Neue Bewertungskriterien erhöhen Chancen für Reaktivierung der Kochertalbahn
Die Faktoren Klimaschutz und Ländlicher Raum sollen stärker gewichtet werden und nicht nur die reine Kosten-Nutzen-Rechnung maßgeblich sein. Das könnte dem Revival der Kochertalbahn nutzen, dessen Wirtschaftlichkeit untersucht wird.

Gründlichkeit geht vor Geschwindigkeit - und die Berücksichtigung neuer Bewertungskriterien vor einen schnelleren Abschluss der Untersuchung: Das gilt für die Machbarkeitsstudie zur Reaktivierung der Kochertalbahn und Elektrifizierung der Hohenlohebahn, wie die HZ jetzt erfahren hat.
Elektrifizierung der Hohenlohebahn ist Bedingung für Reaktivierung der Kochertalbahn
Mehr als 30 ausrangierten Strecken hatte das Land in einer Analyse bescheinigt, im täglichen Berufs- und Schülerverkehr ausreichend genutzt zu werden, wenn diese wieder in Betrieb genommen würden. Darunter ist auch die Kochertalbahn zwischen Künzelsau und Waldenburg. Sie soll reaktiviert und elektrifiziert und damit Stadtbahn-tauglich gemacht werden.
Gleichzeitig wollen die Kreise Hohenlohe und Schwäbisch Hall erreichen, dass die 30 Kilometer lange Elektrifizierungslücke der Hohenlohebahn zwischen Cappel und Hessental geschlossen wird. Weil Letzteres die Bedingung für Ersteres wäre, wurden beide Projekte in eine zusammenhängende Machbarkeitsstudie gepackt, die klären soll, ob eine Umsetzung grundsätzlich wirtschaftlich wäre und nach Durchführung einer vertiefenden "Standardisierten Bewertung" Chancen hätte, vom Land bei den Investitions- und Betriebskosten gefördert zu werden. Dies wären immerhin 90 und 100 Prozent. Ohne solch hohe Zuschüsse wären Kreise und Kommune gar nicht in der Lage, stillgelegte Strecken wieder zu aktivieren.
Ist die Hohenloher Studie schon abgehängt?
Wie das Verkehrsministerium kürzlich mitteilte, laufen neben der Kochertalbahnstudie noch 19 weitere Untersuchungen. Zwölf seien abgeschlossen, sodass Reaktivierungen vertieft geplant werden könnten. Was bedeutet das für die Hohenloher Studie? Ist sie von den zehn anderen Projekten schon abgehängt worden? Oder liegt sie nach wie vor gut im Rennen?
Dazu muss man wissen, dass das Land den Kreisen im November 2020 Druck machte, nachdem die Ergebnisse der Fahrgastanalyse vorgestellt worden waren. Da nur 100 Kilometer Reaktivierungsstrecken fest budgetiert seien, hätten jene die größten Chancen, die bei der Untersuchung der Wirtschaftlichkeit am schnellsten seien. Dazu gehören die Kreise Hohenlohe und Hall definitiv nicht.
Landratsamt in Künzelsau gibt Entwarnung und steigert die Hoffnung
Doch das Landratsamt in Künzelsau gibt Entwarnung - und macht sogar neue Hoffnung, dass die Verzögerung Gold wert sein könnte.
Im Kern geht es darum, dass für die Reaktivierung und Elektrifizierung von Bahnstrecken in dünner besiedelten Gebieten bei der "Standardisierten Bewertung" künftig nicht nur rein wirtschaftliche Belange berücksichtigt werden sollen, also der Kosten-Nutzen-Faktor über 1,0 liegen müsste, sondern auch Kriterien wie Klimaschutz oder Ländlicher Raum stärker gewichtet werden. Dies sollte auf dringenden Wunsch des Verkehrsministeriums und der Nahverkehrsgesellschaft Baden-Württemberg (NVBW) in den Studien berücksichtigt werden.
Neue Bewertungskritieren werden in laufende Studie eingearbeitet
Da die neuen Kriterien wohl erst im Juni veröffentlicht werden, verzögert sich der Prozess. Das Ministerium habe versichert, dass den Kreisen dadurch keine Nachteile entstehen, sondern bessere Chancen bestünden, gefördert zu werden. Das für die Studie verantwortliche Büro "verfolgt diesen Prozess sehr intensiv und steht mit dem NVBW in engem Kontakt", so das Landratsamt. Eine Abgabefrist gebe es nicht.
Wünschen des Verkehrsministeriums nachgekommen
"Wir sehen die Studie nach wie vor in einem guten Zeitrahmen." Gerne hätte man die Ergebnisse früher erhalten. Aber nach intensiven Gesprächen habe man beschlossen, "dass wir den Wünschen des Verkehrsministeriums nachkommen und mit einer geringfügigen Verzögerung der Fertigstellung der Studie ein den neuen Kriterien entsprechendes Ergebnis haben werden". Die NVBW schätze die Kosten-Nutzen-Analyse mit den neuen Kriterien für die beiden Bahnprojekte in Hohenlohe deutlich positiver ein.