Hohes AfD-Ergebnis bei Europawahl: Ein Schock mit Ansage
Dass die AfD ein starkes Ergebnis bei der Europawahl holen würde, war für jeden absehbar. Jetzt fangen die Probleme in den europäischen Gremien erst an, warnt unser Autor.
Da ist es also: Das Wahlergebnis, das alle erwartet haben und das trotzdem eine Katastrophe ist. Die AfD ist bei der Europawahl zweitstärkste Kraft geworden (lesen Sie hier, wie die Partei in den einzelnen Landkreises in Baden-Württemberg abschnitt). Die Bundesrepublik wird damit 15 Abgeordnete einer in weiten Teilen rechtsextremen Partei nach Brüssel und Straßburg entsenden, mehr als von den Regierungsparteien SPD, Grüne und FDP. Bei den jungen Wählern war die AfD ebenfalls zweitstärkste Kraft, in den östlichen Bundesländern war sie mit Abstand vorne (Verfolgen Sie hier alle Entwicklungen im Live-Blog).
AfD-Ergebnis der Europawahl: Viele wollten der Ampel-Koalition einen Denkzettel verpassen
Der Schock kam mit Ansage: Eine allgemeine Unzufriedenheit mit der Ampel-Koalition, immer höhere Lebenshaltungskosten, Probleme bei der Migration und Integration, eine ungewisse wirtschaftliche Situation und ein vor allem auf Streit basierender politischer Diskurs dürften ihren Teil dazu beigetragen haben. Da kam die Wahl als Gelegenheit, der Bundesregierung einen Denkzettel zu verpassen, vielen Menschen gerade recht.
Das kann trotzdem keine Entschuldigung sein. Die AfD ist keine Alternative zu demokratischen Parteien. Ihr einziger Antrieb sind Rassismus, Menschenhass und die Lust an der Zerstörung des pluralistischen Systems. Und zur Wahrheit gehört: Viele AfD-Unterstützer sind keine Protestwähler, sondern wollen vor allem einen möglichst repressiven Umgang mit Flüchtlingen und Migranten, ungeachtet demokratischer (Menschen-)Rechte.
AfD wird Klimaschutz und eine stärkere EU-Integration blockieren
Die Probleme fangen jetzt erst an. Niemand sollte sich der Illusion hingeben, dass die AfD wegen der Skandale um ihre Spitzenpolitiker Maximilian Krah und Petr Bystron als isolierte Außenseiterin im Europaparlament dasteht. Die europäischen Rechten werden sich organisieren und sie werden gemeinsam alles in ihrer Macht stehende unternehmen, um die EU-Politik zu sabotieren - mal subtil, mal offensichtlich.
Sie werden sich gegen Klimaschutz und den Green Deal stemmen, gegen eine stärkere Integration der EU-Staaten, gegen die Unterstützung der Ukraine und gegen die Finanzierung europäischer Projekte. Die EU, ohnehin ein schwerfälliges Gebilde, wird dadurch noch stärker gelähmt.
Die entscheidende Frage wird sein, wie eine womöglich wieder ernannte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen damit umgehen wird. Widersteht sie der Versuchung, in Sachfragen mit den Rechtsextremen zusammenzuarbeiten, wie es vielfach gefordert wird? Oder wird sie sich entschieden gegen den Einfluss der Rechten stellen? Ihre Signale im Wahlkampf in Richtung der Euroskeptiker und Rechtspopulisten von der EKR-Fraktion lassen für die europäische Zukunft nichts Gutes vermuten.