Stimme+
Gesundheitsgefahren befürchtet
Hinzugefügt. Zur Merkliste Lesezeichen setzen

Wie riskant ist die geplante Alt-Asphalt-Anlage bei Kupferzell?

   | 
Lesezeit  3 Min
Erfolgreich kopiert!

Gegen das vom Straßenbaukonzern Strabag und der Paul Kleinknecht AG verantwortete Pilotprojekt zum Recycling von teerhaltigem Material im Rüblinger Steinbruch gibt es Widerstand. Eine Bürgerinitiative hat sich gegründet.

von Christian Nick
Im Rüblinger Steinbruch soll die neue Anlage entstehen, mit der teerhaltiger Asphalt so recycelt wird, dass dessen Steine wiederverwendbar werden.
Im Rüblinger Steinbruch soll die neue Anlage entstehen, mit der teerhaltiger Asphalt so recycelt wird, dass dessen Steine wiederverwendbar werden.  Foto: privat

"Die Anlage ist unnötig und an diesem Standort völlig fehl am Platz": Dies sagt Uwe Martin, Arzt in Braunsbach und Mitinitiator der Bürgerinitiative "Gegen Teerverbrennung im Steinbruch Rüblingen", die sich unlängst im Braunsbacher Teilort Döttingen gegründet hat und nach seinen Angaben bereits über 50 Mitglieder in ihren Reihen zählt. "90 Prozent der Döttinger sind gegen das Projekt", so Martin. Und auch Peter Lemke, UWG-Gemeinderat in Kupferzell, berichtet: "In Rüblingen gibt es ebenfalls Sorgen bei den Bürgern."

Das Projekt: Das ist jener Modellversuch, mit welchem der Straßenbaukonzern Strabag und der örtliche Steinbruch-Betreiber - die Firma Paul Kleinknecht - alte teerhaltige Straßenbeläge mittels Verbrennung in ihre Bestandteile zerlegen, die beinhalteten Steine recyceln und auf diese Weise neues Baumaterial gewinnen wollen. Bereits vor einem knappen Jahr gab es hierzu eine Informationsveranstaltung in Kupferzell, bei der rund 60 Menschen teilnahmen.

Asphalt-Recycling bei Kupferzell: Bürger fürchten Risiken

Warum es das neue Rüblinger System - geplant werden aktuell überdies noch drei weitere Projekte im Land, deren Standorte noch ungewiss sind - aus Sicht der Unternehmen braucht: Nachdem es gesetzlich untersagt wurde, das alte Material vor Ort als sogenannte Fundationsschicht direkt wieder einzubauen, musste der gesamte bei Straßensanierungen anfallende Alt-Asphalt zum Großteil entweder auf Deponien entsorgt oder per LKW ins niederländische Rotterdam transportiert werden, wo sich derzeit Europas bislang einzige Recycling-Anlage für Asphalt befindet.

Martin Weiß, Geschäftsführer bei Kleinknecht, berichtet auf Stimme-Anfrage: "Seit vergangenem Jahr ist es verpflichtend, dass eine schonendere Verwertung der Deponierung vorzuziehen ist." In der Praxis bleibe den Firmen somit nur noch die Rotterdam-Lösung - oder eben neue Techniken selbst zu etablieren.

Vorhabenträger: "Umweltfreundliches Verfahren" trägt zur "Kreislaufwirtschaft" bei

Das von den genannten Partnern gegründete Unternehmen NovoRock beschreibt auf seiner Homepage das Kupferzeller Anlagen-Konzept als ein "umweltfreundliches Verfahren", welches zur "regionalen Kreislaufwirtschaft" beitrage. Es werde bei der Verbrennung ausschließlich Wasser sowie CO2 frei. Und die Emission an Kohlenstoffdioxid sei trotz der erheblichen Menge von 1,7 Tonnen pro Stunde Anlagen-Laufzeit unterm Strich "deutlich geringer als beim Rotterdam-Verfahren".

Die Kritiker indes behaupten: "Es gibt keine CO2-Einsparung durch diese Anlage - das ist Fakt", so BI-Initiator Uwe Martin. "Der Transport ist kein Argument, denn auch nach Rüblingen muss der alte Asphalt ja gefahren werden." Und nicht zuletzt ebendies bereitet Anwohnern Sorge: "Der zusätzliche Verkehr ist ein Unding", sagt Peter Lemke.

