Zur Not ohne Rom
Wenn der Vatikan nicht zu Reformen bereit ist, sollte die deutsche Kirche einen Sonderweg gehen, meint unser Autor.
Missbrauchsfälle ohne Ende, Lügengebäude bis hinauf zum emeritierten Papst und nun auch noch das Outing von 125 kirchlichen Mitarbeitern, die in aller Öffentlichkeit von Diskriminierung, Leid, Zerrissenheit berichten, weil ihre sexuelle Orientierung nicht der Moral ihrer Kirche entspricht. Jeder aufrechte Katholik würde spätestens jetzt am liebsten im Erdboden versinken. Etliche werden einfach austreten. Außenstehende sehen sich einmal mehr in ihrer kritischen Haltung bestätigt.
Leider vergisst man an Tagen wie diesen, dass die Kirche viel, viel mehr ist. Was sie, ihre sozialen Organisationen und viele engagierte Gläubige für unsere Gesellschaft leisten, ist wahrhaft christlich: in Kitas und Schulen, von Kliniken bis in Seniorenheime, bei der Integration von Migranten. Hier, aber auch in vielen Gottesdiensten und im Gemeinde-Alltag weht ein anderer Geist, auch unter Theologen und, ja, auch unter deutschen Bischöfen.
Man kann nur hoffen, dass sich die vielen Aufrechten nicht entmutigen lassen, dass maßgebliche Köpfe weiter auf Reformen pochen, dass auch Rom erkennt, welchen Schaden Selbstherrlichkeit, überkommene Strukturen und weltfremde Normen anrichten: in der Kirche, an Menschen, an der christlichen Botschaft. Wenn sich die alten Männer im Vatikan weiter der Wirklichkeit verschließen, hilft nur dies: Los von Rom! Mutige deutsche Christen haben schon vor über 500 Jahren gezeigt, wie Reformation geht.
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