Touristikvermarkter wollen Dachorganisation für den Norden Baden-Württembergs gründen
Sieben Tourismusvermarkter im Norden Baden-Württembergs wollen eine neue Dachorganisation gründen. Dazu unterzeichneten sie auf der Urlaubsmesse CMT in Stuttgart eine Absichtserklärung. Bereits im Sommer soll die neue Geschäftsstelle eingerichtet sein.

Unklar ist noch, an welchem Ort sie angesiedelt sein wird. Auch die Rechtsform ist noch unklar. Das Land hat für den Aufbau bereits finanzielle Schützenhilfe geleistet und verspricht eine weitere Anschubfinanzierung.
Ein erster Versuch der Vereinigung war vor Jahren gescheitert
Die bestehenden touristischen Dachverbände sind alle als GmbH aufgestellt. Der nördliche Teil Baden-Württembergs ist die einzige Urlaubsregion, die noch keine solche Organisation hat, die über den regionalen Touristikgemeinschaften und Tourismusverbänden steht und gemeinsame Marketingaktionen federführend koordiniert.
Ein erster Versuch im Norden, der 2013 seinen Anfang nahm, war 2017 gescheitert, weil man nicht überein kam, unter welchen Namen das Gebilde auf den Markt gebracht werden sollte. Die Wortschöpfung hieß "Fränkisches Baden-Württemberg" und war am Ende nicht mehrheitsfähig, so dass zwei Tourismusvermarkter kurzerhand ausstiegen.
Anschließend war es lange Zeit still. Dann kam Corona. Seit zwei Jahren nimmt die Bildung einer neuen Nord-Allianz wieder Fahrt auf - auch als gemeinsame Kraftanstrengung, um aus dem Tal der Pandemie mit vereinten Kräften herauszukommen. Der Zusammenschluss nannte sich "Freiraum" und bestand aus sechs Touristikgemeinschaften. Vor einem Jahr intensivierte man die Verhandlungen für eine noch größere Einheit samt Dachverband, jetzt ist ein erster Durchbruch geglückt - und mit dem Rhein-Neckar-Kreis ein siebter Mitstreiter gefunden, der die letzte Lücke schließt.
Das neue Gebiet soll zur zweitstärksten Kraft im baden-württembergischen Tourismus werden
Dazu holten sich die Partner, die nun den gesamten Norden zwischen Heidelberg, Kraichgau, Heilbronn und Hohenlohe abdecken, als externen Berater einen echten Fachmann ins Boot: Christopher Krull, ehemals Geschäftsführer der Schwarzwald Tourismus GmbH. "Die Kooperationsfähigkeit der Region entscheidet maßgeblich über deren touristischen Erfolg in der Zukunft", sagt der Fachmann. Das neue touristische Gebiet werde zur zweitstärksten Kraft im baden-württembergischen Tourismus - nach dem Schwarzwald als absolutem Platzhirsch. Mehr als 16 Prozent der Übernachtungen würden im Norden verzeichnet.
Dabei gehe nicht in erster Linie um das Aufsetzen einer neuen Dachmarke. Die Namensgebung wurde bewusst ausgeklammert und soll erst zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen. Im Vordergrund stünden zunächst Managementaufgaben, etwa im Bereich Digitalisierung, vor allem aber die Entwicklung gemeinsamer touristischer Produkte über starke Themen. So will man sich als "exzellente Radregion" positionieren.
Radwege macht nicht Halt an Kreisgrenzen, Verleihstationen, Gepäckbeförderung, Beschilderungen und gastronomische Versorgung müssten großräumig gedacht, geplant und umgesetzt werden. Weiter soll eine digitale Gästekarte eingeführt werden, auf der die Nutzung des Nahverkehrs oder Eintrittsrabatte enthalten sind.
Das Land hatte zuletzt den Druck erhöht, die Kleinteiligkeit im Norden zu beenden

Tourismus-Staatssekretär Patrick Rapp war im Sommer 2021 in Hohenlohe und wies dem Geschehen den Weg. Klar war schon damals, dass Feriendestinationen nur noch erfolgreich sein können und vom Land gefördert werden, wenn sie ihre Arbeit vernetzen und als starke Einheiten auftreten. Dahinter steht das seit 2019 gültige Tourismuskonzept. Seitdem ist der Druck enorm gestiegen, die Kleinteiligkeit und das Kirchturmdenken im Norden zu beenden. "Was lange währt, wird langsam gut", sagt Rapp nun zu diesem "langjährigen Prozess mit etlichen Höhen und Tiefen".
Jetzt werde es für das Land einfacher, diesen Norden mit zu steuern. "100.000 Euro haben wir dafür schon eingebracht", versprach er der Allianz weitere Unterstützung. Die neuen Herausforderungen im Tourismus seien nur in Kooperationen zu meistern: digitale Modernisierungen ebenso wie Initiativen gegen den Fachkräftemangel, Widerstandsfähigkeit in Krisenzeiten und attraktive Lebensraumkonzepte.
Das sind die sieben Partner
An der neuen Tourismuskooperation im Norden Baden-Württembergs sind sieben Partner beteiligt: die Touristikgemeinschaften Hohenlohe, Hohenlohe + Schwäbisch Hall Tourismus, Heilbronner Land, Kraichgau-Stromberg und Odenwald sowie der Tourismusverband Liebliches Taubertal und der Rhein-Neckar-Kreis. Im Durchschnitt der Jahre 2019 bis 2021 verzeichnete das Projektgebiet rund sieben Millionen Übernachtungen, das entspricht einem Anteil von 16,6 Prozent in Baden-Württemberg.
Nach dem Schwarzwald ist der Norden damit die zweitgrößte Feriendestination. Hinzu kommen rund zwei Millionen Einwohner, die von der Kooperation ebenfalls profitieren sollen. Denn der höhere Nutzwert eines gemeinsamen touristischen Auftritts soll nicht nur auswärtigen Gästen zugute kommen, indem die einzelnen "Erlebnisräume" noch treffsicherer vermarktet werden, sondern auch Einheimische und potenzielle neue Fachkräfte sollen sich in attraktiven "Lebensräumen" sowohl im Alltag als auch in der Freizeit noch wohler fühlen.




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