Wie sicher ist der 200-Millionen-Euro-Netzbooster wirklich?
Mittlerweile ist das Brandschutzkonzept des beim Kupferzeller Umspannwerk geplanten Pilotprojekts fertiggestellt. Gegenüber unserer Redaktion äußert sich TransnetBW zu Fragen, die nicht nur den Kritikern unter den Nägeln brennen.

Seit vor dreieinhalb Jahren die ersten Pläne zum Bau der Kupferzeller Riesenbatterie bekannt wurden, spielen Sicherheitsbedenken in der öffentlichen Debatte eine zentrale Rolle. Projektierer TransnetBW hatte solche Sorgen immer wieder mit dem Verweis auf ein ausgefeiltes Brandschutz- und Sicherheitskonzept gekontert. Doch wie die Pläne, die im Ernstfall eine Katastrophe verhindern sollen, im Detail tatsächlich gestaltet sind: Dies war einer breiteren Öffentlichkeit bislang lediglich schlagwortartig bekannt.
Nun indes liegen die Unterlagen des Planfeststellungsverfahrens vor - und der Netzbetreiber hat in einem Pressegespräch mit der Redaktion erstmals vertieft Auskunft über Brand- und Katastrophenschutz im Zusammenhang mit dem 200-Millionen-Euro-Pilotprojekt gegeben.
Wie groß sind die Risken?
Während die Gefahr einer Explosion vom zuständigen Projektleiter Severin Mosek unter Verweis auf generelle Konzeption, Akku-Technik und Experten-Urteile weiterhin kategorisch ausgeschlossen wird, ist das Szenario eines Brandes real - wie nicht zuletzt das Feuer in einem Tesla-Batteriespeicher vor zwei Jahren in Australien verdeutlichte. Mittlerweile hat der Projektierer besagtes Brandschutzkonzept vorgelegt, das nunmehr auch mit Kreisbrandmeister Torsten Rönisch abgestimmt worden ist und sich in die zwei Ebenen "Vorbeugend" und "Abwehrend" gliedert.
Hierfür wurden laut eigenen Angaben auch Experten vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) sowie weitere externe Dienstleister hinzugezogen - die allerdings weder in den veröffentlichten Planunterlagen noch auf Nachfrage der Redaktion namentlich genannt werden.
Wie wichtig ein gutes Schutzkonzept ist
Wie das Feuer in der Tesla-Anlage das Kupferzeller Vorhaben beeinflusst hat? "Der Vorfall hat uns nochmals sehr deutlich vor Augen geführt, wie wichtig es ist, dass wir ein gutes Schutzkonzept sowie den gewählten Batterie-Typ haben - und mit der Löschanlage über den geforderten Standard sogar hinausgehen", betont Konzernsprecherin Claudia Halici. Außerdem habe die Tesla-Anlage nach ihren Informationen keinen Lithium-Eisenphosphat-Akku verbaut gehabt.
Um die Wahrscheinlichkeit zu begrenzen, dass besagte Löschanlage irgendwann tatsächlich Dienst tun muss, seien - wie Severin Mosek erklärt - in der technischen Konzeption mehrere Präventionselemente berücksichtigt: Das beginne bei der dezentralen Modul-Bauweise mit einzelnen Containern sowie separierten Brandabschnitten und setze sich auf der Ebene der Akkuzellen mit mehreren Schutzstufen fort.
Hightech soll es richten
Klar ist aber: Es kann passieren, dass sich eine einzelne Batteriezelle überhitzt und Feuer fängt. Doch auch dann sei ein Übergreifen auf die benachbarten Elemente unwahrscheinlich. Dennoch spielt die sogenannte Hochdruckwassernebel-Löschanlage eine zentrale Rolle im Schutzkonzept: Im Fall eines Feuers in einem der Container registrieren "hochsensible Sensoren" das Ereignis und setzen den Wassernebel in Gang.
Die Aufgabe jener aufwendigen Technik besteht jedoch gar nicht primär im Löschen des Brands selbst. Sondern: Erstens soll gekühlt und so weiteres Unheil verhindert werden. Und zweitens: Die freiwerdenden toxischen Gase, die laut Auskunft von Fachleuten beim direkten Einatmen menschliches Lungengewebe verätzen und in Verbindung mit Wasser zu Flusssäure - ein hochtoxisches Kontaktgift - reagieren, sollen damit gebunden und im Container zu Boden gebracht werden. Die Pumpen-Technik jener Löschanlage werde so gestaltet, dass mindestens zwei Stunden lang Flüssigkeit vorhanden sei.
Wohngebiete sind nur 300 Meter entfernt
Aber was passiert, wenn - wie bei Tesla - ein ganzer Container in Vollbrand geraten und die Sprinkler-Anlage nicht genügen sollte? Dieses Szenario hält Claudia Halici für ausgeschlossen: "Die Bevölkerung wird im Brandfall nicht durch giftige Gase gefährdet", versichert die Konzernvertreterin nach dem Gespräch noch per E-Mail. Die beschriebene "Rauchgaswäsche" sorge dafür. Dennoch: Wohngebiete sind lediglich knapp 300 Meter entfernt: Gibt es einen Evakuierungs-Plan? Bislang noch nicht, berichten die TransnetBW-Vertreter. Die Gefahr für die Bevölkerung sei als "gering" eingestuft worden. Möglicherweise werde ein solches Konzept aber in den noch zu erstellenden Feuerwehrplan integriert.
Apropos Feuerwehr: Zuletzt hatte Bürgermeister Christoph Spieles gefordert, dass TransnetBW eine materielle Aufrüstung der örtlichen Brandbekämpfer finanzieren solle. Was sagt man dort dazu? "Die Fachbehörden werden diesbezüglich gegebenenfalls Auflagen machen. Und wenn das dort steht, dann setzen wir das auch um", so Severin Mosek.
Schutz vor Hackern ist Geheimsache
Der Betrieb des Netzboosters läuft vollautomatisiert: Nur zur Wartung kommt menschliches Personal. Gesteuert werden die Abläufe der Anlage mittels Software. Damit besteht auch die Gefahr eines Hackerangriffs. Wie ist der Netzbetreiber darauf vorbereitet? "Als Betreiber kritischer lnfrastruktur ist das unser tägliches Geschäft", sagt Sprecherin Halici. "Aber was wir zur Abwehr konkret tun, darüber können wir öffentlich nicht sprechen."
Mehr Auskünfte gibt es vonseiten des Konzerns unterdessen zur Frage, unter welchen Umständen der Booster vom Netz genommen werden muss: Da im Brandfall für die Feuerwehrleute auf dem Gelände Lebensgefahr durch Starkstrom bestünde, muss die Anlage im Extremfall abgeschaltet werden. Und was passiert dann? "Die Versorgung bliebe gesichert, es würde nur weniger Strom transportiert", sagt Halici. Eine Verseuchung des Grundwassers durch chemisch kontaminierte Löschmittel sehen die TransnetBW-Vertreter als ausgeschlossen an: Das gesamte Areal soll versiegelt und das Löschwasser in einem Becken aufgefangen und abtransportiert werden.