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Veranstalter reagieren auf Kritik an der Rebenglühen-Ausrichtung

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Nach Bekanntwerden von Corona-Infektionen beim Rebenglühen verweisen Wengerter und der Bretzfelder Bürgermeister auf die Informationslage, die vor fast 20 Tagen vorlag und die zur Entscheidung führte, das Event nicht abzusagen.

Auch wenn es hier nicht allzu belebt aussieht, waren Tausende von Menschen beim Rebenglühen.
Foto: Archiv/Koch
Auch wenn es hier nicht allzu belebt aussieht, waren Tausende von Menschen beim Rebenglühen. Foto: Archiv/Koch

Hinterher, weiß Lorenz Weibler, "ist man immer klüger". Das sagt der Bretzfelder Winzer und Landwirt mit Blick auf das Rebenglühen Anfang März. Wie jetzt bekannt wurde, arbeitete bei der dreitägigen Großveranstaltung in den Bretzfelder Weinbergen sonntags ein später positiv auf Corona Getester an einem der Stände.

Und es waren, davon könne man ausgehen, auch etliche andere Infizierte bei der Großveranstaltung in den Weinbergen unterwegs, betonte Landratsamt-Sprecher Sebastian Damm.

Besucher mit Symptomen sollen Hausarzt konsultieren

Von der Infektion eines Mitarbeiters dort erfahren hat Lorenz Weibler Mitte vergangener Woche. Zum Wochenende hin hätten dann die Gespräche mit dem Landratsamt stattgefunden, an deren Ende die Veröffentlichung einer Pressemitteilung stand. In der am späten Samstagabend auf mögliche Infektionen bei der Großveranstaltung hingewiesen und darauf, dass sich Besucher, die nun Symptome der Covid-19-Erkrankung entwickeln, telefonisch bei ihrem Hausarzt melden sollen.

Nicht nur in den sozialen Medien wurde daraufhin heiß diskutiert. Auch die insgesamt acht beteiligten Weinbaubetriebe erhielten teils wenig freundliche Rückmeldungen. Auch bei Bretzfelds Bürgermeister Martin Piott meldeten sich Bürger. In überschaubarer Zahl, sagt der Rathauschef. Bedauerlicherweise hätten aber manche Kommentare "indifferentes Niveau".

Besonders Rolf Weibler, Vater von Lorenz Weibler, steht im Fokus der Kritiker. Er wird von ihnen zitiert mit seinen Worten bei der Eröffnung, als er hinsichtlich der Corona-Problematik von Hysterie sprach und lobte, dass trotz der Empfehlung des Landratsamts, die Massenveranstaltung abzusagen, "unser Bürgermeister hingestanden ist und gesagt hat, das ziehen wir durch". So ist es auch in der Hohenloher Zeitung vom 9. März und auf Stimme.de nachzulesen.

Man habe die damaligen Informationen abgewogen

Dieses Zitat, bedauert Lorenz Weibler, werde nun aus dem Kontext gerissen verwendet. Man habe sich die Entscheidung in der Woche vor dem Rebenglühen nicht einfach gemacht, erklärt Lorenz Weibler. Man habe alle damals zur Verfügung stehenden Informationen abgewogen.

Dienstag sei aufgebaut gewesen. Donnerstag sei der erste Fall im Kreis überhaupt, in der Großgemeinde Bretzfeld, bekannt geworden. "Zu der Zeit saßen Menschen noch Schulter an Schulter im Stadion, gingen die Kinder in die Schule und die Kindergärten."

Es handelte sich um eine Freiluftveranstaltung

"Wir alle betreten Neuland", betont Bürgermeister Martin Piott. Die extreme Corona-Lage sei für alle eine gewaltige Herausforderung. "Was gestern noch galt, das ist heute schon wieder überholt", erinnert er an die dramatische Geschwindigkeit, wie sich die Dinge ändern. Jede Minute gebe es neue Informationen.

Entscheiden konnte man aber nur auf Grundlage derer, die es vor zwischenzeitlich 20 Tagen gegeben habe. Und vor diesem Hintergrund müsse man die Entscheidung für das Rebenglühen betrachten, sagt Lorenz Weibler. Gut belüftete Veranstaltungen hätten durchgeführt werden können. Sämtliche Vorgaben des Gesundheitsamtes seien erfüllt worden.

Dem oft geäußerten Vorwurf, es sei allein aus wirtschaftlichen Interessen gehandelt worden, widerspricht Lorenz Weibler. "Das Rebenglühen ist Werbung für uns als Weinbaugemeinde, hat rein touristischen Hintergrund." Das zeige auch die Zahl der Besucher, auf die Bürgermeister Piott verweist.

