"Ganzes Lebenswerk dahin": Landwirt spricht über Scheunenbrand in Forchtenberg-Ernsbach
Am 29. Juli übergibt Landwirt Klaus Kochner für kurze Zeit seinem Neffen den Hof. Ein verheerender Fehler, den er wohl sein Leben lang bereuen wird.
Eine schwarze Katze schleicht über den Hof, ihre Pfoten hinterlassen Abdrücke im verkohlten Heu, das feucht vom Regen auf dem Asphalt klebt. Hinter ihr legt sich der graue Schleier des Dezemberwetters wie ein Schatten über die Überreste der Scheune, in der zahlreiche Tiere qualvoll verendet sind.
Das Skelett der Scheune ist ein Anblick, der den Landwirt Klaus Kochner jeden Tag an die Katastrophe vom 29. Juli erinnert. „Mein ganzes Lebenswerk ist dahin“, sagt der 61-Jährige mit gebrochener Stimme.
Scheunenbrand in Ernsbach: 200 Heuballen fingen Feuer
Kurz sei er an dem Tag weg gewesen, um nach seinem kranken Fohlen in Tauberbischofsheim zu sehen. Die Verantwortung für den Hof hatte währenddessen sein 20-jähriger Neffe übernommen. Neben seiner Arbeit als Metzgereiverkäufer habe der seinem Onkel oft und gerne bei der Arbeit auf dem Hof geholfen.
„Bis heute kann ich nicht verstehen, warum er unbedingt diese kleinen Risse am Kreiselschwader schweißen musste“, sagt Kochner kopfschüttelnd. Der Traktor mit der Maschine stand vor der hölzernen Scheune, in der sich zu diesem Zeitpunkt 14 Bullen und Rinder befanden. Daneben lagerten 200 Heuballen – ein explosiver Brandherd. Kochner deutet mit dem Finger auf die verkohlten Überreste. „Wahrscheinlich sind die Funken vom Schweißgerät zuerst auf das Heu übergesprungen.“
"Er würde mir so etwas nie antun" – Landwirt über den Verursacher vom Scheunenbrand bei Forchtenberg
Monatelang ermittelten Staatsanwaltschaft und Polizei. Gegen Kochners Neffen. Die Frage: War es vorsätzlich oder fahrlässig? Auf Anfrage der Hohenloher Zeitung bestätigt Harald Lustig von der Staatsanwaltschaft nun den Abschluss der Ermittlungen. Das Ergebnis: fahrlässige Brandstiftung. „Es war völliger Schwachsinn, ihn zu beschuldigen. Er würde mir so etwas nie antun. Wir haben ein gutes Verhältnis“, sagt Kochner entschieden. Vor allem seit 2008 sei das so. Damals sei der Vater seines Neffen nur 100 Meter vom Hof entfernt bei einem tragischen Autounfall ums Leben gekommen.
Trotz des guten Verhältnisses zu seinem Neffen besuchte er ihn erst nach drei oder vier Wochen im Krankenhaus. „Es war keine Wut, sondern eine Mischung aus Leere und Schock. Ich musste das alles erst einmal verarbeiten“, erklärt er. Als er seinen Neffen im Krankenhaus sah, habe dieser geweint und sich immer wieder entschuldigt. Neben den körperlichen Verletzungen plagten den 20-Jährigen starke Schuldgefühle. „Er hat mir erzählt, dass er in einem Alptraum alles noch einmal durchlebt hat.“ Mittlerweile habe sich sein mentaler Zustand stabilisiert, und auch körperlich gehe es ihm besser. Der Arm sei verheilt, doch am Fuß habe er noch eine offene Wunde.
Was ist an dem Tag der Katastrophe im Juli 2024 in Ernsbach genau passiert?
Am Tag des Brandes erhielt Landwirt Klaus Kochner zunächst einen Anruf von einem Bekannten, später von der Polizei. „Klaus, der Hof brennt!“, erinnert er sich an die alarmierenden Worte. Als er den Hof erreichte, seien Verwandte, Bekannte, Feuerwehr und Polizei bereits vor Ort gewesen. Seinen Neffen habe er nicht mehr sehen können – der sei mit Verletzungen sofort ins Krankenhaus gebracht worden. „Dank meiner Leute haben Pferde und Kälber überlebt“, ist Kochner dankbar. Die zwei Pferde und vier Kälber waren in einem separaten Stall. Das Feuer hatte sich dort bereits bis zur Dachrinne vorgearbeitet, doch die Helfer konnten es löschen.
„Ich kam eigentlich erst, als nichts mehr zu retten war“, sagt Kochner. „Zu sehen, wie die toten Tiere aus den Trümmern geholt wurden, war grausam.“ Verwandte hätten ihm später erzählt, dass die Kühe im Feuer nicht geschrien hätten, sondern vermutlich durch den dichten Rauch erstickt seien, ehe die Flammen sie erreichten. Die Pferde sind mittlerweile wieder bei ihm. Die Kälber, noch bei Verwandten untergebracht, erwartet er nächste Woche zurück. Wie es weitergeht? Klaus Kochner weiß es nicht. „Ich hänge komplett in der Luft.“
Weitere Details zum Tag des Brandes.
Schaden vom Scheunenbrand in Ernsbach beläuft sich auf fast eine halbe Million Euro
Laut Staatsanwaltschaft Heilbronn beläuft sich der Schaden auf dem Hof auf fast eine halbe Million Euro. „Es wird vermutlich als Fremdverschulden angesehen. Dafür haftet meine Versicherung nicht. Mein ganzes Leben hätte ich dann umsonst für einen Schutz gezahlt“, sagt Klaus Kochner.
Ihn belastet nicht nur die Unsicherheit. Die Tierschutzorganisationen Peta und Animal Rights Watch haben Anzeige gegen ihn erstattet. Welche rechtlichen Konsequenzen das für ihn haben könnte, ist unklar. „Man muss abwarten.“ Kochner, der keine Kinder hat, lebt mit seiner Freundin auf dem Hof in einem Haus nahe der Scheune.