Kochertalbahn: Der Weg ist frei für eine wichtige Prüfung
Die Mehrheit des Kreistags möchte, dass die Reaktivierung weiter untersucht wird. Eine Gewähr für die spätere Umsetzung ist das aber nicht.

Die Kochertalbahn zu reaktivieren bleibt ein zentrales Thema im Hohenlohekreis. Am Mittwochabend stimmte der Kreistag dafür, eine Standardisierte Bewertung samt Infrastrukturplanung in Auftrag zu geben.
Diese Untersuchung ist zwingend erforderlich, um die Wirtschaftlichkeit final zu prüfen. Sie ist aber auch sehr teuer und bietet keinerlei Gewähr, dass die stillgelegte Strecke tatsächlich wiederbelebt wird. Deshalb und wegen der hohen Investitionskosten von bis zu 274 Millionen Euro, Stand heute, ist das Bahnprojekt heftig umstritten.
Um das ging es bei der Sondersitzung des Kreistags
Bei der Sondersitzung des Kreistags in der Stadthalle Künzelsau ging es allein darum, ob die Reaktivierung der Kochertalbahn zwischen Künzelsau, Kupferzell und Waldenburg weiter untersucht wird. Die Infrastrukturplanung kostet nach aktuellen Schätzungen drei Millionen Euro, wovon der Hohenlohekreis die Hälfte bezahlen will. Für die Standardisierte Bewertung selbst kommen noch einmal 150.000 bis 200.000 Euro obendrauf.

Für die Kreisfinanzen ging es am Ende also um 1,6 Millionen Euro und die spannende Frage, ob das Vorhaben überhaupt weiterverfolgt werden soll. Denn das Land verhandelt diese Frage direkt mit dem Kreis, nicht mit den drei betroffenen Kommunen. Hätten die Kritiker im Kreistag also gewonnen, wäre die Reaktivierung schon jetzt vom Tisch gewesen. So aber setzten sich am Ende der zweistündigen und emotional aufgeladenen Sitzung die Befürworter mit 20 Stimmen durch. Zwölf Räte waren dagegen, zwei enthielten sich.
Darum ist die Standardisierte Bewertung so wichtig
Die Standardisierte Bewertung ist der Goldstandard, um die Wirtschaftlichkeit neuer Bahnstrecken zu ermitteln. Sie folgt der Machbarkeitsstudie, die Ende März vorgestellt wurde und sowohl dem elektrischen Lückenschluss der Hohenlohebahn als auch der Kochertalbahn ein positives Ergebnis bescheinigt hat. Um von Land und Bund gefördert zu werden, müssen beide Vorhaben aber noch genauer untersucht werden.
Erst wenn diese Bewertung die entstehenden Kosten ebenfalls in ein positives Verhältnis zum volkswirtschaftlichen Nutzen stellt und der Kreistag und die betroffenen Kommunen danach von politischer Seite grünes Licht geben, kann der Förderantrag gestellt werden.
Finanzierung der Betriebskosten ist das A und O
Dies betrifft sowohl die Investitionen, wo eine Rekord-Quote von 90 Prozent winkt, also auch den laufenden Betrieb, wo das Land das Standard-Angebot voll übernehmen könnte - zuzüglich separater Leistungen, die der Kreis und die Kommunen selbst bezahlen müssten. Eine Zusage des Verkehrsministeriums gibt es noch nicht, "da die Übernahme der Betriebskosten noch nicht beantragt wurde", sagt Sprecher Edgar Neumann. "Eine wesentliche Voraussetzung hierfür ist, dass der Kreistag die Reaktivierung positiv beschließt."
In Baden-Württemberg gibt es rund 30 stillgelegte Bahnstrecken, die eine realistische Chance haben, wiederbelebt zu werden. Doch das Land hat bis jetzt nur zugesichert, den Betrieb von 100 Kilometern zu finanzieren - oder womöglich noch etwas mehr, wenn der Bund dafür mehr Mittel bereitstellt. Doch alle 30 Strecken zusammen haben eine Länge von rund 460 Kilometern, wie das Verkehrsministerium mitteilt. Das heißt: Bei weitem nicht alle Reaktivierungsprojekte werden am Ende zum Zug kommen. Wer die Planungen am schnellsten bis zur Betriebsreife durchzieht, hat demnach die größten Chancen, gefördert zu werden. Dieses "Windhundprinzip" gilt also weiterhin.
Landrat Matthias Neth zweifelt
Landrat Matthias Neth "glaubt nicht an einen schnellen Bau" und zweifelt sogar, ob er jemals verwirklicht wird: ""Es ist wahrscheinlicher, dass ein Hohenloher in 15 Jahren auf dem Mond landet, als dass in 15 Jahren die Kochertalbahn fährt." Andererseits seien die politischen und finanziellen Bedingungen seitens Bund und Land so günstig wie noch nie. "Wir können hier deshalb noch nicht abbrechen", hält er es für angemessen, Kreisgeld für die weitere Bewertung zu setzen, um die "vielen offenen Fragen" zu klären und die Bau- und Betriebskosten noch genauer zu beziffern.
Wer stimmte wie ab?
Neun Kreisräte fehlten: vier von der CDU, zwei von den Grünen und je einer von SPD, FDP und AfD. Somit nahmen 34 an der Abstimmung teil. Neun CDU-Vertreter votierten für die Ausschreibung der Standardisierten Bewertung samt Infrastruktplanung, nur Rolf Weibler war dagegen. Acht Kreisräte der Freien Wähler waren dagegen, nur Karl Michael Nicklas dafür. Die fünf Grünen-Kreisräte sagten geschlossen Ja, genauso die zwei AfD-Vertreter. Bei der SPD gab es drei Ja- und zwei Nein-Stimmen. Zwei FDP-Kreisräte enthielten sich, eine war dagegen. Ernst Kern (Linke) war dafür. So setzten sich die Befürworter mit 20:12 bei zwei Enthaltungen durch.
Wie geht es jetzt weiter?
Der Kreistag ist zwar grundsätzlich dafür, die Reaktivierung der Kochertalbahn weiter untersuchen zu lassen und eine Standardisierte Bewertung samt Infrastrukturplanung auszuschreiben. Das Gremium tritt mit dem jetzt getroffenen Beschluss aber erstmal auf die Bremse, was die konkrete Trassenführung betrifft. Die genaue Variante wird nun mit den drei Anliegerkommunen sowie dem Land intensiv beraten und festgelegt, bevor sie untersucht wird. Zuletzt standen zwei Streckenführungen ab Gaisbach zur Wahl: die eine, mit 274 Millionen Euro weitaus teurere, führt durch einen neuen Tunnel, die andere über das Künsbachtal nach Künzelsau (194,5 Millionen). So oder so hofft der Kreis, dass Bund und Land die Investition zu 90 Prozent fördern, der Rest müsste kommunal finanziert werden.
Wer bezahlt die teure Infrastrukturplanung?
Der jüngste Beschluss regelt, dass diese nicht mehr als drei Millionen Euro kosten darf. Der jüngste Beschluss regelt, dass diese nicht mehr als drei Millionen Euro kosten darf. Der Kreisanteil von 50 Prozent ist also auf 1,5 Millionen Euro gedeckelt. Wird es teurer, muss der Kreistag erneut entscheiden. Die anderen 1,5 Millionen Euro müssen noch zwischen Künzelsau, Kupferzell und Waldenburg verteilt werden.