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Mehr zu Fuß gehen? Hohenlohekreis hat noch kein Konzept

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Anders als bei den Radwegen, steht der Ausbau von Fußwegen erst ganz am Anfang. Eine aktuelle Studie soll jetzt mehr Klarheit bringen, wie stark der Anteil beider Mobilitätsformen bis 2030 gesteigert werden kann.

Der Hohenlohekreis ist seit Januar 2023 Mitglied in der "Arbeitsgemeinschaft Fahrrad- und Fußgängerfreundlicher Kommunen in Baden-Württemberg (AGFK)". Der Verein hat sich zum Ziel gesetzt, "aktive Mobilität so einfach, sicher und bequem" zu gestalten, dass Gehen und Radfahren "die erste Wahl und im Alltag ganz selbstverständlich sind". Dazu sollen "in den AGFK-Kommunen bis 2030 mindestens die Hälfte aller Wege zu Fuß oder mit dem Rad zurückgelegt werden". Auch das Landesverkehrsministerium arbeitet darauf hin, dass künftig mehr Menschen zu Fuß gehen oder mit dem Rad fahren und unterstützt die AGFK-Vision.

"Der Fokus lag zuletzt auf dem Ausbau des ÖPNV, der Schiene und des Radverkehrs"

Doch ist das im ländlichen Raum überhaupt realistisch? Zwar entwickelt der Hohenlohekreis ein neues Radwegekonzept, das 2024 stehen soll. Und er will diese Form der Mobilität nachhaltig stärken. "Ein Fußwegekonzept gibt es bis dato aber noch nicht", bestätigt Birgit Böhm-Lemcke, die Leiterin des Amts für Mobilität.

"Der Fokus lag zuletzt auf dem Ausbau des ÖPNV, der Schiene und des Radverkehrs, das war auch in anderen Kreisen so." Auch die Politik habe sich mit Fußwegen lange Zeit gar nicht beschäftigt. Erst in den "vergangenen zwei bis drei Jahren" habe sich dies geändert, "um die Wege für Fußgänger sicherer zu machen und die Menschen zu bewegen, mehr Wege zu Fuß zurückzulegen" – für die eigene Gesundheit und den Klimaschutz. Das Thema betreffe vor allem "Ballungsräume und Großstädte", doch ländliche Regionen seien ebenso gefragt. Auch "Parkraummanagement" spiele mit hinein, also Innenstädte fußgängerfreundlicher zu machen, um deren Sicherheit und Attraktivität zu erhöhen.


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Größere Kreiskommunen sind als erstes gefragt

Im Hohenlohekreis denkt Böhm-Lemcke in erster Linie an Öhringen und Künzelsau, aber auch an Bretzfeld und Pfedelbach, die vier größten Kreiskommunen. "In den kleineren Städten und Gemeinden ist gar nicht so viel zu tun. Da wurde in der Regel bereits ausreichend an Fußgänger gedacht", meint die Expertin. Außerdem sei der innerörtliche Verkehr dort viel ruhiger. Mitunter genüge es, "kleinere Dinge" zu verändern, "man muss nicht immer alles gleich neu machen".

Auch "Flächen für Rad- und Fußwege noch mehr zu teilen", sei ein probates Mittel. In Künzelsau und Öhringen sei sicher am meisten möglich, um noch mehr Fußwege auszuweisen. "Da gibt es ja spezielle Klimamanager, und sie sitzen bereits über Plänen, wo das ausreichend berücksichtigt werden soll", so Böhm-Lemcke. Ansonsten seien alle Kommunen "in eigener Verantwortung" angehalten, die Sicherheit für Fußgänger zu erhöhen und die Barrierefreiheit für geh- und sehbehinderte Menschen zu gewährleisten.

Neue Studie soll mehr Klarheit bringen

Was wo Sinn mache, hänge von den Fußwegen und ihrem Umfeld ab. Es gehe vor allem darum, kürzere Strecken innerorts oder zum nächsten Teilort in den Blick zu nehmen und nicht den langen Fußweg über Land.

Wie viele Wege im Hohenlohekreis zu Fuß, mit dem Rad, mit dem Auto, mit dem Bus oder per Bahn zurückgelegt werden, kann bisher nur grob geschätzt werden, verlässliche Zahlen liegen nicht vor. Das wird sich bald ändern. Der Kreis nimmt teil an der Studie "Mobilität in Deutschland 2023" (MiD) des Bundesverkehrsministeriums. Es ist die größte bundesweite Erhebung zur Alltagsmobilität. "Von Frühjahr bis Herbst werden dazu auch in unserem Kreis Haushalte repräsentativ befragt", sagt Böhm-Lemcke.

 


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So viel wollen Erwerbstätige pro Tag zu Fuß laufen

Frühere Studien auf Bundesebene zeigen, dass die Bürger in Deutschland in der Summe zwar durchaus häufiger zu Fuß unterwegs sind, die zurückgelegten Strecken aber nur sehr kurz sind - egal ob in der Großstadt oder im ländlichen Raum. Laut der letzten MiD-Erhebung 2017 sind es pro Tag im Schnitt maximal ein bis zwei Kilometer. Birgit Böhm-Lemcke weiß, dass "Erwerbstätige im Schnitt bereit sind, ein Kilometer am Stück und pro Tag zu Fuß zu gehen": etwa zur Arbeit. "Alles darüber machen sie nicht mit." Wie von offizieller Seite verlautbart, sei "gesunden Schülern zumutbar, drei Kilometer zu Fuß in die Schule zu gehen".

Aus den Ergebnissen der aktuellen MiD-Studie hofft die Amtsleiterin nun, konkretere Schlüsse ziehen zu können. Und sie sagt: "Es ist nicht ausgeschlossen, dass wir im Hohenlohekreis mal ein Fußwegekonzept haben werden. Jetzt konzentrieren wir uns aber erst mal auf den Ausbau der Radwege."

 


Stärkung der Fußwege ist Ziel auf allen Ebenen

Das Mobilitätskonzept der Stadt Öhringen sieht vor, den motorisierten Individualverkehr zu verringern und klimafreundlichere Verkehrsformen zu stärken. Dazu beschloss der Gemeinderat am 25. Juli, den Marktplatz montags bis freitags von 19 bis 5 Uhr und samstags von 16 Uhr bis montags 5 Uhr für den Durchgangsverkehr zu sperren. Gleiches gilt für die Rathausstraße. Die Sperrung erfolgt für ein Jahr auf Probe.

Auch Künzelsau hat ein Mobilitätskonzept, aber noch keine konkreten Sperrungen verfügt. Das Land will, dass bis 2030 insgesamt 500 verkehrsberuhigte Ortsmitten entstehen und dies fördern. Der Bund will das Straßenverkehrsgesetz ändern, damit Kommunen den Kfz-Verkehr zugunsten verkehrsberuhigter Zonen leichter drosseln können.

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