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Hohenloher Starkoch Lothar Eiermann ist tot

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Der Sternekoch war dreieinhalb Jahrzehnte lang Küchenchef des Wald- und Schlosshotels Friedrichsruhe. Nun ist er im Alter von 78 Jahren nach kurzer, schwerer Krankheit verstorben. Ein Nachruf auf den Pionier der Nouvelle Cuisine in Hohenlohe.

von Christian Nick
Lothar Eiermann ist tot. Der 78-Jährige starb nach schwerer Krankheit
Lothar Eiermann ist tot. Der 78-Jährige starb nach schwerer Krankheit  Foto: Koch, Jürgen

Er prägte die Entwicklung der deutschen Spitzengastronomie über lange Jahre maßgeblich mit und brachte die Nouvelle Cuisine nach Hohenlohe: Lothar Eiermann galt als einer der großen Küchenchefs und als Pionier moderner Kochkunst. Nun ist er im Alter von 78 Jahren gestorben. Durch seine Familie wurde am Montagmorgen bestätigt, dass der langjährige Küchenchef des Zweiflinger Wald- und Schlosshotels Friedrichsruhe am Samstag nach kurzer, schwerer Krankheit seine Augen für immer geschlossen hat.

"Mein Vater hatte im Januar erfahren, dass er an Krebs erkrankt war", berichtet seine Tochter Aline Eiermann unserer Redaktion. "Kürzlich gab es dann noch einen akuten medizinischen Vorfall, an dem er letztlich nun verstarb."

Lothar Eiermann ist tot: Über 35 Jahre im Wald- und Schlosshotels Friedrichsruhe

Ein Leben für die Kulinarik: Bis zuletzt verfolgte Lothar Eiermann die Trends der Szene aufmerksam. Hier gab er 2021 ein Interview zur Lage der Gastronomie.
Ein Leben für die Kulinarik: Bis zuletzt verfolgte Lothar Eiermann die Trends der Szene aufmerksam. Hier gab er 2021 ein Interview zur Lage der Gastronomie.  Foto: Koch

Über 35 Jahre lang hatte Eiermann in der Küche des Zweiflinger Hotels gestanden, um den Hohenloher Betrieb buchstäblich nach den Sternen greifen zu lassen: Schon 1974 erkochte er dort den ersten Michelin-Stern, 1979 den zweiten. Den büßte er 1984 zwar zwischenzeitlich ein - holte ihn 1988 jedoch zurück, hielt ihn bis 1998 und wurde auch danach nochmals mit einem Stern dekoriert. Bis zuletzt lebte der 1945 im südbadischen Stühlingen geborene Eiermann in Zweiflingen.

"Er hat sich immer als Kulturschaffender verstanden", sagt Eiermanns zweite Tochter, Alexa Heinrichsen. Denn für ihren Vater habe die Kulinarik und das gelungene Zusammenspiel am "Pass" der Küche durchaus im Rang eines klassischen Orchesters gestanden, erzählt sie.

Seine Kunst lernte Lothar Eiermann dort, wo sich deren Koryphäen seinerzeit tummelten: Nach der Kochlehre folgten Stationen in der Schweizer Spitzengastronomie - unter anderem in Zürich und Lausanne – sowie auch im damals legendären "Erbprinz" in Ettlingen. Nach der Küchenmeister-Prüfung und dem Studium der Betriebswirtschaftslehre ging der ambitionierte junge Mann nach England und Schottland, ehe Lothar Eiermann Ende 1973 nach Zweiflingen kam – und blieb.

 


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Sternekoch Lothar Eiermann: Pionier moderner Zubereitung und Präsentation

Der Sternekoch, der einst nach dem frühen Tod des Vaters das Gymnasium hatte verlassen müssen und anschließend im Schwarzwald seine Lehre absolvierte, trug in jenem Hotellerie-Flaggschiff, das die Würth-Gruppe 2005 vom Fürstenhaus Hohenlohe-Oehringen übernahm, wesentlich zur Erneuerung der deutschen Spitzengastronomie bei.

Unter seiner Ägide begann in Hohenlohe der Siegeszug der Nouvelle Cuisine - jener französischen Koch-Philosophie, welche auf exzellente Produktqualität und die Bewahrung des Eigengeschmacks von Lebensmitteln fokussiert. Eiermanns kulinarische Handschrift war stets geprägt von Frische, Regionalität und Leichtigkeit: Sehr wichtig war ihm beispielsweise das Garen bei möglichst geringer Temperatur.

Von den Franzosen geachtet und ausgezeichnet

Seinen Einfluss schon in jüngeren Jahren verdeutlicht die Tatsache, dass ein offener Brief Eiermanns an Starkoch Paul Bocuse 1979 für Kontroversen in der Szene sorgte – der in älteren Jahren lässt sich daran ermessen, dass Eiermann, nachdem er sich 2008 aus der Schlosshotel-Küche verabschiedet hatte, als bis dato einziger Nicht-Franzose zum "Grand Chef Relais & Châteaux auf Lebenszeit" ernannt und 2010 für sein Lebenswerk mit einem "Special Award" als "Hotelier des Jahres" ausgezeichnet wurde.


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Lothar Eiermann, den seine Tochter Aline eine "große Persönlichkeit mit Ecken und Kanten" nennt, blieb auch danach aktiv. Er sei "im Rentner-Stress" und "laufend Chauffeur", erzählte er 2021 im HZ-Gespräch. Regelmäßig kochte er noch - nicht zuletzt für seine sechs Enkelkinder. Aline Eiermann sagt: "Ich habe neulich erst versucht, ein Gericht von ihm nachzukochen. Meine achtjährige Tochter hat gesagt: "Mama, es tut mir leid – aber es schmeckt bei Dir einfach anders."

 


Zur Person

Der 1945 im südbadischen Stühlingen geborene Lothar Eiermann galt als einer der großen Küchenchefs und Pioniere der Haute Cuisine in Deutschland. Nach Kochlehre, Stationen in der Schweizer Spitzengastronomie und im damals legendären Ettlinger "Erbprinz", legte er 1970 seine Küchenmeister-Prüfung ab, studierte Hotelbetriebswirtschaft, arbeitete zwei Jahre als Management Trainee in England und Schottland und fing im Dezember 1973 als Küchenchef und Direktor im Wald- und Schlosshotel Friedrichsruhe an.

Dort erkochte er 1974 den ersten Michelin-Stern, 1979 den zweiten. Den büßte er 1984 wieder ein, erkochte ihn 1988 zurück, hielt ihn bis 1998, um dann mit einem weiteren Stern bewertet zu werden. Auf den zweiten Stern ist er noch heute stolz, aber auch darauf, dass es ihm gelungen ist, "trotz Standortnachteil auch große Investitionen aus dem Betrieb heraus zu erwirtschaften".

Nach gut 35 Jahren beendete Lothar Eiermann Ende 2008 seine Tätigkeit im Wald- und Schlosshotel, das die Würth-Gruppe 2005 vom Fürstenhaus Hohenlohe-Oehringen übernommen hatte. 2009 wurde er als bisher einziger Nicht-Franzose zum "Grand Chef Relais & Châteaux auf Lebenszeit" ernannt, 2010 für sein Lebenswerk mit einem "Special Award" als "Hotelier des Jahres" ausgezeichnet.

 

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