In der Öffentlichkeit herrschte noch eine andere Wahrnehmung

Für ihn ein Zeichen, dass es zu diesem Zeitpunkt auch in der Allgemeinheit noch eine ganz andere Wahrnehmung gab. Deswegen sei es zu pauschal, jetzt zu sagen, man habe absichtlich eine Gefährdungssituation herbeigeführt. Lorenz Weibler sagt: "Verdient hat beim Rebenglühen sowieso kein Betrieb."

Zumal alle, vor allem die, die die Gastwirtschaft haben, unter der Corona-Krise extrem leiden. Und ob das Rebenglühen ein großer Infektionsherd war? Bretzfeld hat bislang fünf bestätigte Infektionen.

 

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Kommentare

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Roland Beck am 24.03.2020 17:05 Uhr

In einer Zeit in der in Italien die Todesraten stiegen, die Krankenhäuser im Kreis schon Notfallpläne erstellten, handelten im Hohenlohekreis Kirchengemeinden im Zuge der Abhaltung von Konzerten fahrlässig, zumal das Klientel im Publikum voll auf das Beuteschema von Corona passten.

Grob fahrlich eher bedingt vorsätzlich war die Ignoranz von Empfehlungen des Landratsamts durch den Bürgermeister und den Veranstalter. Ein profilierungssüchtiger Winzer der stets gezielt seine CDU-Kontakte zur Verfolgung seiner Interessen einsetzt und ein Bürgermeister, der Entscheidungen aus dem Bauch trifft, ohne Sachverstand und gegen die Empfehlung eines Gesundheitsamts ist ein Fall für die Staatsanwaltschaft. Strafrechtliche Konsequenzen müssen folgen zumal der Bürgermeister mit einer Entscheidung gegen die Empfehlung des Landratsamts und Kenntnis der Todesrate in Italien den Tod vielen Menschen billigend in Kauf genommen hat. Ein wenig Schwund gibt es ja immer, kann nicht die Devise sein.

Denken wir bitte an die älteren Infizierten und die Risikopatienten, die nun bedroht sind. Nun sind schon 350 Coronakontakte aus dieser Veranstaltung bekannt. Unter Einbeziehung der Dunkelziffer müssen wir von 500 Infizierten ausgehen. Ein Infizierter steckt 3 Personen an. Innerhalb von 4 TAgen verdoppelt sich die Infektionsrate. Jeder kann sich ausrechnen, dass hiervon einige Ältere und Risikopatienten die Folgen dieser unverantwortlichen Entscheidung mit dem Leben bezahlen und nicht so lustig ersticken... bei nur 0,5% Mortalität unter Berücksichtigung der Verbreitung werden 5 Menschen ersticken. Meine Aussge ist dramatisch aber gleichermaßen real. Die Todesrate in Italien war bekannt. Das Verbreitungsrisiko ebenfalls. In Kenntnis dieser Lage hat ein Bürgermeister grob fahrlässig und aus meiner Sicht bedingt vorsätzlich den Tod mehrere Menschen in Kauf genommen.

Unsere Entscheidungsträger sind zur Vorsicht aufgefordert, wenn es um Menschenleben geht.
Auch ein Dorfschultes sollte dieses wissen. Vom mündigen Bürger erwarte ich eine Quittung für diesen Hasadeur. Der Gemeinderat ist gefordert, den Bürgermeister zum Rücktritt zu motivieren.
Guten Wein gibt es genügend in der Region - Empfehlung: Man muss nicht bei jedem einkaufen.

Auch von der Presse erwarte ich klare Aussagen. Banalität mit Ausgewogenheit zu verwechseln ist altbekannte Praxis die nicht in diese Bedrohungslage passt. Auch an diese Stelle fordere ich mehr Verantwortung und Aussagekraft ein

Roland Beck (Risikopatient und daher eher sensiblisiert).

