Adelshofen misst täglich den Regen
Bauingenieur misst in Adelshofen seit zehn Jahren täglich die Regenmenge. Die ermittelten Daten lassen auf einen Rückgang der Niederschläge im Kraichgau schließen. Was man sonst noch alles aus den Regendaten ablesen kann.

Ein grünes Plastikröhrchen mit Messskala verrichtet im Garten von Helmut Hilbert seinen Dienst. Der Adelshofener misst damit jeden Tag die Niederschlagsmenge, und das nun schon seit mehr als zehn Jahren. Auf diese Weise entstanden inzwischen imposante Zahlenreihen, die der Bauingenieur im Ruhestand gerne auswertet. "Früher waren im Kraichgau jährliche Niederschlagsmengen zwischen 700 und 750 Liter pro Quadratmeter normal", weiß der 69-Jährige. Inzwischen seien solche Werte immer seltener. Das letzte Jahr, in dem der Wert von 750 Litern überschritten wurde, war laut Hilberts Messungen das Jahr 2016. Damals summierte sich der Regen auf 813 Liter.
Wie sich das regenreiche Jahr 2016 ins Gedächtnis eingebrannt hat
Dass es 2016 viel regnete, dürfte vielen Bürgern aus einem bestimmten Grund im Gedächtnis sein: In Eppingen und andernorts kam es zu lokalen Überschwemmungen. In Eppingen wurde beispielsweise die Talstraße überflutet, Keller und Garagen standen unter Wasser, ein Mensch konnte in letzter Sekunde vor dem Ertrinken gerettet werden.
Dass 2018 mit nur 493 Litern dagegen ein extrem trockenes Jahr folgte, passt zu dem Befund, dass die Wetterschwankungen in Folge der Klimaveränderung immer extremer ausfallen. Am 13. Juli 2021 ergossen sich in Adelshofen 52 Liter auf den Quadratmeter. Im benachbarten Eppingen geriet das Gelände der Gartenschau unter Wasser. Mit seinem besonderen Hobby angefangen hat Helmut Hilbert im Sommer 2011. Inspiriert wurde er durch die monatliche Übersicht über Wetterdaten in der Region Eppingen, die damals in der Kraichgau-Stimme erschien. "Ich ging zu Raiffeisen und kaufte mir für 2,50 Euro einen Messbecher." Der versieht heute noch klaglos seinen Dienst. Platziert ist das Gerät direkt neben dem Komposthaufen im Garten.
Welche Ausreißer den Zahlenkolonnen zu entnehmen sind
Hilbert misst hauptsächlich den täglichen Niederschlag, sofern es geregnet hat. Daneben hält er auch Temperatur--Auffälligkeiten in einer Kladde fest. Dazu zählen Frosttage und -nächte sowie "Hitze-Ausreißer", wie Hilbert besonders heiße Perioden nennt.
Das vergangene Jahr sei jedenfalls zu trocken gewesen. Das ist auch in Hilberts Wetteraufzeichnungen nachzuvollziehen. Beispiel Juli: Während des gesamten Monats regnete es in Adelshofen nur dreimal: Am 1. Juli 9,5 Liter, am 7. Juli 0,5 Liter und am 20. Juli zehn Liter. Macht insgesamt nur 20 Liter. Der nächste Niederschlag folgte dann erst wieder am 20. August, nämlich 1,5 Liter. "Im gesamten August blieb es bei 16,5 Litern", so der Hobby-Meteorologe.
Warum Hilbert eine Tendenz für gefährlich hält
Die Tendenz, dass die Niederschläge immer geringer werden, hält Hilbert vor allem für die Wälder für problematisch. "Weil der Grundwasserspiegel auch in den Wintermonaten nicht ausreichend aufgefüllt wird." Für dieses Jahr erwartet er in Summe 635 Liter. "Weit entfernt von den 700 bis 750 Litern, die früher hier normal waren", konstatiert der Adelshofener. Es gebe fast keinen Landregen mehr, so der 1953 in Paderborn Geborene.
Mit seinen Wetterdaten geht der Wanderfreund nicht hausieren. Allerdings gibt es den ein oder anderen, der sich dafür interessiert. So etwa sein Adelshofener Dorfmitbewohner Martin Rüter. Der lässt sich als Leiter des Forstamts im Landkreis Heilbronn gerne die Tabellen zuschicken. Hier und da haben Hilberts Niederschlagszahlen auch schon bei Eppinger Gemeinderatssitzungen zum Thema Stadtwald eine Rolle gespielt. Und noch eine Adressatin gibt es: Hilberts Ehefrau Elisabeth, Vorsitzende des Vereins Jüdisches Leben Kraichgau. "Bevor sie Führungen hat, fragt sie mich gerne nach dem Wetter."
Auf welchen Feldern sich Helmut Hilbert engagiert
Seit 2019 ist Helmut Hilbert nun im Ruhestand. Von den Wetterbedingungen überzeugt er sich regelmäßig: im Rahmen langer Wanderungen, die gerne auch mal 20 Kilometer lang sein dürfen. Als Wanderwart betreut er 30 Kilometer Wegenetz ehrenamtlich. Hilbert ist Mitglied im BUND Eppingen sowie im Odenwald-Klub. Außerdem engagiert er sich ehrenamtlich für die Pflege der Grünanlagen der Evangelischen Kirchengemeinde. Als ehemaliger Helfer der Gartenschau fühlt er sich nach wie vor mit dem Grünprojekt verbunden.



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