Stimme+
Künzelsau
Hinzugefügt. Zur Merkliste Lesezeichen setzen

Von Nazi-Schätzen und anderen Schulgeheimnissen: 150 Jahre Schlossgymnasium Künzelsau

   | 
Lesezeit  3 Min
Erfolgreich kopiert!

Das Schlossgymnasium Künzelsau mit seinem Internat hat eine wechselhafte Geschichte. Zum 150-jährigen Bestehen wurde die Vergangenheit der Schule im Nationalsozialismus aufgearbeitet.

Schon vor 150 Jahren wurde im Schloss Bartenau unterrichtet und gelebt. Bis die Schule zum heutigen Schlossgymnasium wurde, war es ein langer Weg.
Schon vor 150 Jahren wurde im Schloss Bartenau unterrichtet und gelebt. Bis die Schule zum heutigen Schlossgymnasium wurde, war es ein langer Weg.  Foto: Archiv/Doll

Trappelnde Schritte schallen durch das markante Schloss Bartenau, das im Herzen Künzelsaus steht. Dann öffnet sich eine alte Tür im Innenhof, heraus kommen zahlreiche junge Menschen, die sich gut gelaunt unterhalten. Sie kommen gerade vom Mittagessen und verteilen sich auf das großzügige Gelände des Schlossgymnasiums.

Während die einen die ersten frühlingshaften Sonnenstrahlen genießen, geht es für andere in den schuleigenen Fitnessraum, in eine der Musikstuben oder - für ein kleines Mittagschläfchen - ins eigene Zimmer. Seit 150 Jahren sieht der Alltag an der Schule so oder so ähnlich aus, denn so lange schon werden Generationen junger Menschen hier unterrichtet. Und da die Schule seit jeher ein Internat beherbergt, ist sie für viele Schüler auch ein Zuhause.

Das Schlossgymnasium im Nationalsozialismus

50 Jahre ist es her, dass die letzte Festschrift über das Schlossgymnasium erschienen ist. Auffällig an dem roten, 108 Seiten starken Buch: Der Geschichte der Schule während des Nationalsozialismus werden nur wenige Seiten gewidmet.


Mehr zum Thema

Zwei Jahre dauerte die fast drei Millionen Euro teure Renovierung des denkmalgeschützten Gebäudes am Semi.
Foto: Katrin Draskovits
Stimme+
Künzelsau
Hinzugefügt. Zur Merkliste Lesezeichen setzen

Zum ersten Mal ziehen Schulfremde aufs Internatsgelände in Künzelsau


In der neuen Festschrift, welche aktuelle und ehemalige Rektoren und Schüler gemeinsam recherchiert und verfasst haben, wird diesem dunklen Kapitel der Geschichte mehr Platz eingeräumt - ergänzt durch eine Ausstellung. "Vor allem wir als Schule sollten hier Haltung zeigen", findet Schulleiter Johannes Smolka.

Auch der Geschichte vor 1938 widmet sich die aktuelle Festschrift. Denn das Schlossgymnasium hat eine bewegte Historie. Gegründet wurde es am 10. Juli 1873 als Lehrerseminar - diesem Umstand verdankt die Schule bis heute den Spitznamen "Semi". 1934 wurde das Seminar geschlossen und 1939 von den Nationalsozialisten als Aufbauschule für Jungen wiedereröffnet, um nach dem Krieg erneut ein Seminar für Lehrer - und erstmals auch Lehrerinnen - zu werden.

Vom Lehrerseminar zum Aufbaugymnasium

Seit im Jahr 1950/51 das Aufbaugymnasium eingerichtet wurde, hat sich einiges auf dem Gelände getan: Sei es am Schulgebäude oder den neuen Wohnräumen. Bis heute verändert das "Semi" sein Gesicht. So wurde im vergangenen Jahr der "Personalbau" nach der Renovierung wiedereröffnet - neben Wohnräumen für die älteren Mädchen bietet dieser erstmals in der Geschichte der Schule auch Wohnungen für Schulfremde. Im vergangenen Monat wurde die Sporthalle nach drei Jahren Renovierungszeit eingeweiht. Insgesamt zwölf Millionen Euro investierte das Amt für Vermögen und Bau in den vergangenen Jahren in den landeseigenen Schulstandort. Als nächstes steht der Musikpavillon auf dem Plan, wo der reguläre Musikunterricht stattfindet.

