Gegenbewegung zu Asylheim-Gegnern in Pfedelbach formiert sich: Junge Familien wollen helfen, Flüchtlinge zu integrieren
Immer mehr Menschen in Pfedelbach möchten ehrenamtlich helfen, damit die Integration der neuen Geflüchteten in der Gemeinde gelingt. Der Kreis sucht derweil dringend Sozialarbeiter.

Die gute Nachricht: Genügend Geld für das Personal ist da, betont Landrat Matthias Neth. Sozialarbeiter zu bezahlen, die Flüchtlinge betreuen: Dies sei nicht das Problem, das Land finanziere es. Ein Grund, warum der Konflikt um die Asylunterkunft in Pfedelbach so hochkochte, ist die fehlende Anzahl von Sozialarbeitern. Eine Fachkraft für 100 Personen: Das verstehen viele nicht. Nun hat das Land den Schlüssel von 1 zu 100 herabgesetzt, doch es scheitert an genügend Bewerbern. "Bis Ende des Jahres bräuchten wir fünf Sozialarbeiter, wenn wir den neuen Betreuungsschlüssel von 1 zu 90 zugrunde legen. Uns fehlen aber jetzt schon 2,5 Kräfte, bis Jahresende dann noch einmal drei. Was sollen wir tun, wenn wir die Menschen nicht finden?" fragt der Landrat weiter. Deswegen sucht der Kreis händeringend nach Menschen, die sich in der Flüchtlingsarbeit einbringen.
Tatsächlich herrscht seit dieser Woche Aufbruchstimmung in Pfedelbach
Rund eine Woche nach der Infoveranstaltung, in der viele den Eindruck gewonnen haben, die Bürger seien geschlossen gegen die geplante Asylunterkunft am Löwengarten, formiert sich Gegenwind. Eine Gruppe von sechs Pfedelbachern zwischen Ende 20 und 40 haben sich zusammengetan und wollen helfen, Flüchtlinge zu integrieren. Sie alle eint: Es sind junge Familien - gerade jener Gruppe von Einwohnern, von denen man bislang den Eindruck gewinnen konnte, dass sie sich fast einhellig gegen das Asylheim wehren. "Schon bei der Infoveranstaltung haben meine Frau und ich beschlossen, das zu machen", erklärt der Pfedelbacher, der seinen Namen momentan noch nicht veröffentlicht sehen möchte. "Das Projekt steckt noch in den Kinderschuhen und für uns alle ist es Neuland, aber wir stecken voller Ideen und es gibt erste Gespräche." Das A und O sei die Sprache und so könnte man sich vorstellen, Sprachkurse anzubieten. Weiter könnte es Aktionen rund um Sport oder Handwerkliches geben. Der Gemeinderat und der Bürgermeister seien eingeweiht und im Rathaus wolle man unter Umständen Räume zur Verfügung stellen.
Unterstützt werden die neuen Helfer von erfahrenen Kräften, die 2016 den Freundeskreis Asyl ins Leben gerufen hatten
Auch dort haben sich laut Bürgermeister Torsten Kunkel einige Einwohner gemeldet, die ihre Hilfe in der Integrationsarbeit zugesichert haben. Unterstützt werden die Neuen von erfahrenen Kräften, die 2016 den Freudeskreis Asyl in Pfedelbach ins Leben gerufen hatten, als die Flüchtlingsthematik letztmals dermaßen überkochte. Bei der Integration von ukrainischen Kriegsflüchtlingen sind viele Pfedelbacher bereits seit 2022 aktiv und haben zum Beispiel ein Begegnungscafé und Sprachkurse ins Leben gerufen. Gemeinderat Michael Schenk leitet derzeit einen Sprachkurs für Ukrainer. Tipps kann er an die neuen Integrationsgruppen weitergeben. Dass die Sprache der Schlüssel ist, kann er bestätigen. Im Fortgeschrittenenkurs sei spürbar, dass viele angekommen seien, wenn etwa gefragt werde, wie man ein Auto zulässt.
Pfedelbacher blicken nach Neuenstein, wo sich ebenfalls eine Gruppe Ehrenamtlicher mit großem Engagement einbringt
Landrat Neth hob dies jüngst beim Blick auf die dortige Groß-Unterkunft in Neuenstein hervor: "Da ist das Ehrenamt so aktiv, dass es keine Probleme mit der Betreuung gibt - übrigens auch keine Akzeptanzprobleme in der Bevölkerung." Neuensteins Bürgermeister Karl Michael Nicklas sagt, das Engagement vor Ort habe sich in den Jahren nicht als Strohfeuer, sondern als kontinuierlich erwiesen.
Was sagt die Bürgerinitiative in Pfedelbach mit dem Bürgerbegehren gegen die Unterkunft?
"Natürlich begrüßen wir es, wenn Menschen sich einsetzen", sagt der neue Sprecher Wolfgang Thoma. Er selbst habe sich jahrelang beim Diabetikertreff engagiert. Doch er habe Bedenken, da die meisten Geflüchteten traumatisiert seien. "Da braucht es Fachpersonal und keine Laien. Wir sind nicht gegen alle, die eine andere Hautfarbe haben." Nur müsse es sozialverträglich sein und es müssten genügend Fachkräfte eingesetzt werden: "Ich kann kein Schwimmbad aufmachen und sagen, der Bademeister kommt nach."