispiel, als Merz im Food Court und bei einem Pressegespräch für sich als Parteivorsitzenden und eine Neuausrichtung der CDU wirbt.
2025 kehrt Merz dann im Wahlkampf zurück und fordert im Carmen-Würth-Forum eine deutlich verschärfte Migrationspolitik. Im Exklusiv-Interview mit unserer Redaktion kündigt Merz an dieser Stelle auch den umstrittenen Bundestags-Antrag zur Migrationspolitik an, der in der Folgewoche mit Stimmen der AfD verabschiedet wird.


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