Erwartungen nicht erfüllt: Neue Mülldeponie in Hohenlohe wird kaum gefüllt
Vor allem beim schwach belasteten Bauschutt und Erdaushub wurden die Erwartungen bislang nicht erfüllt, seit im Oktober 2022 der neue Verfüllabschnitt in Beltersrot aufgemacht wurde. Was bedeutet das für den Betrieb der Mülldeponie und die Finanzierung?

Bauschutt und Erdaushub, der schwach belastet ist, muss auf speziellen Deponien entsorgt werden. In Baden-Württemberg gibt es viel zu wenige davon - im Nordosten Baden-Württembergs war lange Zeit gar keine verfügbar. Auch deshalb erweiterte der Hohenlohekreis seine bestehende Deponie in Beltersrot um einen neuen Verfüllabschnitt, der pro Jahr 24.500 Tonnen dieses Abfalls aufnehmen kann. Im Oktober 2022 startete der Probelauf, seit Mai 2023 läuft der Betrieb regulär.
Doch die bis heute angelieferten Mengen lassen zu wünschen übrig und liegen weit hinter den Erwartungen. Im ersten Jahr kamen laut Abfallwirtschaft (AWH) nur 6500 Tonnen an, von November 2023 bis März 2024 sind es nur mehr 1705 Tonnen - mit den für die kommenden Monate fix angemeldeten 4500 Tonnen wird die Menge im zweiten Betriebsjahr dann wohl auch nicht über der im ersten liegen. Das heißt: Nur ein Viertel der Kapazität ist bislang ausgelastet.
Mülldeponie in Hohenlohe: Beim unbelasteten Material läuft es besser
Flächen für weitere 24.500 Tonnen pro Jahr stehen bereit, um unbelasteten Bauschutt und Erdaushub in der Deponie einzubauen. Hier nähern sich die Zahlen im zweiten Betriebsjahr den prognostizierten Füllmengen immer weiter an. Während im ersten Jahr nur 2410 Tonnen abgeladen wurden, sind es von November 2023 bis heute schon 7695 Tonnen - und in den nächsten Monaten werden 14.500 Tonnen sicher dazugekommen, die fest disponiert sind. Das macht unterm Strich mehr als 22.000 Tonnen - oder fast 90 Prozent Auslastung.
Erst seit 2024 entsorgt werden können asbesthaltige Abfälle. Bislang sind rund 50 Tonnen in Beltersrot gelandet, weitere 500 Tonnen sind für die kommenden Monate angemeldet. Bis zur möglichen Jahresmenge von 2000 Tonnen ist auch hier noch viel Luft nach oben.
Der Hohenlohekreis baut 2024 neuen Grüngutplatz bei Kemmeten.
So sind die Prognosen und Kapazitäten für die Mülldeponie in Hohenlohe
Auf alle drei Müllarten gerechnet, können pro Jahr also 51.000 Tonnen entsorgt werden. Würde die maximale Menge immer eingebaut, wäre der erste neue Deponieabschnitt in 18 Jahren voll. Ein zweiter mit ebenfalls 550.000 Kubikmeter könnte danach erschlossen werden. Die gesamte Erd- und Bauschuttdeponie ist also ausgelegt auf mindestens 36 Jahre - oder eben länger, wenn die Mengen weiter so gering bleiben oder in Zukunft changieren.
Das klingt im Grunde nicht schlecht. Doch der neue Deponiebetrieb muss alle Einnahmen selbst erwirtschaften. Er wird also nicht über den normen Gebührenhaushalt finanziert, den jeder Bürger über seine jährlichen Zahlungen füllt: vor allem für die Entsorgung von Rest- und Biomüll. Das bedeutet: Für die Anlieferer werden eigene Gebührensätze erhoben und verrechnet. Meist handelt es sich dabei um größere gewerbliche Kunden, die das Material von Baustellen abliefern. Aber auch private Kunden können ihren Bauschutt dort loswerden, wenn die Menge 500 Liter überschreitet. Alles darunter landet im angrenzenden Wertstoffhof.
Preise für Müll-Anlieferer wurden 2024 gesenkt
Weil 2023 viel zu wenig Müll ankam, senkte die Abfallwirtschaft ihre Preise ab 2024. Doch die großen Mengen bleiben - vor allem beim belasteten Bauschutt und Asbest - bislang weiter aus. Auch wenn die Betriebskosten dadurch partiell sinken, reißt das ein Loch in die Kasse der Abfallwirtschaft. Denn mit jeder Stufe, die Müll mehr belastet ist, steigt der Aufwand der Bodenabdichtung (nur beim Invest) und weiterer Sicherungssysteme (auch im Betrieb) - und damit der Entsorgungspreis. Und: Das dafür neu eingestellte Personal muss so oder weiter bezahlt werden. Einnahmen und Ausgaben sollen sich am Ende die Waage halten, doch aktuell steht da ein Defizit. 1,8 Millionen Euro hat der Bau gekostet. Auch diese weitgehend über Kredite getätigte Investition muss refinanziert werden.
Laut AWH gibt es mehrere Gründe, warum die Mengen so gering sind: die Abdichtung der Hausmüll-Deponie direkt daneben, wofür die Firma Strabag unbelasteten Erdaushub viel günstiger abgreift; die Erddeponien der Kommunen und Steinbrüche in der Region, die dafür noch bessere Preise bieten können; die gesetzlich neu verankerte Wiederverwertung von sauberem Erdaushub; der Nachteil, dass die Bruttopreise für die Anlieferer netto sind, weil der Kreis keine Mehrwertsteuer ausweisen kann; der viele Regen; und natürlich: die Krise der Baubranche. Weniger Abrisse und Sanierungen ergeben hier: weniger schwach belasteten Bauschutt.
Diese Müll-Klassen gibt es
Auf jeder Baustelle muss Erde ausgehoben oder Bauschutt abgetragen werden. Wo dieses Material entsorgt werden kann, richtet sich nach Deponieklassen (DK). Beltersrot kann DK 0 und DK 1 aufnehmen. DK 0 heißt: Alles in Butter, die Erde ist unbelastet. DK 1 bedeutet: Der Bauschutt ist schwach belastet. Relevant ist der Anteil an organischen Stoffen, die im Boden weiter arbeiten und schädliche Substanzen absondern können, sowie an Schwermetallen wie Kupfer, Chrom oder Schwefel. Bei DK II und DK III sind diese Belastungen noch stärker.


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