1946 kam der erste Abiturientenjahrgang nach dem Krieg zur Lehrerausbildung nach Künzelsau − erstmals waren auch Frauen dabei.
1946 kam der erste Abiturientenjahrgang nach dem Krieg zur Lehrerausbildung nach Künzelsau − erstmals waren auch Frauen dabei.  Foto: privat

Mehrere Schulleiter haben dem Semi in den 150 Jahren ihren Stempel aufgedrückt - und nicht nur an den Gebäuden einiges verändert. Sei es die Einführung der Klasse 11c, die sich als Realschul-Aufbauzug als Erfolgsmodell zeigte, oder die Einrichtung des erfolgreichen Sportprofils im Jahr 1989, dessen Erfolg sich auch darin zeigt, dass sich die Schule seit 2022 Partnerschule der Olympiastützpunkte nennen darf.

Das familiäre Wesen des Internats

Was allerdings bei all den Veränderungen gleich blieb, ist das familiäre Wesen des Internats, wie Lehrer Steffen Deibel, der das Programm im Jubiläumsjahr koordiniert, bestätigt: "Es haben sich wirklich viele ehemalige Jahrgänge, zum Teil aus den 50ern, zum Festakt angemeldet. Das zeigt, wie wichtig diese Schule den Schülern ist." Neben dem Festakt wird es rund um das Jubiläum ein Begleitprogramm geben, das von Ausstellungen über Vorträge bis zu Führungen reicht. "Wir haben hier viele Kellergänge, die die einzelnen Gebäude verbinden, das ist wirklich spannend", verspricht Rektor Smolka.

Die Gerüchteküche über den Nazi-Schatz

Was auch seit Jahrzehnten geblieben ist: die Gerüchte. "Ja, der Reichsadler, der früher im Torbogen hing, ist immer noch auf dem Dachboden", berichtet Smolka. Und das Zimmer, in dem angeblich von zwei Schülern 1945 Nazi-Devotionalien eingemauert wurden? "Nun, auch das Gerücht hält sich hartnäckig", sagt Smolka mit einem Lächeln. "Wir waren mit den Handwerkern im ganzen Gebäude", verrät er. "Aber es sind so viele Hohlräume hier, dass wir nicht alle aufbrechen können." Und so haben auch die nächsten Semi-Generationen noch Grund zum Spekulieren, wo sich der Nazischatz wohl befindet.

Veranstaltungen zu "150 Jahre Schlossgymnasium"

Anlässlich des Jubiläums hat die Fachschaft Geschichte mit Unterstützung des Stadtarchivars Stefan Kraut eine Ausstellung mit dem Titel "Das Semi zur Zeit des Nationalsozialismus" konzipiert. Die Ausstellung ist im Raum S1 zu besichtigen, der sich direkt neben dem Aufgang zum Sekretariat befindet und einst die sogenannte Ehrenhalle war, in der während des Krieges gefallener Lehrer und Schüler gedacht wurde.

Die Ausstellung bietet einen Einblick in das Schulleben und den Schulalltag dieser Zeit. Die Eröffnung der Ausstellung wird am Dienstag, 18. April, 19 Uhr, in der Aula mit einem einführenden Vortrag von Geschichtslehrer Steffen Deibel begangen. Die Ausstellung kann ab 19. April an Wochentagen zur Schulzeit von 8 bis 16 Uhr besichtigt werden. Weitere Veranstaltungen unter www.schlossgym.de.

 
Kommentare öffnen
Nach oben  Nach oben