Carmen Würth wird 80
Die Frau des Unternehmers Reinhold Würth feiert heute ihren 80. Geburtstag. Längst setzt sie ihre eigenen Schwerpunkte in Kunst und Integrationsarbeit. Ihr Geburtstagsgeschenk setzt neue Maßstäbe.

"Heute geht es ausschließlich um Carmen Würth", sagt die Pressesprecherin der Würth-Gruppe im schmucken Kulturhaus Würth in Künzelsau. Carmen Würth sitzt eine Woche vor ihrem 80. Geburtstag daneben und lächelt bescheiden. Die zierliche Frau im klassischen himbeerfarbenen Kleid ist längst aus dem Schatten ihres übermächtig scheinenden Mannes getreten.
Dieses spektakuläre Geschenk bekommt Carmen Würth zu ihrem 80. Geburtstag.
Während Reinhold Würth - erfolgreicher Chef der Würth-Gruppe und Herr über mehr als 400 Gesellschaften in 80 Ländern mit einem Jahresumsatz von zwölf Milliarden Euro - häufig in Zahlen und Bilanzen denkt, steht seine Frau für die Emotionen. Im Spruch: "Man sieht nur mit dem Herzen gut", den der unsterbliche Antoine de Saint- Exupéry seinem kleinen Prinzen in den Mund legt, findet Carmen Würth sich wieder. "Mit dem Herzen sehen", lautet deshalb auch der Untertitel ihrer Biografie.
Eine vom Krieg geprägte Kindheit
Geprägt hat sie die Kriegszeit, die ihre Jugend überschattet. Die Familie zieht 1942 nach Friedrichshafen, weil der Vater zur Zahnradfabrik ZF versetzt wird. Als der Krieg näher kommt, flieht ihre Mutter mit ihr vor den Bombenangriffen auf den Hof "Wildes Ried" nach Oberschwaben. Hier entdeckt sie ihre Liebe zur Natur und zur Musik. "Ich kenne heute noch alle alten Kinderlieder und möchte die Zeit damals nicht missen", sagt sie bestimmt. Damals, als alle Klassen in der Dorfschule in einem Raum unterrichtet werden, hat sie trotz bescheidener Verhältnisse nichts vermisst. "Unseren Lehrer sehe ich heute noch vor mir. Er war ein großer Humanist, und wir entwickelten viel Kreativität", erinnert sie sich.
Mit 19 Jahren lernt sie Reinhold Würth kennen. Der ist geschäftlich in Friedrichshafen unterwegs und besucht einen Gottesdienst. Dort fällt ihm die schwarzhaarige Frau mit den braunen Augen auf, die im Kirchenchor singt. "Innerhalb weniger Stunden war ich unsterblich in dich verliebt", schreibt Reinhold Würth später in einem Brief zum 75. Geburtstag an seine Frau. Ein halbes Jahr nach der ersten Begegnung heiratet das Paar.
Er baut das Unternehmen auf, sie kümmert sich um den Garten
Sechs Jahre wohnen die Würths bei Reinholds Mutter, dann baut der Unternehmer einen Bungalow in der Nähe des schnell wachsenden Firmengeländes in Künzelsau-Gaisbach. Um den großen Garten kümmert sich Carmen Würth liebevoll. Dort steht jetzt in Beton gegossen das riesige Logistikzentrum des Unternehmens. "Das tut mir heute noch weh", ärgert sich Carmen Würth, die von sich sagt, dass sie "alles liebt, was schön ist". Auch im neuen Zuhause, "dem Paradies" auf Schloss Hermersberg bei Niedernhall, hält sie die wachsende Familie zusammen. 1958 wird Tochter Marion geboren, 1961 Bettina, 1965 Sohn Markus.
Es sind auch die Schicksalsschläge, die ihr Leben prägen. Der frühe Tod ihres Bruders und ihrer Enkelin Anne-Sophie und die Behinderung ihres Sohnes Markus durch eine missglückte Impfung. "Ich habe es als meine große Aufgabe betrachtet, nicht nur Mutter zu sein, sondern ihn zu fördern und ihm jeden Tag Freude zu geben", betont sie.
Carmen Würth engagiert sich für Behinderte
Der Einsatz für Menschen mit Behinderung wird zur Lebensaufgabe. 2003 eröffnet Carmen Würth das Hotel Anne-Sophie in Künzelsau - ein einzigartiges Haus, in dem Nichtbehinderte und Behinderte gemeinsam arbeiten. 2008 gründet sie die Stiftung Carmen Würth für die Behinderten-Lebensgemeinschaft Sassen, daneben sitzt sie jahrelang im Präsidium von Special Olympics Deutschland.
Zahlreiche Auszeichnungen hat Carmen Würth in den vergangenen Jahren verliehen bekommen. Die Ehrenbürgerin der Stadt Künzelsau trägt das Bundesverdienstkreuz, den Verdienstorden des Landes und die Ehrenbürgerwürde der Technischen Universität München.
Das Kulturhaus Würth war ihr Herzenswunsch
Mit der Eröffnung des Kulturhauses Würth, das jetzt ihre private Büchersammlung beherbergt, erfüllt sie sich im Mai 2017 einen Herzenswunsch. "An diesem Ort fühle ich mich heimisch. Hier wird lebendig, was viele Autoren vor allem für junge Menschen niedergeschrieben haben, und ich spüre die Ruhe, die in diesem Hause lebt", sagt Carmen Würth. An den heutigen Tag will sie dagegen nicht so viel denken. "Ich lasse einfach alles auf mich zukommen und versuche, das Beste daraus zu machen", betont sie.
Auch der Einfluss auf ihren Mann ist in den vergangenen Jahren gewachsen. "Oh ja", antwortet Carmen Würth auf die Frage, ob sie schon einige seiner gefürchteten Briefe verhindert hat. "Heute sage ich schon öfters zu ihm, das lässt Du lieber mal sein", sagt sie lächelnd. Der Unternehmer weiß das inzwischen zu schätzen und setzt seiner Frau an ihrem 80. Geburtstag ein Denkmal, das seinesgleichen sucht. Das 58,5 Millionen Euro teure Kultur- und Kongresszentrum auf dem grünen Hügel in Gaisbach, das ihren Namen trägt - ein Denkmal, das man auch mit dem Herzen sehen kann.
Zur Person
Am 18. Juli 1937 kommt Carmen Linhardt in Pforzheim zur Welt. Am 9. Dezember 1956 heiratet sie Reinhold Würth (Foto), den sie ein halbes Jahr zuvor kennengelernt hat. Schon früh startet Carmen Würth ihr soziales und kulturelles Engagement, das sie stetig erweitert. 1987 gründet sie mit ihrem Mann die Stiftung Würth, die sich der Förderung von Kunst und Kultur, Forschung und Wissenschaft sowie Bildung und Erziehung widmet. 2003 wird das Inklusionsprojekt Hotel-Restaurant Anne-Sophie eingeweiht. Im Mai 2017 eröffnet Carmen Würth in Künzelsau das Kulturhaus Würth.