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Besseres Leben für Kaninchen

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Kaufland und Betrieb Bauer in Lohe vermarkten Tiere aus Bodenhaltung

Von Bettina Henke

Pilotprojekt - Munter hoppeln sie durch die großen Laufboxen, hüpfen auf die Plattformen an den Gitterwänden, nagen an Hölzern, knabbern am Heu, putzen sich und ihre Artgenossen. Neugierig beäugen sie die Besucher in weißen Schutzanzügen. Einige Kaninchen nähern sich zutraulich, als ihre Boxentür geöffnet wird. Die Tiere scheinen sich offenkundig recht wohl zu fühlen - und dies, obwohl sie Mastkaninchen sind.

Die weißen, schwarzen und braunen Mümmelmänner verbringen ihr Leben bis zur Schlachtung in der neuen Bodenhaltung, die bundesweit erstmals der Kaninchenzucht- und Mastbetrieb der Familie Bauer im Neuensteiner Teilort Lohe anbietet. Gemeinsam mit der Kaufland-Gruppe hat der mittelständische Betrieb ein Konzept entwickelt, bei dem seit November vergangenen Jahres in ausgewählten Märkten in Baden-Württemberg Kaninchenfleisch aus Bodenhaltung angeboten wird. Damit haben die Initiatoren Neuland betreten, das am Mittwoch bei besagten Besuchern viel Anerkennung fand. Unter den weißen Schutzanzügen, die beim Betreten des Stalls vorgeschrieben sind und ein Einschleppen von Krankheiten verhindern sollen, verbargen sich neben anderen Friedlinde Gurr-Hirsch, Staatssekretärin im Landwirtschaftsministerium, Landrat Helmut M. Jahn und Ina Müller-Arnke von der Tierschutzorganisation "Vier Pfoten". Zwar vermisst Müller-Arnke "noch etwas Einstreu. Aber wir finden es großartig, dass etwas in Bewegung gerät."

Fortschritt Denn was seit Herbst im Betrieb Bauer praktiziert wird, ist ein Riesenfortschritt für den Tierschutz. Weltweit müssen die meisten Mastkaninchen in enge Drahtkäfige gepfercht ihr Dasein fristen. Verantwortungsvolle Zucht- und Mastbetriebe, zu denen auch Bauer zählt, bieten ihren Tieren größere und höhere Käfige, Stroheinstreu im Nest, Heu als Raufutter und Holz zum Nagen an. Dies alles jedoch auf freiwilliger Basis, denn weder national noch international gibt es derzeit klare gesetzliche Vorschriften zu Haltung, Transport und Schlachtung der Tiere.

Kaufland will bei seinem Angebot sukzessive weg von der Käfig- hin zur Bodenhaltung. Damit setzt das Unternehmen sein Engagement im Bereich tiergerechterer Haltung fort. So verzichte es beispielsweise vollständig auf den Verkauf von Frischeiern und gefärbten Eiern aus Käfig- und Gruppenhaltung. Auch werde grundsätzlich kein Enten- oder Gänsefleisch aus Stopfmast und Lebendrupf geboten, wie Manfred Moos, Leiter des Geschäftsbereichs Frische bei Kaufland, betont.

Ausbau Dass das Pilotprojekt entwickelt werden konnte, ist auch der Bereitschaft von Kaufland zu verdanken, für die Kaninchen aus Bodenhaltung einen besseren Preis zu zahlen. Manfred Bauer: "Artgerechte Haltung ist wichtig, aber sie muss für den Landwirt als Unternehmer machbar und wirtschaftlich sein." Derzeit sind es zehn Prozent der Mastkaninchen, die bei Bauer in den Genuss der Bodenhaltung kommen. Dabei wird für zehn Tiere ein Quadratmeter Fläche gerechnet. Findet das Projekt beim Verbraucher Anklang, soll die Bodenhaltung Schritt für Schritt ausgebaut werden. Zudem möchte Bauer andere Kaninchenmäster aus der Region mit ins Boot holen.

Friedlinde Gurr-Hirsch ist überzeugt, dass Bauer und Kaufland auf dem richtigen Weg sind und Erfolg haben werden. "Verbraucher- und Tierschutz sind ein und dieselbe Medaille, nur mit verschiedenen Seiten." Hochwertiges Fleisch von einem gesunden Tier diene auch dem Schutz des Verbrauchers. Sie kritisierte, dass es noch immer keine verbindlichen Regelungen für die Kaninchenhaltung gebe. "Wir haben jahrelang auf den Europarat gewartet, der sich nicht aufraffen kann." Nun werde das Land nochmals beim Bund für eine deutsche Regelung nachstoßen.

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