Öhringer Bierstreit: Statt "Spezial" gibt's nun "Skandal"
Nach Vorwürfen der Verbrauchertäuschung nahmen die Macher vor einem Jahr ihr "Öhringer Spezial" aus dem Verkauf. Nun haben sie ein neues Bier am Start: Diesmal soll alles juristisch wasserdicht sein.

Mit großen Ambitionen waren zwei Öhringer Hobbybrauer vor rund einem Jahr gestartet: Mit ihrem "Öhringer Spezial" wollten sie laut eigener Aussage die historische Hopfensaft-Kultur vor Ort wiederbeleben. Doch das vermeintliche "Öhringer" Bier erwies sich als Mogelpackung: Weder die Zutaten noch der Brauort hatten etwas mit Öhringen oder Hohenlohe zu tun.
Es hagelte Kritik vom Brauerbund - und der Öhringer Braumeister Markus Hummel präsentierte letztlich ein wissenschaftliches Gutachten, das "hohes Irreführungspotenzial" attestierte und den Schluss nahelegte, dass das "Öhringer Spezial" in Wahrheit schlicht "Gruibinger Brunnenbier" war. Die Macher zogen die Reißleine - und stellten den Verkauf kurz darauf ein.
Diesmal echt regional
Nun - es ist tatsächlich kein Aprilscherz - bringt Martin Kapfer, der als Geschäftsführer der "Spezial Bier Öhringen GmbH" fungiert, ein neues Bier auf den Markt: "Öhringer Skandal" wurde der Gerstensaft in Anlehnung an die unrühmliche Vorgeschichte getauft. Und anders als beim ersten Wurf soll diesmal alles mit rechten Dingen zugehen: Gleich zweimal prangt auf dem Etikett an der Vorderseite der Flasche jetzt die Aufschrift "Gebraut in Schwäbisch Hall". Und drin sein soll in dem hellen Bier mittlerweile auch wahrhaftige "Hohenloher Braugerste".
Was hat Martin Kapfer bewogen, einen weiteren Versuch zu wagen? "Nach dem überwältigenden Erfolg des Bieres im letzten Jahr war uns klar, dass es eine Fortführung geben muss", schreibt jener auf Anfrage unserer Redaktion. Über die Rezeptur und das brauende Unternehmen will Kapfer indes keine weiteren Auskünfte geben.
Nach Informationen der Hohenloher Zeitung handelt es sich beim Hersteller um die Haller Löwenbrauerei: Geschäftsführer Peter Theilacker bestätigt auf Nachfrage, dass man dort das Bier als "Lohnbrauer" produziert. 60.000 Flaschen werden auf den Markt gebracht. Die nicht ungetrübte Vorgeschichte sei ihm bekannt, sagt Theilacker. Er "verlasse" sich jedoch darauf, dass "die ganze Sache mittlerweile geklärt" sei.
Vom Haller Brauerei-Chef gibt es unterdessen auch Informationen zum Inhalt des "Skandal"-Biers. Es handele sich um eine neu entwickelte Rezeptur, versichert er - und keinesfalls um jenes helle Bier, welches sein Unternehmen bereits unter eigenem Namen vertreibt: "Das Brauwasser ist identisch, aber wir haben ein anderes Malz, ein anderes Koch-Verfahren und andere Hopfengaben", so der Löwenbrauerei-Geschäftsführer. Was er sich von der Zusammenarbeit erhofft? "Wenn eine neue Biermarke in Hohenlohe entsteht, bin ich da ganz gerne mit dabei", sagt Theilacker. "Uns gefällt der Ansatz. Und da wir angefragt wurden, helfen wir natürlich auch."
Bierzwist gärt nicht weiter
Und was sagt Markus Hummel, jener Öhringer Braumeister, mit dessen Kritik der "Öhringer Bierkrieg" seinerzeit seinen Lauf genommen hatte, zum "Öhringer" in der Version 2.0? Für ihn sei die ganze Sache nun "eigentlich erledigt", so Hummel. Aus seiner Perspektive ist beim neuen Gebräu diesmal rechtlich alles in Ordnung, da der Brauort auf der Flaschen-Vorderseite angeführt wird.
Damit wolle er die Sache jetzt auch ruhen lassen: "Wir haben völlig andere Geschäftsmodelle und Zielgruppen", sagt der langjährige IHK-Prüfer, der selbstkreierte und vor Ort produzierte Bier-Spezialitäten anbietet. Er wünsche den "Skandal"-Machern um Martin Kapfer alles Gute und rege Verkäufe ihres neuen Produkts. "Der Markt im Handel ist schwer umkämpft."
Wie aber positioniert sich "Skandal"-Erfinder Martin Kapfer zur Tatsache, dass auch jetzt erneut "Öhringer" auf den braunen Flaschen steht - aber de facto doch "Haller" drin ist? "Wir sind stolze Öhringer - und unser Bier ist ein Gemeinschaftsprojekt sehr vieler Unterstützer aus Öhringen und der Region", heißt es von ihm.
Wer freilich ob der fragwürdigen Marketing-Kampagne und den Täuschungs-Vorwürfen bei seinem ersten Produkt auf Selbstkritik bei Geschäftsführer Kapfer wartet, die sich ein Jahr später womöglich eingestellt haben könnte, wird enttäuscht: "Einen Fehler haben wir gemacht: Wir haben den Erfolg des Bieres total unterschätzt und hätten schon letztes Jahr deutlich größer planen müssen", schreibt jener auf Nachfrage unserer Redaktion lediglich lapidar.

