Was meint Scholz mit seiner Aussage zur Ausweisung neuer Baugebiete?
Der Kanzler hat in Heilbronn für Verwirrung gesorgt. Mit seiner Forderung nach neuen Wohnbauflächen konterkariert er scheinbar den Koalitionsvetrag und widerspricht den Prinzipien moderner Städteplanung. Er sollte sich rasch erklären, meint unsere Autorin.

Wenn Bundeskanzler Olaf Scholz wirklich das meint, was er beim Stimme-Wahlcheck zur Ausweisung neuer Baugebiete gesagt hat, ist das nicht nur ein Rückfall in die Politik der 1970er Jahre, auf die er selbst Bezug genommen hat. Es ist auch ein Affront gegen die Ampelregierung, seine Bauministerin und die Landesregierungen - und widerspricht modernen internationalen Konzepten der Städteplanung. Deren oberstes Paradigma lautet: Nach- und Innenverdichtung mit Verstand statt Ausweisung neuer Flächen.
In Einzelfällen kann die Ergänzung neuer Quartiere sinnvoll sein, aber das muss intelligent gemacht sein
Das heißt zum Beispiel: multifunktional bauen, bestehende Gebäude aufstocken, Industriebrachen oder leerstehende Kaufhäuser zu Wohn- und Geschäftshäusern umwidmen. Es kann in Einzelfällen auch bedeuten, dass bestehende Baugebiete intelligent arrondiert werden, etwa um Geschossbauten mit kleinen Wohnungen, in die ältere Menschen umziehen, um jungen Familien Platz zu machen.
So können im besten Fall neue Quartiere entstehen - dicht bebaut, durchmischt, möglichst naturnah gestaltet und gut an den ÖPNV angebunden. In dieser Form machen Neubauten Sinn, sie sind möglicherweise sogar wertvoller für die Biodiversität als brachliegende Flächen oder Monokulturen. Olaf Scholz sollte rasch erklären, was er wirklich gemeint hat.