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Die erste Kneipe hinter der Grenze: Lokale im Main-Tauber-Kreis haben geöffnet - aber nicht alle

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In Landkreisen, die an fünf aufeinanderfolgenden Werktagen unter der Corona-Inzidenz von 100 liegen, haben Gastronomen wieder die Möglichkeit, Gäste vor Ort zu bedienen. Im Main-Tauber-Kreis besteht diese Möglichkeit seit Samstag. Doch nicht überall sind Wirte und Gäste darauf vorbereitet.

Nur noch ein paar Kurven entlang grüner Wiesen und bewaldeter Hügel, die Fahrbahn noch feucht vom Regen, der Himmel strahlt schon wieder blau. Dann ist er erreicht, der Main-Tauber-Kreis. Für Wirtshausgänger ist dieser Landkreis so etwas wie das gelobte Land. Gastronomen dürfen Gäste hier wieder vor Ort verköstigen. Doch wie sich zeigt, bietet nicht jeder, der es könnte, Speis und Trank an. 


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Ab in den Biergarten? Nicht in Heilbronn und Hohenlohe


Dörzbach ist, wenn man so will, ein Grenzort in der neuen gastronomischen Ungleichheit. Hier der Hohenlohekreis mit einer Corona-Inzidenz von weiterhin über 100 - und somit keinen Lockerungen bei der Gastronomie. Da der Main-Tauber-Kreis mit einer Inzidenz, die seit Ende April unter 100 liegt - und seit der Neufassung der baden-württembergischen Corona-Verordnung mit der Möglichkeit, Lokale innen und außen zu öffnen.

Im Alltag hat das Straßenschild normalerweise keine große Bedeutung. Aktuell zeigt es aber an: Ab hier gelten Lockerungen der Corona-Maßnahmen - zum Beispiel in Sachen Gastronomie. Foto: Wieland
Im Alltag hat das Straßenschild normalerweise keine große Bedeutung. Aktuell zeigt es aber an: Ab hier gelten Lockerungen der Corona-Maßnahmen - zum Beispiel in Sachen Gastronomie. Foto: Wieland  Foto: Tobias Wieland

Von Dörzbach aus geht es auf der B19 nordwärts, nach ein paar hundert Metern passiert man die optisch durch ein Straßenschild gekennzeichnete Grenze und landet im Main-Tauber-Kreis. Viel Verkehr herrscht an diesem Sonntagmittag nicht. Rengershausen ist die erste Ortschaft auf der anderen Seite der Grenze. Das Restaurant zum Hirschen ist, linker Hand in der Ortsmitte, nicht zu verfehlen. Betrieb herrscht keiner, die Parkplätze sind mit Flatterband abgesperrt.

Mancher Wirt scheut den Aufwand bei Tests und Co. 

"Mir ist das Risiko zu groß", berichtet Volker Demuth später am Telefon. "Sollten die Corona-Zahlen steigen, muss man wieder Waren entsorgen." Demuth kennt diesen für einen Wirt unleidigen Akt noch aus dem Vorjahr. Das Lokal betreibt er gemeinsam mit seiner Frau. "Das Ganze ist für einen Zwei-Mann-Betrieb viel zu umständlich", sagt der Gastronom. Er denkt dabei vor allem an den Aufwand, die Besucher danach zu kontrollieren, ob sie einen negativen Corona-Test vorweisen können. Dieser ist auch im Main-Tauber-Kreis Voraussetzung für einen Restaurantbesuch. Die Testpflicht entfällt, wenn der Gast zweimal nachweislich gegen das Coronavirus geimpft ist oder den Nachweis einer Genesung erbringt. 

Also weiter auf der B19 in Richtung Norden. Stuppach ist dank des bekannten Madonnen-Bildes ein beliebter Ort für Ausflüge - und einer mit geöffneten Lokalen. "Die vergangenen zwei Tage sind wir gerannt wie die Irren", sagt Heidi Emmel. Es galt, den mit Pflanzen, Fässern und allerlei Gerätschaften üppig dekorierten Biergarten des Gasthauses "Zur Alten Scheuer" herzurichten. Pflanzenkübel aufstellen, die neue Loungeecke aufbauen, Stühle und Tische abspritzen - die Inhaberin hatte gut zu tun.

