Mordserie in Schwäbisch Hall erschüttert Region
Innerhalb von fünf Wochen wurde zum zweiten Mal eine alleinstehende Seniorin in ihrer Wohnung getötet. Eine Verbindung zu einem dritten Mordfall ist wahrscheinlich. Eine Soko ermittelt.

Die Angst sitzt bei den Bürgern tief: "Kann ich meine Tochter noch alleine in die Schule gehen lassen?", fragt sich etwa Andreas Kuhn, der schnurstracks zu einem Mannschaftsbus der Polizei geht und an die Scheibe klopft. Unzählige Polizisten tummeln sich an diesem Tag in der Gemeinde Michelbach/Bilz im Landkreis Hall. Dort wurde Mittwochabend (25.01.2023) eine 89 Jahre alte Seniorin tot in ihrer Wohnung gefunden.
Kriminaltechniker suchen Spuren
Beamte befragen Anwohner. Auf dem Gelände des nahen Schulzentrums durchkämmen Polizisten die Wiesen. Auf der anderen Seite sind zivile Ermittler mit Stöcken unterwegs. Kriminaltechniker in weißen Overalls überprüfen die Fundstücke. Binnen fünf Wochen wurde zum zweiten Mal eine Seniorin im Landkreis Schwäbisch Hall getötet. Die 89-Jährige wurde am Mittwoch gegen 10 Uhr das letzte Mal lebend gesehen. Am frühen Abend wurde sie tot in ihrer Wohnung in der Schenkenstraße entdeckt.
Anwohner erschüttert
Erst sei ein Krankenwagen vor dem Haus gestanden, dann immer mehr Beamte dazugekommen, berichtet Marcin Szyrszen, der Tür an Tür mit dem Opfer wohnte. Sie sei immer freundlich gewesen, habe stets gegrüßt. Er selbst und die anderen Anwohner hätten DNA-Proben abgeben müssen. In dem Mehrfamilienhaus sitzt der Schock tief. "Ich muss das erst verarbeiten", sagt einer der Bewohner.
Die Parallelen zum Tötungsdelikt von vor fünf Wochen am Hagenbacher Ring in Schwäbisch Hall, nur vier Kilometer Luftlinie entfernt, sind offensichtlich. Damals wurde, ebenfalls an einem Mittwoch, die 77-jährige Heidemarie K. zuletzt nachmittags im Supermarkt lebend gesehen. Am Freitag darauf, am Tag vor Heiligabend, fanden Angehörige die Frau tot in ihrer Wohnung.
Erster Todesfall 2020
Seither sorgen sich die Menschen in der Siedlung, da erst 2020 dort die wohlhabende Brauerei-Erbin Elfriede Huchler brutal in ihrer Wohnung getötet wurde, nur 180 Meter entfernt von der Wohnung der getöteten Heidemarie K.. Recherchen ergaben, dass die beiden Opfer der letzten fünf Wochen verwitwete Seniorinnen waren, die alleine in ihren Erdgeschosswohnungen lebten. Das Opfer vom Hagenbacher Ring war regelmäßig mit dem Rollator in der Siedlung unterwegs. Das Opfer aus Michelbach bewegte sich zuletzt mit einem Gehstock. Beide starben durch äußerliche Gewalteinwirkung.
Überraschende Häufung
Das Entsetzen ist daher nicht nur in der Nachbarschaft groß, sondern nach dem dritten Todesfall in der ganzen Region. "Für Hall ist das eine überraschende Häufung", sagt Oberstaatsanwalt Harald Lustig. Da aktuell in keinem der drei Fälle ein Tatverdächtiger festgenommen wurde, gebe es "jemanden, mindestens eine Person, die da draußen noch unterwegs ist".
Spuren würden verglichen, beispielsweise eine mögliche Täter-DNA aus der Wohnung von Elfriede Huchler am Hagenbacher Ring. 2020 waren rund 100 Vergleichsproben genommen worden, unter anderem von den zahlreichen Mietern ihrer Immobilien, die sie weit über die Region hinaus besaß. Doch ein Treffer war nicht dabei.
Soko aufgestockt
Nun wurde die Sonderkommission "Höhe", die auch den Fall im Schönbergweg untersucht, auf die Michelbacher Ermittlungen angesetzt. Das Polizeipräsidium Aalen erhofft sich so unter anderem, mögliche Verbindungen schneller zu erkennen. Die Soko wurde von 50 auf 75 Personen aufgestockt.
Laut Polizeisprecher Robert Kauer seien weiterhin Beamte in der Gemeinde unterwegs. Die getötete 89-Jährige wurde laut dem Oberstaatsanwalt am Freitag obduziert. Dabei sei bestätigt worden, dass es sich um einen gewaltsamen Tod handle. Lustig empfiehlt, "noch etwas vorsichtiger" zu sein, als ohnehin schon. Fremden sollte man grundsätzlich misstrauen, sagt Polizeisprecher Kauer.