Die Schattenseiten der Ökonomisierung der Medizin
Die Knappheit bei Arzneimitteln führt uns deutlich vor Augen, dass wir unsere Abhängigkeit von China und Indien beenden müssen, meint unsere Autorin.
Viele Jahrzehnte lang hat Deutschland auf Kosten anderer Länder seinen Wohlstand auf- und ausgebaut. Dieses System bröckelt inzwischen an immer mehr Stellen. Beim billigen Gas aus Russland haben wir die Erfahrung bereits schmerzvoll gemacht, jetzt zeigen sich die Effekte auf dem Markt für Medikamente: Weil die Produktion von Grundstoffen für Arzneimittel in Länder mit niedrigem Lohnniveau und geringeren Sicherheitsanforderungen ausgelagert wurde, konnte Deutschland bestimmte Medikamente zu Tiefstpreisen einkaufen und günstig abgeben. Doch das wird nicht so weitergehen.
Schwellenländer wie China und Indien haben beim Lebensstandard aufgeholt und produzieren immer mehr für die eigene Bevölkerung − Europa schaut in die Röhre. Die Europäer und allen voran die Deutschen müssen schleunigst verstehen, dass sie umdenken und auch in diesem Bereich unabhängiger werden müssen, auch wenn das seinen Preis hat: Bestimmte breit erhältliche Medikamente wie Schmerzmittel dürften deutlich teurer werden, wenn Wirkstoffe unter den Bedingungen des europäischen Arbeitsmarktes produziert werden. Doch das ist nur gerecht − und es ist nötig: Ein moderner Industriestaat wie Deutschland braucht einen störungsfrei funktionierenden Arzneimittelmarkt.