Pflanzenkübel und Co. sind schon wieder hergerichtet, fehlen nur noch ein paar mehr Gäste: der Biergarten "Zur alten Scheuer" in Stuppach. Foto: Wieland
Pflanzenkübel und Co. sind schon wieder hergerichtet, fehlen nur noch ein paar mehr Gäste: der Biergarten "Zur alten Scheuer" in Stuppach. Foto: Wieland  Foto: Tobias Wieland

Täglich hatte sie zuvor die Nachrichten verfolgt und auf eine Öffnungsperspektive gehofft. Die Monate des gastronomischen Lockdowns hat sie als psychisch belastend empfunden. In Worten: "Es war die Hölle." Das Abholangebot sei nicht wie gewünscht angenommen worden. Am Samstag nun die ersten Gäste, am Sonntagmittag ist der Biergarten hingegen weitgehend verwaist. Das könnte auch am Wetter liegen: Regenschauer und Sonnenschein wechseln sich beinahe minütlich ab.

In anderen Branchen herrscht keine Testpflicht

Emmel ist froh, dass es wieder los geht. Doch sie macht sich auch Gedanken. "Ich denke, dass wegen der Testpflicht weniger Gäste kommen. Was ist mit den Stammgästen? Die müssten sich ja jeden Tag testen lassen." Die Wirtin blickt dabei auch auf andere Branchen wie den ein paar Kilometer entfernten Wildpark oder die Geschäfte in der Bad Mergentheimer Innenstadt, in denen kein Test verlangt wird. 


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Deutlich mehr los in der Bad Mergentheimer Innenstadt


Nächste Station ist das Mergentheimer Zentrum. Am zentralen Hans-Heinrich-Ehrler-Platz zeigt sich ein Bild, das es ein halbes Jahr lang so nicht gab: Menschen sitzen auf den Lokalterrassen, plaudern, essen, trinken - und nutzen die großen Sonnenschirme auch zum Schutz vor dem Regen. Noch immer wechselt das Wetter ständig. Nicht jedes Lokal ergreift die Gelegenheit zum Öffnen. Im Teilort Herbsthausen geht es in der gleichnamigen Brauereigaststätte beispielsweise erst am kommenden Freitag los - so kündigen es die Facebook-Seite und die Ansage auf dem Anrufbeantworter an. 

Die Tafel kündigt es an: Potentielle Gäste dieses Italieners in der Mergentheimer Innenstadt müssen sich noch bis Mittwoch gedulden. Foto: Wieland  Foto: Tobias Wieland

In Distelhausen, in der anderen großen Brauerei des Landkreises, war das Brauhaus hingegen schon am Samstag geöffnet - zumindest im Außenbereich. Am Sonntag war nur bis 12.30 Uhr geöffnet - wegen des unbeständigen Wetters, wie Brauhausleiterin Christiane Seidl berichtet. "Alle Gäste, die reserviert hatten, hatten abgesagt." Ärgerlich: Am Nachmittag gab es kaum mehr Regenschauer.

Das unbeständige Wetter schreckt Gäste ab

"Wir wollten so schnell wie möglich öffnen, da müssen wir eben mit dem Wetter leben", sagt Seidl. "Die Leute haben genug vom Essen aus dem Pappkarton und wollen sich mal wieder bedienen lassen." Zu Pfingsten öffnet auch der Innenbereich im Brauhaus. Dabei gilt es, Tischabstände, Quadratmeterbeschränkungen, die erlaubten Öffnungszeiten bis 21 Uhr und die Kontrolle der Tests zu beachten. Seidl will nicht lamentieren: "Meine Aufgabe ist es, es den Gästen unter den Bedingungen so angenehm wie möglich zu machen." 

Auch wenn in Baden-Württemberg sogar Gastronomie im Inneren möglich ist: Auch im Tauberbischofsheimer Turmwächter zieht es die Gäste ins Freie. Foto: Wieland  Foto: Tobias Wieland

Letzte Station: Tauberbischofsheim. Einige der Tische vor den Eisdielen sind belegt. Auch vor der Gaststätte Turmwächter sitzen Gäste. Wolfram Schlachter hat sie im Januar 2021 mitten im Lockdown übernommen - und nun erstmals geöffnet. Der Wirt sperrte schon am vergangenen Freitag auf, einen Tag zu früh. Grund war eine unterschiedliche Auslegung der Corona-Verordnung, seinerseits und seitens der Behörden. Sei's drum.

Schlachter war vorbereitet. "Leitungen reinigen, Großputz machen, Getränke bestellen - und dann warten, warten, warten", so beschreibt er die vergangenen Wochen, als absehbar war, dass sich im Main-Tauber-Kreis etwas tun könnte in Sachen Gastronomie. 

Die Gästen können hier zur Registrierung ihres Besuchs die Luca-App verwenden. Doch offensichtlich weiß nicht jeder, dass zudem ein negativer Corona-Test Voraussetzung ist - immer wieder tauchen Gäste ohne selbigen auf. Für sie sind weiterhin nur Mitnahmeangebote erlaubt. 

 

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