Steckt im "Öhringer Spezial" eigentlich Gruibinger "Brunnenbier"?
Runde drei im Öhringer Bierkrieg: Das wissenschaftliche Gutachten eines renommierten Instituts legt nach genauer analytischer Untersuchung den Schluss nahe, dass die Rezeptur beider Biere weitestgehend identisch sein könnte. Der Konflikt um das "Öhringer Spezial" gärt weiter.

Es wird nicht ruhig ums "Öhringer Spezial": Nachdem bereits in den vergangenen Wochen Vorwürfe der Verbrauchertäuschung gegen die beiden Bier-Macher erhoben worden waren, gärt der Konflikt weiter - und erhält neuen Nährboden: Denn ein wissenschaftliches Gutachten legt den Schluss nahe, dass der Inhalt des "Spezial" mit dem des "Brunnenbier" der Gruibinger Lammbrauerei Hilsenbeck identisch sein könnte.
Die Sache beginnt - wenig verwunderlich - am Bierglas: Ein passionierter Bretzfelder Hobby-Brauer, der HZ namentlich bekannt und Freund jenes Braumeisters Markus Hummel, der von Anfang an Kritik am Marketing des "Spezial" erhoben hat, probiert besagtes Bier: "Mit Schrecken musste ich feststellen, dass zwischen dem ,Spezial" und dem ,Brunnenbier" der Lammbrauerei Hilsenbeck kein Unterschied zu schmecken ist", berichtet der Mann.
Auf eigene Kosten Gutachten in Auftrag gegeben
Als auch Freunde beim Vergleich keine geschmackliche Differenz feststellen konnten, habe er sich dann entschieden, ein Gutachten beim renommierten Forschungszentrum Weihenstephan für Brau- und Lebensmittelqualität, das zur Technischen Universität München gehört, in Auftrag zu geben.
Vor einer Woche hat er ebendieses nun erhalten. Es liegt unserer Zeitung vor. Zielstellung der wissenschaftlichen Untersuchung ist zum einen die Klärung der bereits in den vorigen Artikeln zum "Öhringer Spezial" aufgeworfenen Frage nach einer möglichen Verbrauchertäuschung bezüglich der Gestaltung des Etiketts in Sachen Herkunftsangabe: Hier kommt das Gutachten letztlich zu folgendem Schluss: "Hohes Irreführungspotenzial. Beanstandung ist zu erwarten."
Das war womöglich absehbar. Deutlich überraschender indes ist, was wenige Seiten weiter in der wissenschaftlichen Expertise steht: Auf ihrer Homepage hatten die beiden "Öhringer Spezial"-Erfinder Veit Ostermeier und Martin Kapfer damit geworben, "zwei Jahre lang" an "unserer Rezeptidee" getüftelt zu haben. Daher, so das Gutachten, sei beim Vergleich der Proben des "Spezial" und des "Brunnenbier" aus jener Brauerei, die das "Öhringer Spezial" in Gruibingen herstellt, eigentlich "eine unterschiedliche Rezeptur beider Biere zu erwarten".
"Keine signifikanten Unterschiede"
Die Experten haben zahlreiche Parameter in den eingereichten Proben analysiert - und auch eine Verkostung mit zehn Teilnehmern durchgeführt. Resultat: Bis auf eine minimale Differenz beim Alkoholgehalt gebe es "keine signifikanten Unterschiede". Das Ergebnis - rechtssicher formuliert: "Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass es sich um Biere mit einer identischen Rezeptur handelt."
Auf HZ-Nachfrage erklärt einer der an der Erstellung der Untersuchung Beteiligten: Auch wenn die Werte in den Nachkommastellen leicht schwanken, bewege sich das im Rahmen der Mess-Toleranzen und erkläre sich durch die verschiedenen Chargen der Proben der beiden Biere. Es sei, so der Experte weiter, mit hoher Sicherheit davon auszugehen, dass es sich um identisches Bier handele. Denn ansonsten seien die Unterschiede in den Parametern viel ausgeprägter.
Das "Spezial": eine Mogelpackung?
Ist das "Öhringer Spezial" also nicht nur bezüglich der Herkunftsangabe, sondern womöglich auch beim Inhalt eine Mogelpackung? Ein bereits existentes Bier, das möglicherweise unter anderem Etikett neu vermarktet wird? Anfrage bei der Gruibinger Brauerei: Dort will man zur Rezeptur gar nichts sagen. Das habe man mit den beiden "Spezial"-Machern "so abgesprochen". Man möge sich bitte an die Hohenloher Bier-Erfinder wenden.
Und was sagen Veit Ostermeier und Martin Kapfer dazu? Ohne selbst Einsicht in das Gutachten zu bekommen, welche der Besteller der Analyse als Inhaber der Nutzungsrechte nicht gewährt, wollen die beiden Hobby-Brauer die Fragen unserer Zeitung nicht beantworten, wie ihr inzwischen eingeschalteter Rechtsanwalt mitteilt.