Kosten für neues Landratsamt des Hohenlohekreises stark gestiegen
Der Kreistag beschließt den Bau des ersten Verwaltungsgebäudes in Künzelsau, das allein 70 Millionen Euro verschlingt und alle Bürgerdienste vereint. Der Baustart ist Ende 2024 und der Bezug im Frühjahr 2027 geplant.

Das neue Landratsamt soll nicht den Eindruck erwecken, als würde der Kreis hier klotzen oder protzen. Kämmerer Michael Schellmann vergleicht den ersten Bauabschnitt mit einem "guten Mittelklassewagen". Und ergänzt: "Es muss kein Porsche sein, darf aber auch nicht untermotorisiert daherkommen." Trotzdem schluckte nicht nur Schellmann, als nach der monatelangen Feinplanung die finale Kostenschätzung für das neue Kreishaus in Künzelsau auf dem Tisch lag: rund 70 Millionen Euro. Allein für jenen Trakt, in dem zunächst alle zentralen Bürgerdienste vereint werden.
Trotzdem machte der Kreistag am Montag in Pfedelbach den Weg frei und fasste bei vier Gegenstimmen der AfD-Gruppe und von CDU-Kreisrat Rolf Weibler den Baubeschluss.
Teuerstes Hochbauprojekt in der Geschichte des Hohenlohekreises
Die Kostenfrage bleibt der heikelste Punkt. Laut Landrat Matthias Neth ist es "das bei weitem teuerste Hochbauprojekt in der Geschichte des Hohenlohekreises, das mit Eigenmitteln gestemmt werden muss". Und dies gilt schon für den ersten Bauabschnitt. Zum Vergleich: Das neue Krankenhaus in Öhringen soll rund 100 Millionen Euro kosten, der Preis ist vertraglich garantiert. Das Land übernimmt jedoch mit 51,5 Millionen Euro gut die Hälfte der Investition, so dass Stand heute noch 48,5 Millionen Euro am Kreis hängen bleiben.
Beim neuen Landratsamt sind bislang erst zwei Millionen Euro an Förderungen sicher. Weitere Zuschüsse müssen erst noch ausgelotet werden, doch sie werden in der Summe wohl kaum zweistellig sein. Aktuell muss der Kreis den ersten Bauabschnitt seines neuen Domizils also mit 68 Millionen Eigenmitteln bezahlen. Und selbst wenn am Ende etwas weniger stünde, wäre das immer noch ein veritabler Brocken.
So wird der erste Bauabschnitt finanziert
Schellmann rechnet vor: 30 Millionen Euro sind Eigenkapital. "Diese Rücklagen haben wir über viele Jahre genau zu diesem Zweck aufgebaut." Hinzu kommt ein Darlehen über 20 Millionen Euro, das der Kreis 2022 mit einem auf 30 Jahre festgeschriebenen Zinssatz von 2,4 Prozent abgeschlossen hat. "Das war ein guter Deal." Dazu habe der Kreis noch einen "Bausparvertrag in petto", der fünf Millionen Euro bringe. Zwei Millionen Euro winken über ein KfW-Programm. 13 Millionen bleiben noch übrig, die auf dem Kreditmarkt oder über weitere Zuschüsse beschafft werden müssen.
Landrat Neth betont: "Wir halten das für finanzierbar." Obwohl er weiß, dass der Preis "hoch" ist. Doch "eine Alternative sehen wir nicht", sagt er. "Die Unterbringung unserer Verwaltung ist stellenweise richtig schlecht." Es herrsche ein "Riesendruck", auch weil Vorgaben des Arbeitsschutzes seit Jahren missachtet würden. Seit 2012 sei klar: Das Landratsamt müsse dringend erneuert werden. "Nur haben wir seitdem die Prioritäten anders gesetzt": auf die Schulen genauso wie aufs Krankenhaus. Nun könne der Neubau des Landratsamts nicht länger geschoben werden.
Was ab 2027 folgt, ist noch unklar

Öffentlich hat die Kreisverwaltung seit 2021 keine Kosten mehr genannt. Ein letzter grober Überschlag datiert vom Sommer 2021. Damals war von 60 Millionen Euro die Rede für rund 600 Arbeitsplätze. Oder 75 Millionen, wenn auch der B-Bau ersetzt würde. Inoffiziell lagen vor einem Jahr 80 bis 100 Millionen in der Luft: für das Komplettpaket. Nun gibt es die erste verlässliche Kostenschätzung: mit rund 70 Millionen Euro - nur für den ersten Bauabschnitt mit 329 Arbeitsplätzen. Im zweiten sollen 307 weitere dazukommen - am Ende wären es 636. Was wann noch dazu kommt, ist unklar. Pläne für einen zweiten und dritten Bauabschnitt liegen vor. Die Entscheidung darüber dürfte erst Ende dieses Jahrzehnts fallen. Der Kreis fährt hier auf Sicht - und hat sich bewusst für dieses modulare Baumodell entschieden.
Viel teurer als gedacht, doch Preis sei für heutige Verhältnisse "normal"
Um 34 Prozent seien die Baupreise seit 2021 gestiegen, erklärt der Kreis. Die teuren Gründungsarbeiten seien ein weiterer Preistreiber. Ist der Neubau überteuert? Nein, betont Christian Wolz, der das Hochbauamt leitet. Man habe sich vergleichbare Projekte angesehen und sei zu dem Schluss gekommen: "Für ein Bürogebäude mittleren Standards" sei der Preis "normal". Der aktuelle Baukostenindex weise klar in diese Richtung. Die Berechnung ließ dann auch Kämmerer Michael Schellmann wieder etwas ruhiger schlafen, "nachdem wir uns mit dem Architekturbüro schon intensiv um die hohen Kosten gestritten haben".



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