Öhringer Bierkrieg schäumt weiter
Der Disput um das "Öhringer Spezial" zieht weitere Kreise: Braumeister Markus Hummel hat Strafanzeige gegen die Erfinder des neuen Bieres gestellt. Auch ein Sprecher des Landes-Brauerbundes übt Kritik am Etikett. Die beiden Macher weisen die Vorwürfe zurück.

Am Montag hat die Hohenloher Zeitung über den auf Facebook gärenden Streit um den Bier-Namen berichtet - nun schlägt der Konflikt weitere Wellen. Die Kernpunkte zur Erinnerung in Kurzform: Das Bier, das die beiden Nebenerwerbs-Brauer Martin Kapfer und Veit Ostermeier unlängst neu auf den Markt gebracht haben, nennt sich zwar "Öhringer Spezial", aber der Gerstensaft wird weder in Öhringen oder Hohenlohe gebraut noch kommen die Zutaten aus der Region.
Jetzt also folgt Runde zwei im Duell zwischen den Hobby-Brauern und dem Öhringer Braumeister Markus Hummel, der den beiden "Spezial"-Erfindern zuvor in den Sozialen Medien Dreistigkeit und Verbrauchertäuschung vorgeworfen hatte: Denn Hummel hat Strafanzeige bei der Polizei Öhringen gestellt. Polizeisprecher Gerald Olma bestätigt der HZ auf Nachfrage, dass eine entsprechende Anzeige eingegangen ist.
Vielfältige Vorwürfe des Kritikers
Er werfe, so behauptet der IHK-Prüfer für Brauer- und Mälzer-Azubis in Ulm, den beiden "Spezial"-Erfindern gleich mehrere Rechtsverstöße vor: "Ich bin der Auffassung, dass die beiden Herren wegen Irreführung der geografischen Herkunftsangabe gegen das Markengesetz verstoßen", sagt Hummel. Und: "Die geschäftliche Handlung mit der Werbung bezüglich Regionalität ist eine unwahre Angabe und täuscht den Verbraucher" - dies markiere eine Zuwiderhandlung gegen das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb, glaubt er.
Obwohl die Zutaten fürs "Spezial" nicht aus Hohenlohe kommen, bewarben - so berichtet es Markus Hummel - die Nebenerwerbs-Brauer ihr in Gruibingen hergestelltes Produkt noch im Februar auf Facebook mit "hochwertigen Rohstoffen aus Hohenlohe und der Region". Auch in der Firmenbezeichnung "Öhringer Bier GbR" meint Hummel "eine Irreführung und einen Verstoß gegen das Gebot der Firmenwahrheit" zu sehen.
Macher betonen Freigabe durch Behörden

Was sagen die beiden Erfinder des "Öhringer Spezial" zu seinen Anschuldigungen? "Wir möchten uns zu diesen Fragen aktuell nicht konkret äußern, weil wir von der Anzeige und den Vorwürfen nichts wissen", sagt Macher Veit Ostermeier auf HZ-Nachfrage.
Im vorangegangenen Artikel hatten die zwei Hobby-Brauer auch geschildert, man habe "das Etikett beim Brauerbund vorlegen müssen". Ein Sprecher des Baden-Württembergischen Brauerbundes stellt gegenüber unserer Redaktion klar: "Bei uns ist das Etikett nicht vorgelegt worden." Die beiden "Spezial"-Erfinder erklären den Sachverhalt nun folgendermaßen: Die Gruibinger Lammbrauerei Hilsenbeck, die das Bier produziert, sei Mitglied im "Verband Private Brauereien" - und über ebendiese Vereinigung sei ihr Etikett geprüft worden.
Auch der Repräsentant des Landes-Brauerbundes übt indes Kritik an der Namensgebung des "Öhringer Spezial": "Das Etikett, so wie es jetzt auf dem Markt ist, hätten wir, wenn es uns zur Prüfung vorgelegt worden wäre, so nicht freigegeben", betont der Brauerbund-Sprecher. Und warum nicht? "Es ist im Grunde eine Verbrauchertäuschung", so glaubt auch er. Denn: Zwar werde der Brau-Ort auf der Rückseite genannt - "aber wir würden unseren Mitgliedern empfehlen, die Aufklärung direkt auf der Vorderseite des Etiketts vorzunehmen". Das Vorgehen sei jedenfalls "grenzwertig".

Es existiert ein Gerichtsurteil, auf das sowohl der Brauerbund-Sprecher als auch Kritiker Markus Hummel verweisen: Im Jahr 2016 urteilte das Münchener Oberlandesgericht in einem möglicherweise vergleichbaren Fall (siehe Infobox) - und verbot einer bayrischen Brauerei zunächst, ein Bier, das nicht am Chiemsee gebraut wird, "Chiemseer" zu nennen. Bei der Gestaltung des Etiketts indes könnten durchaus visuelle Bezüge zur Öhringer Bier-Historie vorhanden sein.
Markenrechtlich sei das unbedenklich, betont Ostermeier: "Wir haben uns auch durch Anregung von Zeitzeugen dem Projekt verschrieben, das alte Öhringer Bier-Gefühl wiederaufleben zu lassen - wohlwissend, dass es hier keine Brauerei gibt, die es machen kann. Wir haben schriftlich das Okay vom Wirtschafts- und Verbraucherschutzministerium sowie auch der Lebensmittelaufsicht des Landkreises", so Ostermeier. "Wir sind traurig, dass die Motivation und die Energie, die wir in unser Projekt gesteckt haben von einer Person aus uns unerfindlichen Gründen kaputtgemacht werden soll."
Rechtsstreit
2016 urteilte das bayrische Oberlandesgericht, dass ein vom Unternehmen Chiemgauer Brauhaus in Rosenheim produziertes Bier, das den Namen „Chiemseer“ trägt, nicht mehr so benannt werden dürfe. Die Begründung der bayrischen Richter: „Chiemseer“ sei eine geografische Herkunftsangabe – und Rosenheim liege nicht am Chiemsee. Nachdem die Brauerei mittlerweile zwar nicht den Namen selbst geändert, aber den Brauort dezidiert und prominent auf der Vorderseite des Etiketts hinzugefügt hatte, urteilte das Landgericht Düsseldorf 2018, die neue Aufmachung verstoße nicht gegen die Lebensmittelinformationsverordnung (LMIV).