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Essen in die Tüte statt im Müll: App "Too good to go" startet im Hohenlohekreis

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Über die App "Too good to go" können Kunden Reste von Lebensmittelhändlern für kleines Geld kaufen. Doch es gibt auch Kritik am dänischen Unternehmen.

Genießbare Lebensmittel, die sonst in der Biogasanlage oder im Abfall landen, können noch verzehrt werden. Eine App bringt Produzenten und Kunden zusammen.
Genießbare Lebensmittel, die sonst in der Biogasanlage oder im Abfall landen, können noch verzehrt werden. Eine App bringt Produzenten und Kunden zusammen.  Foto: dpa

Zu viel Essen landet in Mülleimern, obwohl es nicht verdorben ist. Das mittlerweile in Europa und Amerika operierende dänische Unternehmen "Too good to go" – übersetzt etwa: "Zu schade zum Verderben" – will mit seiner gleichnamigen App die Menge weggeworfenen Essens reduzieren: Händler können mit ihr ablaufende und übriggebliebene Waren in "Überraschungstüten" an die Kunden bringen und so Lebensmittelverschwendung vermeiden.

An 17 Standorten im Hohenlohekreis gibt es solche Angebote – von Tüten mit Backwaren bis hin zum gebratenen Hähnchen. Am häufigsten tauchen auf der Karte der teilnehmenden Betriebe im Kreis, die über die Smartphone-App einzusehen ist, LBV-Bäckerei-Filialen auf.

 


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Bäckerei und Geflügelhof machen bei "Too good to go" mit

Seit Dezember 2021 sei die Bäckerei ein dort registrierter Händler, sagt Ricarda Lorenz von der LBV in Schrozberg. "Wir bieten täglich von Montag bis Freitag zwischen zwei und vier Tüten pro Filiale an." Eine Tüte koste für den Kunden drei Euro und beinhalte "Ware im Wert von neun Euro". Die Nachfrage sei da: Jeden Tag seien "nahezu alle Tüten" vorbestellt, berichtet Lorenz.

Das Prinzip funktioniert so: Übriggebliebene Nahrungsmittel werden über die App ausgeschrieben und es wird ein Zeitraum festgelegt, in dem sie abgeholt werden können. Der Nutzer zahlt einen geringeren Preis, als das Essen eigentlich kosten würde. "Der beträgt oft ein Drittel des Originalpreises", sagt Nora Walraph, Sprecherin des Unternehmens "Too good to go". In der App bekommt der Nutzer beide Preise und den Abholzeitraum angezeigt. Dann geht es nach dem Motto "Wer zuerst kommt, mahlt zuerst" – die Tüte wird direkt in der App bezahlt.

 


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Ein Angebot, das indes nur an einer Stelle auf der Karte auftaucht, ist der Brunnenhof in Mäusdorf, der Bio-Geflügel verkauft. "Wir bieten in der Regel vier Tüten am Mittwoch und sechs am Samstag an – jeweils für 4,50 Euro", so Caroline von Wistinghausen-Noz, die den Hof mit ihrem Mann betreibt. "Irgendwann waren unsere Kühltruhen und die unserer Mitarbeiter voll mit den Produkten, die wir nicht verkauft haben." Nachdem ihre Töchter von der App berichtet hatten, haben sie sich entschlossen, dort mitzumachen.

Lebensmittelläden erreichen dadurch neues Publikum

Man erreiche darüber ein Publikum, das den Hof noch nicht kenne. "Dabei gibt es den Laden in der Form schon seit 20 Jahren." Der "Mitnehm-Effekt" sei jedoch schwächer als erhofft. Vor allem Kunden, die von weiter her anreisen, kaufen aber zusätzlich ein, erzählt die Landwirtin: "Sie kommen zum Teil aus Rothenburg, Crailsheim und Hall."

Die Provision, die das Unternehmen von den Händlern bekommt, hänge vom Wert der "Überraschungstüte" ab, sagt Sprecherin Walraph. Sowohl LBV als auch der Brunnenhof geben für jede Tüte 1,19 Euro an das Unternehmen ab.

Es gibt auch Kritik am Unternehmen

Die Firma, deren Geschäftsführer ein ehemaliger Lidl-Manager ist, bezeichnet sich als "Social-Impact-Unternehmen" – also eines, das die Gesellschaft verändern will. Ein Kritikpunkt, mit dem es sich konfrontiert sieht, ist, dass die App beim eigentlichen Problem gar nicht helfe: Die Menge der produzierten Lebensmittel gehe nicht zurück.

Beim Mäusdorfer Brunnenhof werden Geflügel und andere Waren im Hofladen und auf Bestellung verkauft, sagt Caroline von Wistinghausen-Noz. Die Kalkulation sei schwierig, denn es müsse immer ein Angebot geben. Bei der LBV werde keine Statistik darüber geführt, wie sich die Retouren durch die App verändern, so Ricarda Lorenz. Die Filialen werden nicht mit weniger Ware beliefert: "Die Kunden wollen am Abend nicht vor leeren Regalen stehen."

LBV hat auch alternativen Vertriebsort

Weil auf jeden Fall stets etwas übrig sei, werden die Tüten der LBV-Bäckereien in der App schon am Tag vor dem Abholzeitraum eingestellt. "Wenn etwas als Retoure zurück kommt, wird es zum Teil noch im ,Vortagsladen" in Crailsheim zum halben Preis verkauft", berichtet Lorenz. "Wir produzieren jedenfalls nicht mehr, um die Tüten anbieten zu können." Die Ware solle zum eigentlichen Preis verkauft werden.

 

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