Warum auf Facebook ein Bierkrieg gärt
Zwei Hohenloher haben ein "Öhringer Spezial" auf den Markt gebracht, das aber über 100 Kilometer entfernt gebraut wird. Dies gefällt nicht allen: Ein Öhringer Braumeister macht seiner Wut im Internet Luft. Was sagen die beiden Erfinder des neuen Bieres?

Der Name klingt süffig und vielversprechend: "Öhringer Spezial" heißt das Bier - und steht seit Ende März in den Regalen einiger ausgesuchter Getränkehändler in Öhringen und Neuenstein. Doch was die beiden Nebenerwerbs-Brauer und Produkt-Erfinder Martin Kapfer und Veit Ostermeier als Fortführung der "Bier-Kultur, die es in Öhringen früher gab," preisen, gefällt nicht allen, die sich vor Ort mit dem Thema Bier und Brauen beschäftigen.
"Ich finde es sehr dreist, massiv mit Regionalität zu werben, es ,Öhringer" zu nennen, obwohl es 130 Kilometer entfernt auf der Alb gebraut wird", empört sich auf Facebook Markus Hummel - und findet dort Zustimmung, aber auch Widerspruch. Der Öhringer Braumeister schenkt zu Nicht-Pandemie-Zeiten in seiner Kneipe "Rocks" selbstkreierte und vor Ort gebraute Spezialitäten wie "Öhringer Dunkel" und "Öhringer Hefeweizen" aus.
Werden die Verbraucher getäuscht?
Hummel hat vor drei Jahren eine ausgedörrte Wüste mit seinen regional produzierten alkoholischen Hopfengetränken befruchtet: Denn lange Jahre war in größerem Stil kein Bier mehr in der Wein-Hochburg Hohenlohekreis gebraut worden, nachdem 1982 die Hohenloher Löwenbrauerei in Cappel, 1988 dann auch die Brauerei Reichert in der Altstadt ihre Tore und Braukessel für immer geschlossen hatten.
Nun also der implizite Vorwurf an die aufkeimende Konkurrenz: Verbrauchertäuschung! Mit "Stinksauer" als Gefühls-Status hat Braumeister Hummel seinen Post in den Sozialen Medien gewürzt. Was sagen die Erfinder des "Öhringer Spezial" dazu? Fakt ist: Das laut Eigenbeschreibung "ehrliche, bodenständige, naturtrübe Exportbier" wird tatsächlich weder in der Großen Kreisstadt noch irgendwo sonst im Hohenlohekreis gebraut und abgefüllt - sondern in Gruibingen am Fuße der Schwäbischen Alb. Auch die Zutaten für das "Öhringer Spezial" stammen nicht aus der Region: Der Hopfen etwa kommt aus Tettnang.
Produkt-Erfinder dementieren und erklären

"Wir haben niemals und an keiner Stelle behauptet, dass unser Bier in Öhringen gebraut wird - und auf jeder Flasche steht explizit der Erzeugungsort", sagt Bier-Erschaffer Martin Kapfer auf HZ-Nachfrage. Von mangelnder Transparenz und vorgegaukelter Regionalität oder Täuschung könne aus seiner Sicht keine Rede sein. Das Herz des Bieres - die Rezeptur - sei von den beiden Hobby-Brauern durch rund zweijähriges Tüfteln an der eigenen kleinen Privat-Anlage in Öhringen konzipiert und ausprobiert worden.
Und warum wird das "Öhringer Spezial" dann nicht vor Ort hergestellt? Die Antwort: In Öhringen selbst fehlt schlicht eine Brauerei, die das Getränk hätte produzieren und abfüllen können.
Aber wenn es um Regionalität geht - und der Name einer Hohenloher Stadt werbewirksam auf dem Etikett steht: Warum zeichnet dann nicht wenigstens eine Hohenloher Brauerei für das "Öhringer Spezial" verantwortlich, sondern eine in über hundert Kilometern Entfernung? Man habe sich bemüht, das Bier bei regionalen Brauereien herstellen zu lassen, berichtet Kapfers Kompagnon Veit Ostermeier: "Wir haben eine kleine Brauerei im Kochertal angefragt, uns beim Sudhaus in Schwäbisch Hall und auch bei der Ellwanger Rotochsen-Brauerei erkundigt." Aber keine der kontaktierten regionalen Brauereien habe die vergleichsweise relativ kleine Menge von rund 20 000 bis 30 000 Litern ihres neuen Bieres brauen wollen oder können.
Wie das Hopfengetränk zu seinem Namen kam

Und: Man habe sich bei der Bezeichnung viele Gedanken gemacht und alle geltenden rechtlichen Regeln exakt eingehalten. "Öhringer Bier" oder "Bier aus Öhringen" seien etwa Namen gewesen, die sich nach rechtlicher Beratung und Prüfung als unzulässig herauskristallisiert hätten: "Wir haben das Etikett beim Brauerbund vorlegen müssen und extra mit Fachleuten aus dem Verbraucherschutzministerium gesprochen", sagt Veit Ostermeier. Auch "Öhringer Bier" oder "Hohenloher Spezial" seien etwa als Namen nicht genehmigungsfähig gewesen. "Wir wollten etwas für Öhringen tun", betonen die beiden Hohenloher Bier-Erfinder.
Und besagter Facebook-Post des Öhringer Braumeisters? Mit ihm sei sogar eine Kooperation angedacht gewesen, berichten Ostermeier und Kapfer. "Aber wenn seit Wochen bei Facebook gegen uns geschossen wird, haben wir dazu natürlich wenig Lust." Der Verkauf ihrer Kreation habe sich jedenfalls trotz oder gerade wegen ihres Namens gut angelassen: "Wir werden vom Erfolg unseres Bieres momentan überrollt."