Der Telenotarzt sollte schneller kommen
Die Bayern haben gute Erfahrungen mit dem System gesammelt. Warum Baden-Württemberg trotzdem eigene Pilotprojekte braucht, ist unverständlich, findet unsere Autorin.
Eigentlich sollen Retter in 95 Prozent der Notfalleinsätze in spätestens 15 Minuten beim Patienten sein, das besagt die sogenannte Hilfsfrist. Doch die Vorgabe wurde im vergangenen Jahr fast nie eingehalten. Der Grund: Während die Einsatzzahlen der Rettungsdienste kontinuierlich steigen, gibt es immer weniger Personal, auch bei Notärzten herrscht längst ein Mangel.
Das Telenotarztsystem kann Abhilfe schaffen. Zeit und Ressourcen werden gespart, wenn unnötige Fahrten vermieden werden und der Arzt am Bildschirm sitzt, statt weite Strecken im Auto zurückzulegen − das hat das Pilotprojekt im Landkreis Straubing gezeigt. Obendrein profitiert der Patient, denn die "Zugriffszeiten" zum Einsatzort, wie das im Fachjargon heißt, haben sich insgesamt verkürzt. Aufgrund dieser Erfahrungen soll das System im Freistaat flächendeckend kommen.
Sind die Erfahrungswerte aus Bayern nicht ausreichend? Ist der Handlungsdruck hierzulande noch nicht groß genug? Oder sind es die Kosten für moderne Geräteausstattung und Vernetzung und eine allgemeine Skepsis gegenüber digitalen Anwendungen in der Medizin, die eine schnellere Umsetzung verhindern? Es ist unverständlich, warum man in Baden-Württemberg eigene Pilotprojekte aufsetzt, statt sich auf die Expertise der Kollegen zu verlassen und schnell nachzuziehen.