In Kocher und Jagst wird das Wasser knapp: Die Folgen spüren nicht nur Freizeitsportler
Aktuell sorgen niedrige Wasser-Pegelstände in Kocher und Jagst für Probleme für Freizeit und Naturschutz. Droht nun wieder ein Wasser-Entnahmeverbot wie im Vorjahr?

Kanufahren auf Jagst und Kocher: "Das geht gerade einfach nicht", sagt Daniel Heffner vom gleichnamigen Unternehmen für Freizeitaktivitäten in Ingelfingen. Ab einem Pegelstand von 40 Zentimetern darf auf den Flüssen gepaddelt werden. Gemessen wird der für den Kocher in Kocherstetten (Künzelsau) und für die Jagst in Dörzbach. Aber dieser Wasserstand wird im Sommer nur noch selten erreicht.
"Wie weichen ab und zu mal auf die Tauber aus", so Heffner. Auch der Regen in der vergangenen Woche hat nichts geändert: "Für ein, zwei Tage kann man da dann fahren, aber das ist nichts Langfristiges." Inzwischen sei Kanufahren auf Kocher und Jagst regelmäßig nur noch von April bis Juni möglich.
Das Landratsamt Hohenohekreis bewertet die niedrigen Pegelstände als kritisch
Auch das Landratsamt bewertet die Pegelstände als kritisch, so eine Antwort auf Nachfragen der Redaktion: Schon seit längerem sei zu beobachten, dass sich die Werte der Zwillingsflüsse Jagst und Kocher meist unterhalb eines wichtigen Mittelwerts zu den niedrigsten Abflussmengen befinden.
Wenn die Pegelstände auf anhaltend kritische Werte sinken und auf "absehbare Zeit nicht mit wirksamen Niederschlägen zu rechnen" ist, könne die Wasserbehörde eine Beschränkung zur Wasserentnahme verfügen, heißt es in den Antworten. Eine solche Verfügung habe es im Sommer vergangenen Jahres gegeben und auch jetzt werde eine vorbereitet.
Niedriger Wasserstand als Problem für die Fische in Kocher und Jagst
Anders als die Kanufahrer können die Fische nicht in die Tauber ausweichen. "Es ist dramatisch, wie sich die Pegelstände entwickelt haben", sagt Markus Hannemann von der Fischhegegemeinschaft Jagst. "Wenn ich an meine Kindheit denke, wie viele Fische in der Jagst gewuselt sind." Die Ursache seien die Hitzeperioden durch Klimawandel. Dazu kommt, dass durch künstliche Begradigung der Flüsse das Wasser schnell abfließe.
Sinkt der Wasserstand, fallen Steinbänke trocken, so Walter Rauch, Kreis-Beauftragter des Landesfischereiverbands für den Landesnaturschutzverband: "Dann heizen sich die Steine in der Sonne auf. Wenn sie dann wieder von Wasser bedeckt werden, erhitzt sich das Wasser." Verschlimmert werde das durch kleine Wasserkraftwerke. Dort werde Wasser in kurzer Zeit angestaut, das dann weiter unten fehle, und kurz darauf in einem Schwall wieder abgelassen wird.
Zu wenig Sauerstoff in den Flüssen
Im vergangenen Jahr habe Rauch eine Wassertemperatur von 27 Grad Celsius in der Jagst gemessen - das ist für viele Fische zu warm. "Früher gab es Forellen und Äschen", die brauchen aber niedrigere Temperaturen. "Je wärmer das Wasser ist, desto weniger Sauerstoff kann gelöst werden." Der hohe Nährstoffgehalt des Wassers sorge für viele Pflanzen im Wasser. Sie produzieren tagsüber viel Sauerstoff, "damit liegt abends teilweise eine Sauerstoffsättigung von bis zu 200 Prozent vor", nachts falle sie bis auf 50 Prozent ab. Gleichzeitig schwanke der PH-Wert stark, "das halten viele Fische nicht aus, vor allem junge", so Rauch.
Die Flüsse befinden sich in einem ökologisch schlechten Zustand, sagt Hannemann. Das zeigten Bewertungsmarker, die in allen Gewässern gemessen werden, wie Anzahl der Fische und Kleinstlebewesen. Der "ökologisch gute Zustand" müsse wieder hergestellt werden, fordert die EU-Wasserrahmenrichtlinie. Dabei müsse man mit niedrigen Wasserständen und ausfallenden Niederschlägen wegen des Klimawandels arbeiten. "Es müssen wieder Strukturen eingebaut werden", die der Begradigung der Flüsse entgegenwirken und das Wasser verlangsamen, so Hannemann. "Wir bauen Nebengerinne, wie Unterstände für Fische. Dort entstehen Laichhabitate und Fischkinderstuben."
Geplantes Wasserentnahme-Verbot in Hohenlohe
Das Landratsamt (LRA) hat angekündigt, die Entnahme von Wasser aus Flüssen und anderen oberirdischen Gewässern per Allgemeinverfügung zu verbieten. Eine solche hat es schon im vergangenen Jahr gegeben, es war nur noch das Schöpfen mit Handgefäßen erlaubt. Wer eine wasserrechtliche Erlaubnis hatte, musste die Menge halbieren.
Die Behörde fordert außerdem zu einem "stets sensiblen und sparsamen Umgang mit Wasser" auf. Man solle verstärkt dazu übergehen, Niederschlagswasser während regenreicherer Zeiten zu bevorraten. Auch gewerbliche und landwirtschaftliche Betriebe mit hohem Wasserbedarf sollten einplanen, dass künftig Entnahmen aus Oberflächen- oder Grundwasser nur noch eingeschränkt möglich sein werden und deshalb zur Sicherheit ebenfalls Wasserspeicher errichten.
Die Regelungen für den Freizeitsport in den Flüssen sind in der Jagst- und der Kocherverordnung niedergeschrieben - dazu gehört auch die 40-Zentimeter-Pegelgrenze fürs Kanufahren. Im Kocher gibt es Ausnahmen von dieser Regelung an einigen Wehren. Kanufahren sei dort zwar nicht möglich, sagt Daniel Heffner, Betreiber der Firma Heffner Outdoor Events. "Aber mit aufgeblasenen Boards kann man darauf." Die Fischer sehen den Freizeitsport und das Baden in den Gewässern kritisch, es störe die Tiere. "Seit Corona hat sich der Freizeitdruck durch Badende, Kanufahrer, Stand-Up-Paddler und so weiter bei schönem Wetter deutlich erhöht", so Walter Rauch.