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Kurt Maier am 24.03.2020 16:23 Uhr

Am darauf folgenden Montag, den 9.März lese ich im Spiegel und in der Tageszeitung und höre im NDR die Meldungen vom RKI über Risikogruppen und die Ansteckung von jungen Menschen ohne Symptome auf alte Menschen. Ich nehme an, dass die Landesregierung, und Bundesregierung einen Wissensvorsprung hat. Ihre Analyse hieß damals „wir sind gut vorbereitet, wir haben alles unter Kontrolle“. Dem Bürger erschien dies glaubhaft. Nicht anders erklärt sich, dass es hier ein vollbesetztes Konzert, dort einen Basar und eben das Rebenglühen gab. Wenn jemand eine Verantwortung für die Gesundheit der Bürger in Hohenlohe hat, so sind das die von uns gewählten Vertreter, die auch diesbezüglich einen Eid geschworen haben. Wir dürfen die so Gewählten nicht mit der Aussage davon kommen lassen, „wir haben das falsch eingeschätzte“. Unbeachtet von unserem Ministerpräsident liegt Hohenlohe Heute als Risiko an 2. Stelle in Deutschland. Ich merke davon nichts. Sie können in den hotspots Pfedelbach oder Kupferzell in geschlossenen Räumen einkaufen und sich dabei unbeabsichtigt mit dem Corona Virus anstecken. Es kräht kein Hahn danach.

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Peter Lueders am 24.03.2020 10:10 Uhr

Man darf sehr gespannt sein, wie sich das ganze in der Bevölkerung entwickeln wird. Der Rückhalt für die drastischen Maßnahmen wird sehr schnell schwinden. Wenn die ersten Familienväter ihren Kindern erklären müssen, dass man leider wegziehen muss, weil Mama und Papa jetzt arbeitslos sind und das Haus oder die Wohnung nicht mehr abbezahlen können. Die ersten finanzierten Autos zwangsstillgelegt werden. Es wird sicherlich vereinzelt Jobs geben, die nicht von der Krise betroffen sind, das dürften aber die wenigsten sein. Spätestens wenn immer mehr Menschen ihre Existenz verlieren, wird der moralische Zeigefinger wieder eingeholt. Die Angst um die eigene Existenz wird irgendwann Oberhand bekommen.

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Thomas Bachmayer am 24.03.2020 11:26 Uhr

.....was will das sagen, Realistik ? Die einen sehen schwarz, die anderen grün, die Menge sieht einfältig. Und wenn die Bildung ein Virus ist, wäre er vom Aussterben bedroht !!*~

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Wilfried Binder am 24.03.2020 12:12 Uhr

Was wollen Sie mit Ihrer Schwarzmalerei eigentlich bezwecken?

Was glauben Sie, würden Enkel wohl sagen, die ohne Großeltern - oder Eltern(-teile) - aufwachsen müßten, weil unsere Gesellschaft nicht den Mut zu drastischen Maßnahmen hatte?

Materielles kann in aller Regel ersetzt werden! Besinnen wir uns einfach mal auf das Wesentliche ..... auf unser und das Leben unserer Mitmenschen! Schwarzmalerei und Egoismus ist das Allerletzte was unsere Gesellschaft derzeit benötigt.

Den Mitlesern wünsche ich Mut und Gelassenheit, haltet vorübergehend mal Abstand und bleibt gesund!

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Thomas Bachmayer am 24.03.2020 07:53 Uhr

.....im Hafen sind die Schiffe am besten aufgehoben, aber dafür hat man sie nicht gebaut.
Und wann hören wir auf, Personen ohne "Klarname" , die Möglichkeit zu geben, auch noch die Henkersmahlzeit zu vergiften !?

Aber bevor ich mich aufrege ist es mir lieber egal *~

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Sigrid M. am 23.03.2020 20:16 Uhr

Am 6.3. war allen klar, dass das Virus gefährlich ist. Trotzdem wurde das Rebenglühen aus Ignoranz nicht abgesagt. Schließlich geht's ja auch um viel Geld

Ich habe das nicht verstanden. Nun erhält man die Quittung dafür durch unzählig viele Infizierte. Unbegreiflich!

Mehr Infizierte als sonst wo in ganz Deutschland. Ein trauriger, völlig überflüssiger Negativrekord.

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Wilfried Binder am 24.03.2020 08:50 Uhr

Sigrid M.:
Waren Sie am 06.03. schon freiwillig in persönlicher und konsequenter Quarantäne!?

Zur konkreteren Info und Relativierung:
Schulen und Kindergärten in BaWü wurden erst zum 17.03.2020 geschlossen! Und selbst da wurde in der Gesellschaft noch kontrovers über die Sinnhaftigkeit dieser Maßnahme diskutiert.

Ein "Ich habs ja gewusst" scheint eine typisch deutsche Eigenart. Anstatt konstruktiv zur Lösung des Problems beizutragen, übt man sich erst mal in der Suche nach Schuldigen.

Der Leserschaft wünsche ich den "Mut zur Gelassenheit", haltet vorübergehend mal Abstand und bleibt gesund.

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