Was in Öhringen gegen Thilo Michler sprach – und jetzt auf Patrick Wegener zukommt
Eine Woche nach dem überraschend deutlichen Ergebnis ist die Oberbürgermeister-Wahl immer noch Gesprächsthema. Was die Abstimmung in Öhringen gezeigt hat – und was jetzt auf den neu gewählten OB zukommt.
Das Gespräch mit Öhringens Noch-OB Thilo Michler zu dessen dritter Kandidatur in der Großen Kreisstadt ist erst einen Monat her. Doch gefühlt liegen Welten zwischen jenem Sommermorgen in seinem Büro mit den dunklen Möbeln und dem Hofgartenblick und den Tagen nach diesem 13. Juli.
Wie unvorhersehbar Wahlen sein können, das war eines der Themen an diesem Morgen. Wie unerwartet die grüne Landtagsabgeordnete Catherine Kern von ihrem jüngeren Fraktionskollegen im Gemeinderat Mario Dietel von der Kandidatenliste für die Landtagswahl verdrängt wurde. Wie der jüngere Tim Breitkreuz bei der CDU für dieselbe Wahl an dem älteren Joachim Scholz vorbei zog.
Oder wie für Außenstehende unvorhersehbar wie, wie die Bürgermeister von Pfedelbach und Neuenstein, Torsten Kunkel und Karl Michael Nicklass, bei der Landratswahl abschneiden würden. Wie man also nie sicher sein kann, wie eine Wahl ausgeht. Und wie man nie weiß, wie Selbst- und Fremdwahrnehmung übereinstimmen – oder auch nicht.
Diese Kritik gab es am abgewählten Öhringer OB Thilo Michler
Die Fenster des Schlosses hin zum Marktplatz stehen am Tag nach der OB-Wahl weit offen. „Frischer Wind fürs Rathaus“ titeln einige Instagram-Nutzer. Vielleicht ist die Atmosphäre im Schloss an diesem Tag auch ein wenig eisig. Man weiß es nicht. Thilo Michler wolle nicht mehr mit den Medien reden, erklärt seine Sprecherin Monika Pfau. Dabei sind nicht die Medien Schuld an Michlers Wahldebakel, das in Öhringen einem Paukenschlag gleichkam.
Womöglich hätte es stattdessen schon viel früher mahnende Worte von vermeintlich guten Freunden gebraucht, statt die Lage zu beschwichtigen. Denn exakt die Themen, mit denen Herausforderer Patrick Wegener bei seinen Wählern punktete, sind jene, welche die Kritiker – leider oft nur hinter vorgehaltener Hand – Thilo Michler in den vergangenen acht Jahren angekreidet haben.
Akzente setzten, statt Themen abarbeiten. Mitstreiter für Visionen suchen, statt auf drängendere Pflichtaufgaben zu verweisen. Um stabile Mehrheiten ringen, statt zukunftsweisende Beschlüsse von nicht gut vorbereiteten Schnellschüssen abhängig zu machen und sich in mehreren knappen Abstimmungsrunden mit ungewissem Ausgang im Gemeinderat zu verlieren. Menschen mitnehmen und für Ideen begeistern, statt mit Schulterzucken und einem „Es isch, wie´s isch“, abzutun.
Erwartungen an frischgewählten Öhringer OB Patrick Wegener sind groß
Im Umkehrschluss heißt das aber auch: Bei den wichtigen Zukunftsthemen werden die Augen der Öhringer auf den deutlichen Sieger Patrick Wegener gerichtet sein, als da wären: lebendige Innenstadt, Konzepte für Wohnen und Arbeiten in der Stadt, für Lebensqualität in den Gassen und den Wohnquartieren, für einen guten Branchenmix in den Gewerbegebieten und kluge Ideen für die Mobilität in zehn Jahren sowie die Weiterentwicklung des Areals rund um den Bahnhof.Die erste Bewährungsprobe wird sein, wenn im Herbst der Gemeinderat erneut über den verkehrsberuhigten Marktplatz verhandelt. Auch werden viele sicher genau beobachten, wie sich die Kommunikation im Rathaus und im Gemeinderat verändern wird. Die Wähler erwarten eine Aufbruchstimmung und Zeichen für ein modernes Öhringen. Kein Weiter so.
OB-Wahl in Öhringen als Beispiel: Politiker müssen auf alles gefasst sein
An jenem Morgen vor vier Wochen hieß es im Büro des OB auch, dass man als Wahlpolitiker mit jedem Ergebnis rechnen muss – auch wenn es im Einzelfall hart ist. Thilo Michler hat es selbst so gesagt nicht ahnend, dass es für ihn Realität werden könnte. Er darf sich daran erinnern. Auch daran, dass immer auch Mut dazugehört, sich den Wählern zu stellen – zumal er die dritte Amtszeit allein mit Blick auf seine längst erreichten Pensionsansprüche gar nicht mehr hätte anstreben müssen, und dass es Demokratie im besten Sinne ist, wenn Menschen unterschiedlicher Meinung sind.
Und dann darf er sich an die Dinge erinnern, die ihm seit 2009 in Öhringen Freude bereitet haben: Die Sitzungen mit Architekten, die Tagungen der Preisgerichte, die Einweihungen von Kitas und Schulen, die Freigaben von Straßen. Um 2026 mit Familie und Freunden zehn Jahre Laga mitfeiern.