Die BI geht von 20 Lastwagen täglich aus, welche jenen Rotations-Ofen, der dann 24 Stunden an 300 Tagen pro Jahr laufen soll, bedienen werden. Sie sollen jedoch stets über die Kubacher Straße anfahren, um Verkehrsüberlastung im Ortskern zu vermeiden. "Der Verkehr wird kein Thema sein", versichert der Kleinknecht-Chef.

Asphalt-Recycling bei Kupferzell: Firmenchef betont Unbedenklichkeit

In einem BI-Flugblatt, das unserer Redaktion vorliegt, ist überdies die Rede von der möglichen Entstehung diverser, teils krebserregender Substanzen, wie etwa Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK), Stickstoffe, Feinstäube, Dioxine oder Furane. "Diese Schadstoffe werden theoretisch freigesetzt - und Novo Rock muss belegen, dass dem nicht so ist", fordert BI-Mann Uwe Martin. Und auch eine hohe CO2-Belastung könne Beschwerden verursachen.


Mehr zum Thema

Dampf steigt am frühen Morgen beim Teeren der Straße in der Nähe des Reichstagsgebäudes in Berlin auf.
Stimme+
Meinung
Lesezeichen setzen

Asphalt-Recycling bei Rüblingen: Bedenken müssen ernst genommen werden


 

Er klagt: "Wir bekommen keinerlei Daten von der Firma." Und sagt: Die Anlage diene allein dem Profit. Man befürchte "nachhaltige Schäden für Mensch, Tier und Umwelt" sowie "dauerhafte Belästigung durch Lärm und Verkehr", heißt es in dem BI-Flyer. Wer sorgt für die Kontrolle? Gibt es Notfallkonzepte? Und wer haftet? Das sind Fragen, welche die BI-Mitglieder bewegen.

Einige Antworten gibt es von Kleinknecht-Chef Martin Weiß. Zunächst: Der von der BI verwendete Begriff "Teerverbrennungsanlage" sei fachlich nicht korrekt. Denn es werde kein Teer, sondern nur das daraus destillierte Gas verbrannt. Er versichere, so Weiß, dass keiner der genannten Schadstoffe dabei emittiert werde.

Genehmigungsverfahren wird im Sommer starten

Regierungspräsidium prüfe ebendies im Rahmen des ab Sommer beginnenden Genehmigungsverfahrens. Ein elaboriertes Sicherheitskonzept liege vor; im laufenden Betrieb werde die Technik später intern wie extern regelmäßig kontrolliert - und Gefahren für die menschliche Gesundheit seien ausgeschlossen.

Er wisse, so der Firmenchef, dass "bei einem solchen Thema niemand Hurra schreit" und ein gewisses "Misstrauen" in der Bevölkerung herrsche. Mit Runden Tischen in Rüblingen wolle man zeitnah versuchen, jenes möglichst auszuräumen.

Wie die Kupferzeller Anlage im Detail funktioniert

Das technische Prinzip der Aufbereitung: Im besagten Rotations-Ofen werden bei etwa 500 Grad die mineralischen Bestandteile und der Teer voneinander getrennt. Teer verliert bei dieser Temperatur seine Struktur, zerfällt und wird gasförmig. Dieses Gas kann anschließend wie Erdgas verbrannt werden, dabei entsteht das Kohlenstoffdioxid - und eine erhebliche Abwärme, welche den Einwohnern Rüblingens zur Verfügung gestellt werden soll. Ein entsprechendes Konzept, so Martin Weiß, könnten die Bürger selbst mitentwickeln.

20 Tonnen pro Stunde wird die Anlage laut Konzept aufbereiten. Sie soll laut den Projektierern vollständig gekapselt sein, um die Luft darin absaugen zu können. Als Zeitpunkt für den Baubeginn wird nach jetzigem Stand Mitte 2025 angestrebt.

 
Kommentar hinzufügen

Kommentare

Neueste zuerst | Älteste zuerst | Beste Bewertung
Keine Kommentare gefunden
Nach oben  Nach oben